15.04.2014Fachbeitrag

Update Compliance 171

Arbeitsrechtliche Compliance: Haftungsrisiken nach der Betriebsratswahl

Nachdem im Update Compliance Nr. 162 Haftungsrisiken während der Betriebsratswahl dargestellt wurden, befasst sich das vorliegende Update mit den Haftungsrisiken des Arbeitgebers im Zusammenhang mit dem Umgang mit Betriebsratsmitgliedern.

Behinderung der Betriebsratstätigkeit

Die Behinderung der Tätigkeit eines Betriebsrats, Gesamtbetriebsrats, Konzernbetriebsrats, einer Jugend- und Auszubildendenvertretung, der Einigungsstelle, einer betrieblichen Beschwerdestelle oder des Wirtschaftsausschusses ist gemäß § 119 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG strafbar.
 
„Klassische Fälle“ sind etwa:

• Der Arbeitgeber fordert den Betriebsrat zum Rücktritt auf und droht andernfalls mit der Streichung übertariflicher oder sonstigen Sozialleistungen.
• Die wiederholte (grundlose) Kündigung von Betriebsratsmitgliedern.
• Die beharrliche Weigerung, mit dem Betriebsrat zusammenzuarbeiten.
• Das Öffnen von Betriebsratspost.
• Der Arbeitgeber erteilt dem Betriebsratsmitglied Hausverbot.
• Einberufung und Anberaumung von Konkurrenzveranstaltungen zu zeitgleich stattfindenden Betriebsversammlungen.
• Die Prämierung von Mitarbeitern, die Betriebsversammlungen fern bleiben.
• Ausspruch eines Verbotes, an Betriebsversammlungen teilzunehmen beziehungsweise Weigerung der Fortzahlung der Vergütung während Betriebsversammlungen.
• Versetzung und Disziplinierung von Betriebsratsmitgliedern im Zusammenhang mit deren Betriebsratstätigkeit.

Neben diesen klaren Fällen gibt es auch Konstellationen in einem Graubereich, bei denen der Arbeitgeber sich auf einem schmalen Grat zwischen strafbarem Handeln und rechtmäßiger Interessenwahrnehmung bewegt:

• Zusage von Sozialleistungen an Belegschaft für Fall der Zustimmung des Betriebsrates zu bestimmter Betriebsvereinbarung.
• Die Verweigerung der Kostenübernahme für die Betriebsratstätigkeit.
• Die Verweigerung der Herausgabe von bestimmten Informationen an den Betriebsrat.
• Hinweis auf die Kosten der Betriebsratstätigkeit.

Strafbarkeit durch Bevorzugung/Benachteiligung von Betriebsratsmitgliedern

Gerade das Verhältnis zu einzelnen Betriebsratsmitgliedern birgt Strafbarkeitsrisiken: Behandelt der Arbeitgeber Betriebsräte besser als vergleichbare Arbeitnehmer, liegt ein Untreuetatbestand zu Lasten des Arbeitgebers nahe (§ 266 StGB). Zudem ist Betriebsratsbegünstigung gem. § 119 Abs. 1 Nr. 3 BetrVG strafbar. Eine Schlechterstellung gilt als Behinderung der Betriebsratstätigkeit und ist ebenfalls stafbar (§ 119 Abs. 1 Nr. 2 BetrVG). Typische Haftungsrisiken:

• Bei freigestellten Betriebsratsmitgliedern stellt sich immer, wenn kein tarifliches Entlohnungssystem besteht, die Frage, wie „vergleichbare“ Arbeitnehmer bei „betriebsüblicher Entwicklung“ vergütet werden.
• Wie darf bei variablen Vergütungsbestandteilen berücksichtigt werden, dass das Betriebsratsmitglied gar nicht oder nur einen Teil seiner normalen Arbeitszeit arbeitet und ansonsten als Betriebsratsmitglied tätig ist?
• Übergehen von Betriebsratsmitgliedern (Ersatzmitgliedern) bei Beförderungsentscheidungen.
• „Erkaufen" des Wohlwollens einzelner Betriebsratsmitglieder

Die genannten Konstellationen werden oft von Minderheitsfraktionen im Betriebsratsgremium oder Gewerkschaften aufgebracht; die Hoffnung, es werde schon niemand herausfinden/sich beschweren, ist trügerisch. Zudem ist der Grat zwischen rechtswidrigem und rechtmäßigem Tun schmal. Entscheider sollten daher in jedem Fall dokumentieren, aus welchen (oft legitimen) Gesichtspunkten heraus eine Gehaltserhöhung bejaht oder verneint wurde.

Praxishinweis

In vielen Unternehmen birgt der Umgang der Geschäftsleitung mit dem Betriebsratsgremium und seinen Mitgliedern ein Haftungsrisiko. Nur verhältnismäßig wenige Unternehmen verfügen über eigene betriebsverfassungsrechtliche Expertise. Zugleich erfahren Entscheider in Unternehmen sehr oft, dass ihre unternehmerischen Entscheidungen vom Betriebsrat be- oder verhindert werden können. Die damit einhergehende Gefahr, das Wohlwollen des Betriebsrates zu „erkaufen“, ist abstrakt vielen bekannt. Erschreckend ist jedoch, dass die Vergütung von Betriebsratsmitgliedern in einer Vielzahl von Unternehmen im Verhältnis zu vergleichbaren Arbeitnehmern überdurchschnittlich steigt. Die damit verbundenen strafrechtlichen Risiken von Geschäftsführung/Vorstand und Personalleitung sollten neben der Personalabteilung parallel von der Compliance-Organisation und einem entsprechenden System bewertet und abgefedert werden.

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