14.07.2017Fachbeitrag

Newsletter Gesellschaftsrecht/M&A Juli 2017

Aktuelle Transaktionen: Portfolioverkauf von Insolvenzforderungen

In jüngerer Zeit gelangen Portfolien notleidender Kredite (nonperforming loans, NPL) auf den Markt, die nahezu ausschließlich aus Forderungen bestehen, die sich gegen Schuldner richten, über deren Vermögen bereits ein Insolvenzverfahren eröffnet wurde. Bei diesen Portfolien ergeben sich im Vergleich zu üblichen NPL-Transaktionen gewisse Besonderheiten, die beachtet werden sollten.

Der Wert der Insolvenzforderungen bestimmt sich für die Erwerber nach den noch vorhandenen Sicherheiten und nach der erwarteten Insolvenzquote. Das Pricing nach den Sicherheiten ist für NPL-Portfolien typisch. Die Besonderheit bei Insolvenzforderungen ist jedoch, dass die Sicherheiten nicht durch die Servicing-Einheiten des Käufers realisiert werden, sondern die Verwertung in der Regel durch den Insolvenzverwalter erfolgt, welcher aus dem Verwertungserlös bestimmte prozentuale Pauschalen erhält (vgl. §§ 170 171 InsO).

Wirtschaftlicher Hintergrund

Bei der Insolvenzquote wird keineswegs ein Durchschnittswert (z. B. 5 Prozent) einer erwartbaren Quote angesetzt, sondern die Investoren bewerten im Detail das jeweilige Engagement. Im Einzelfall kann es danach sein, dass die erwartete Insolvenzquote weit höher ist als die übliche Durchschnittsquote, so dass die Investoren auch bereit sind, einen höheren Preis anzusetzen. Auch der Zeitpunkt des Zuflusses des erwarteten Erlöses bei den Investoren spielt eine Rolle, da die erst nach Abschluss der Insolvenzverfahren eingehenden Erlöse auf den Zeitpunkt des Portfolioerwerbs abgezinst werden müssen. Ist mithin absehbar, dass ein Insolvenzverfahren kurzfristig abgeschlossen werden kann oder vorzeitig Abschlagszahlungen gezahlt werden könnten, wird dies meist eine höhere Bewertung der Forderung rechtfertigen.

Besondere Gestaltung der Gewährleistungen

Bei einem Portfolio mit Insolvenzforderungen sollten insbesondere die bei NPL-Transaktionen gängigen Bestandsgarantien für die Forderungen modifiziert werden. Bei Insolvenzforderungen, die bereits zur Tabelle angemeldet wurden, ist eine übliche Bestandsgarantie für die Nominalhöhe der verkauften Forderung nicht sinnvoll, soweit die Forderung nicht in der angemeldeten Höhe festgestellt wurde. Die Eintragung der angemeldeten Forderung in die Insolvenztabelle wirkt für die festgestellten Forderungen ihrem Betrag und ihrem Rang nach wie ein rechtskräftiges Urteil (§§ 178 Abs. 3, 201 Abs. 2 InsO). Etwaige Einwendungen gegen die Forderung, die dazu geführt haben, dass die Forderung nicht in der vollen angemeldeten Höhe, sondern gegebenenfalls in niedrigerer Höhe zur Tabelle festgestellt wurde, wurden bereits im Feststellungsverfahren berücksichtigt. Bei zur Insolvenztabelle festgestellten Forderungen sollte der Bestand daher nur in der Höhe garantiert werden, wie diese jeweils zur Tabelle festgestellt wurde, auch wenn es dann letztlich nur noch um Umstände gehen kann, welche die Rechtskraftwirkung der Eintragung in die Tabelle entwerten. Sofern und soweit die Forderungen nach Anmeldung zur Tabelle bestritten worden sind, sollte – aus Sicht des Verkäufers – möglichst gar keine Bestandsgarantie abgegeben werden, da in diesen Fällen schon bei Vertragsschluss fraglich ist, ob die betreffenden Forderungen in der verkauften Höhe bestehen bzw. durchsetzbar sind. Bei solchen bestrittenen Forderungen ist es dann Sache des Käufers, welchen Wert er diesen Forderungen noch beimisst.

