30.10.2015Fachbeitrag

Update Compliance 22/2015

Ankauf von Steuerdaten durch das Land NRW: Bedeutung für Banken und betroffene Kunden

Das Land Nordrhein-Westfalen hat eine weitere CD mit Daten deutscher Bankkunden gekauft. Mehrere Banken und Finanzdienstleister sollen ihren Kunden geholfen haben, Kapitalerträge in Luxemburg zu verstecken. Das berichtet das Nachrichtenmagazin DER SPIEGEL in seiner aktuellen Ausgabe und online.

Was bedeutet der Ankauf der Daten für Kunden der Bank? Kunden, die Vermögensbestandteile oder Kapitalerträge in der Vergangenheit nicht oder nicht vollständig im Rahmen ihrer Steuererklärung angegeben haben, müssen jetzt ein Strafverfahren wegen Steuerhinterziehung befürchten. Betroffen sind regelmäßig einkommensteuerpflichtige Kapitalerträge und nicht versteuerte Erbschaften. Dem Bericht des SPIEGEL zufolge sind Ermittlungsverfahren bereits eingeleitet, in den kommenden Wochen sind Durchsuchungen geplant. Welche Banken betroffen sind, ist bislang unklar. Der SPIEGEL nennt ausdrücklich lediglich die Caisse d’Espargne de l’Etat, die Ermittlungen sollen sich aber gegen „eine ganze Gruppe von Finanzdienstleistern und Banken“ handeln.

Ist der Datenankauf durch das Land NRW überhaupt zulässig?

Hier scheiden sich die Geister. Nach Auffassung der Finanzbehörden ist das Vorgehen zulässig. Der Straftatbestand der Hehlerei bezieht sich nur auf Gegenstände; er ist auf elektronische Daten nicht anwendbar. Einen Tatbestand der Datenhehlerei kennt das deutsche Strafrecht nicht. Entsprechende Vorschläge und Entwürfe sind bislang nicht umgesetzt worden. Zwar sind Geheimnisverrat und Betriebsspionage strafbar - die Anwendbarkeit dieser Straftatbestände wird mangels Wettbewerbsbezugs aber überwiegend verneint.

Wie verhält man sich im Falle einer Durchsuchung?

Kunden, die befürchten, dass sich ihre Daten auf der nunmehr angekauften CD befinden, sollten sich bereits im Vorfeld auf eine Durchsuchung vorbereiten. Im Strafrecht spezialisierte Rechtsanwälte sind hier behilflich. Erscheinen Beamte der Finanzverwaltung und der Staatsanwaltschaft, ist sofort ein Anwalt zu verständigen. Dieser kann die Zulässigkeit der Durchsuchung prüfen. Angaben zum Vorwurf sollten in der Durchsuchungssituation nicht gemacht werden – sie helfen in den seltensten Fällen, die strafrechtliche Situation des Betroffenen zu verbessern. Beschuldigte haben ein Schweigerecht, Zeugen sollten auf die Zuziehung eines Zeugenbeistandes bestehen.

Ist noch eine Selbstanzeige möglich?

Die strafbefreiende Selbstanzeige ermöglicht die Rückkehr in die Steuerehrlichkeit, ohne für vergangene Taten bestraft zu werden. Für Kunden der betroffenen Banken und Dienstleister, deren Taten entdeckt sind und die mit dieser Entdeckung auch rechnen müssen, ist eine Selbstanzeige nicht mehr möglich - sie ist "gesperrt". Ob die jetzigen Presseberichte für die Annahme ausreichen, dass Kunden mit Entdeckung rechnen müssen, ist zwar umstritten - denn aus der Medienberichterstattung ergeben sich ja nicht die Namen der Beschuldigten. Steuerpflichtige, deren Daten sich auf der CD befinden, müssen jedoch damit rechnen, dass das Finanzamt eine jetzt noch kurzfristig eingereichte Selbstanzeige nicht mehr als wirksam anerkennt. Hiergegen sollte man sich wehren. Selbst wenn die Selbstanzeige nicht mehr strafbefreiend wirkt, ist sie aber ein erheblicher Strafmilderungsgrund - denn sie ist immerhin ein Geständnis.

Kunden, deren Daten sich nicht auf der CD befinden, können noch eine Selbstanzeige abgeben – mit der Folge, dass sie für ihre selbst angezeigten Steuerstraftaten nicht bestraft werden können.

Wie funktioniert eine Selbstanzeige?

Eine straf- bzw. bußgeldbefreiende Selbstanzeige ist eine Berichtigung von steuerlichen Erklärungen, die in der Vergangenheit vorsätzlich oder leichtfertig falsch abgegeben wurden. Die Anforderungen an die Wirksamkeit einer solchen Selbstanzeige wurde Anfang dieses Jahres erheblich verschärft (siehe Update Compliance Nr. 180). Eine Selbstanzeige sollte immer durch einen steuerlichen Berater unter Begleitung eines Steuerstrafanwalts erstattet werden.

Mit welchen Strafen muss ein Kunde rechnen?

Ob und wie bestraft wird, hängt von einer Vielzahl von Umständen im Einzelfall ab. Nicht jede Nichtversteuerung ist zwingend eine Straftat. Wenn doch, ist zunächst die Höhe des Hinterziehungsbetrages ein maßgebliches Kriterium. Relevant ist auch, unter welchen Umständen die Taten begangen wurden. Diese können sich strafschärfend oder strafmildernd auswirken. Bei geringeren Beträgen, insbesondere solchen unter 50.000 Euro kommen auch Einstellungen des Verfahrens in Betracht.

Haben die Banken Konsequenzen zu befürchten?

Haben Mitarbeiter der Banken den deutschen Kunden Beihilfe zu deren Steuerhinterziehung geleistet, kommt ein Strafverfahren auch gegen diese in Betracht. Die Bank kann zudem mit einer Verbandsgeldbuße belegt werden, wenn die Beihilfe von Vorstandsmitgliedern begangen wurde oder diese zumindest ihre Aufsichtspflichten verletzt haben. Diese Buße kann empfindlich hoch ausfallen: Bis zu 10 Millionen Euro zzgl. Abschöpfung des Gewinns für jede Tat einer Führungsperson (siehe Update Compliance Nr. 149).

Die Staatsanwaltschaft Köln führt derzeit gegen zahlreiche ausländische Kreditinstitute Bußgeldverfahren im Zusammenhang mit Steuerhinterziehungen von Kunden. Dies ist auch im jetzigen Fall zu erwarten. Betroffene Banken erhalten dann ein Schreiben, mit dem Sie über die Einleitung des Verfahrens informiert werden und um Auskunft gebeten werden. In diesem Fall sollten sie sich an einen Rechtsanwalt wenden, der das Institut gegen die Vorwürfe verteidigt.

Darüber, ob solche Ermittlungen überhaupt zulässig sind und wie sich ausländische Kreditinstitute gegenüber deutschen Behörden verhalten sollten, wird leidenschaftlich diskutiert.

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