22.12.2016Fachbeitrag

Newsletter Health Care, Pharma & Life Sciences 1/2017

Ärzte im Rettungsdienst – Tätigkeit als Honorararzt nicht mehr möglich

Im August ist eine grundlegende Entscheidung des Bundessozialgericht (BSG) ergangen, nach der keine Honorarärzte mehr im Rettungsdienst eingesetzt werden dürfen. Das Gericht stuft diese Beschäftigten, die in der Praxis flächendeckend zu finden sind, sozialversicherungsrechtlich als abhängig Beschäftigte ein, was einer Tätigkeit als Honorarkraft entgegensteht.

Bislang war es insbesondere in ländlichen Regionen üblich, Notarztwagen mit Honorarärzten zu besetzen, so zum Beispiel in weiten Teilen Mecklenburg-Vorpommerns. Diese Ärzte sind hauptberuflich oft in Krankenhäusern oder Arztpraxen angestellt beziehungsweise selbst niedergelassen. Das Bundessozialgericht (BSG) hat nun jedoch bezüglich dieses Bundeslandes entschieden, dass im Rettungsdienst keine Honorarärzte mehr eingesetzt werden dürfen (Urteil vom 30.8.2016 – Az. B 12 R 19/15 B). Dieses Urteil wird sich aufgrund seiner richtungweisenden Relevanz auch auf die übrigen Bundesländer auswirken.

Das BSG bestätigte hier ein Urteil des Landessozialgerichts Mecklenburg-Vorpommern (Urteil vom 28.4.2015 – Az. L 7 R 60/12). Das Deutsche Rote Kreuz hatte als Träger eines Rettungsdienstes gegen die Deutsche Rentenversicherung im Fall eines bei ihm tätigen Honorararztes geklagt, den die Rentenversicherung als abhängig und damit sozialversicherungspflichtig Beschäftigten im Sinne des § 7 Abs. 1 SGB IV eingestuft hatte.

Arzt in Notdienstorganisation eingegliedert

Anhaltspunkte für eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung sind nach § 7 Abs. 1 S. 2 SGB IV eine Tätigkeit nach Weisungen und eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers. Der betreffende Arzt wurde demgemäß als weisungsgebunden und eingegliedert in eine übergeordnete Notdienstorganisation angesehen, der im Unterschied zum Träger des Rettungsdienstes kein eigenes Unternehmerrisiko trägt. Nicht zuletzt wurden ihm auch die maßgeblichen Betriebsmittel, wie das Einsatzfahrzeug, gestellt. Der Arzt hatte auch keine Möglichkeit, in irgendeiner Weise die Höhe seines Verdienstes zu beeinflussen, der ihm für die jeweilige Schicht zustand.

Lediglich scheinselbständige Tätigkeit

In der Gesamtwertung erfüllte der Arzt daher aus gerichtlicher Sicht die Anforderungen für eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung im Sinne des SGB IV und wurde daher nur als scheinbar selbständig angesehen. Nicht ausschlaggebend war für das Gericht, dass sich der Arzt für die einzelnen Notarztdienste jeweils selbständig und freiwillig anbot und neben den Einsätzen einer weiteren Beschäftigung in einer Klinik nachging. Auch als nicht entscheidungsrelevant sah man eine Bewertung des Beschäftigungsverhältnisses aus arbeitsrechtlicher Sicht an, die gegebenenfalls anders ausfallen könnte.

Nur noch angestellte Notärzte einsetzbar

Als Folge der Entscheidung dürfen also, gegebenenfalls in ganz Deutschland, künftig keine Honorarärzte mehr, sondern ausschließlich angestellte Ärzte, im Rettungsdienst eingesetzt werden. Diesbezüglich wird aber seitens einiger Rettungsdienstorganisationen bezweifelt, dass sich ausreichend viele Ärzte finden, die den Notarztdienst als sozialversicherungspflichtige Beschäftigung als Angestellte übernehmen würden. Im Übrigen ergeben sich für die Einsetzbarkeit angestellter Notärzte Schranken aus dem Arbeitszeitgesetz, die für Honorarärzte nicht bestehen.

Mögliche negative Folgen

Für den Fall, dass sich letztlich tatsächlich nicht genug Ärzte als Angestellte für den Notarztdienst finden werden, wird befürchtet, dass sich die notärztliche Versorgungslage verschlechtern beziehungsweise der Notarztdienst grundsätzlich teurer werden könnte. Andererseits drohen den Trägern von Rettungsdiensten ohnehin Nachzahlungen von Sozialversicherungsbeiträgen für ihre nach Ansicht des BSG scheinselbständig beschäftigten Honorarärzte.

Fazit

Das BSG hat sich vorliegend grundlegend zum sozialversicherungsrechtlichen Status von Ärzten im Rettungsdiensteinsatz geäußert. Diese Entscheidung, obgleich sie nachvollziehbar erscheint, wird sich grundlegend und bundesweit auf die Tätigkeit der Rettungsdienste auswirken, wobei die betreffenden Träger vor schwierigen Herausforderungen stehen könnten, um künftig ausreichend Personal zu finden. Es stehen eine mögliche Verteuerung des Rettungsdienstes und insgesamt eine Verschlechterung der notärztlichen Versorgung im Raum.

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