Risiko Insolvenzanfechtung

Es sollte konkret geregelt werden, wer die Risiken aus einer Insolvenzanfechtung (§§ 129 ff. InsO) der verkauften Forderungen und/oder der für diese bestellten Sicherheiten trägt. Interessengerecht wird es in der Regel sein, dass der Käufer jegliche Risiken aus einer nach dem Stichtag erfolgenden Insolvenzanfechtung der Kaufgegenstände (Forderungen und Sicherheiten) trägt. Den Verkäufer sollte in diesem Fall keine Haftung treffen, insbesondere nicht, wenn infolge einer erfolgreichen Insolvenzanfechtung eine Sicherheit für eine verkaufte Forderung ganz oder teilweise nicht durchgesetzt werden kann oder zurückzugewähren ist (§ 143 Abs. 1 Satz 1 InsO).

Soweit den Verkäufer das Risiko einer Insolvenzanfechtung trifft (für die Zeit vor dem Stichtag), besteht für den Käufer möglicherweise ein Anreiz, den Insolvenzverwalter dazu zu bringen, Ansprüche aus Insolvenzanfechtung gegen den Verkäufer geltend zu machen, um so die Quote für die Insolvenzgläubiger – und damit auch den Käufer – zu erhöhen. Auch insoweit besteht Regelungsbedarf im Vertrag zwischen Verkäufer und Käufer. Eine Lösungsmöglichkeit besteht darin, im Kaufvertrag vorzusehen, dass der Käufer die Erhöhung seiner Quote, die sich daraus ergibt, dass der Insolvenzverwalter vom Verkäufer vor Insolvenzeröffnung erlangte Zahlungen oder Verwertungserlöse erfolgreich anficht, an den Verkäufer erstatten muss. Damit ist sichergestellt, dass der Käufer nicht von einer Insolvenzanfechtung profitiert und keinen Anreiz hat, entsprechend auf den InsolvenzRisiko verwalter einzuwirken. Dabei sollte die Erstattungspflicht des Käufers nicht vom Nachweis einer tatsächlichen Einflussnahme des Käufers auf den Insolvenzverwalter abhängen, da diese kaum zu beweisen sein wird. Da der Schaden des Verkäufers aber weit höher sein könnte als der ggf. geringfügige Mehrerlös für den Käufer aus der Quotenerhöhung, sollte jedenfalls aus Verkäufersicht weiter vorgesehen werden, dass der Käufer dem Verkäufer sämtliche weiteren Schäden aus einer vom Käufer zumindest mitveranlassten Anfechtung zu ersetzen hat (insbesondere den Schaden aus einer Rückgewähr von erhaltenen Zahlungen oder Sicherheitenerlösen).

Modifikationen durch Insolvenzplan

Im Rahmen eines Insolvenzplanes ist denkbar, dass nach dem Verkauf Forderungen gekürzt oder Sicherheiten modifiziert werden (siehe §§ 223 Abs. 2, 224 InsO). Es sollte diesbezüglich klargestellt werden, dass der Verkäufer für solche Änderungen oder Kürzungen nicht haftet.

Pflichten im Insolvenzverfahren

Es sollte ferner festgelegt werden, dass den Verkäufer im Hinblick auf den Fortgang des Insolvenzverfahrens nach Übertragung des Portfolios keinerlei Verhaltenspflichten treffen (etwa für formund fristgerechte Forderungsanmeldungen oder das Betreiben der Feststellung einer Forderung zur Tabelle, etc.).

Fazit

Portfolien von Insolvenzforderungen erfordern als Verkaufsgegenstand besondere kaufvertragliche Regelungen, die sich von üblichen Bestimmungen in NPL-Kaufverträgen unterscheiden. Dazu gehört die abweichende Gestaltung der Garantien für insbesondere den rechtlichen Bestand von Forderungen sowie die spezifische Regelung der Anfechtungsrisiken, einschließlich des Schutzes gegen eine nachteilige Einflussnahme des Käufers auf den Insolvenzverwalter zur Erhöhung der Insolvenzquote. Sonstige insolvenzrechtliche Risiken sollten ebenfalls ausdrücklich geregelt werden, wie etwa die Forderungskürzung im Rahmen eines Insolvenzplans. Weiter sollten die Verhaltenspflichten im Insolvenzverfahren festgelegt werden.

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