29.01.2014Fachbeitrag

Update Compliance 162

Arbeitsrechtliche Compliance: Haftungsrisiken während der Betriebsratswahl

Bei der Frage nach unternehmerischen Haftungsrisiken wird der Blick oft auf gesellschafts-, steuer- und kartellrechtliche Themen verengt. Dem Thema arbeitsrechtliche Compliance wird nur eingeschränkte Beachtung geschenkt. Dabei erfahren gerade arbeitsrechtliche Themen ein besonderes Echo. Dass man Betriebsräte nicht bestechen darf, ist seit dem Fall Peter Hartz hinlänglich bekannt. Viele andere Haftungs- und Strafbarkeitsfallen im Betriebsverfassungsgesetz sind es nicht.

Nach § 119 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG wird mit Freiheits- oder Geldstrafe bestraft, wer die Wahl eines Betriebsrats oder der Jugend- und Auszubildendenvertretung behindert oder durch Zufügung oder Androhung von Nachteilen oder durch Gewährung oder Versprechen von Vorteilen beeinflusst. Die Tat wird zwar nur auf Antrag des Betriebsrats, des Gesamtbetriebsrats, des Konzernbetriebsrats, des Wahlvorstands, des Unternehmers oder einer im Betrieb vertretenen Gewerkschaft verfolgt. Ein Blick in Rechtsprechung und Presse belegt jedoch, dass Betriebsräte, Wahlvorstände und Gewerkschaften durchaus nicht zimperlich bei der Anzeige solcher Straftaten sind.

Der Arbeitgeber bzw. Arbeitgebervertreter kann sich z. B. strafbar machen, indem er

• Gewerkschaftsvertretern im Zusammenhang mit der Wahl/Wahlvorbereitung den Zugang zum Betrieb verwehrt,
• den Wahlvorstand auffordert, die Wahl nicht durchzuführen und mit Nachteilen für den Fall der Wahldurchführung droht bzw. eine finanzielle Belohnung für den Abbruch der Wahl bietet,
• für den Zeitpunkt einer Wahlversammlung eine „Konkurrenzveranstaltung“ anberaumt und/oder Belohnungen für das Nichterscheinen bei der Wahlversammlung offeriert,
• sich weigert, die zur Wahl nötigen Informationen (bspw. Information zu Mitarbeitern für Wählerliste) zur Verfügung zu stellen; alternativ ist auch eine Behinderung der Wahl durch Falschinformationen an den Wahlvorstand denkbar,
• eigenmächtig Änderungen an den vom Wahlvorstand ausgehängten Informationen (Wählerliste, Wahlausschreiben usw.) vornimmt,
• sich weigert, die Mitglieder des Wahlvorstands für deren Tätigkeit (bezahlt) von der Arbeit freizustellen.

Auch Mitarbeiter können sich strafbar machen zum Beispiel

• Kandidaten, die anderen Kandidaten (etwa durch Zerstörung deren Wahlwerbung) schaden wollen,
• Mitglieder des Wahlvorstands, die ihr Amt so ausüben, dass Konkurrenz bei der Wahl benachteiligt wird oder auch
• übereifrige Führungskräfte (klassischerweise aus dem „Mittelmanagement“), die den Mitarbeitern ihrer Abteilung/ihres Teams klarmachen, dass eine Kandidatur als Betriebsrat nicht infrage komme oder sonst Einfluss auf die Wahl nehmen wollen.

Praxishinweis

So vielfältig wie das Leben sind die Fallgestaltungen, die zu strafrechtlichen Risiken führen. Für deren Vermeidung ist es unabdingbar, dass die auf Arbeitgeberseite mit solchen Themen beschäftigten Personen (Personalabteilung, Geschäftsführung, ggf. Compliance-Bereich) zumindest die Grundzüge des Wahlverhaltens und der arbeitgeberseitigen Pflichten, etwa durch eine Schulung, kennen. Bei Mitarbeiterstraftaten wird oftmals die Annahme naheliegen, dass diese nicht ohne Anweisung gehandelt haben. Hier ist es ratsam, wenn die Geschäftsführung dokumentiert, Führungskräfte einerseits über die Arbeitgeberpflichten bei der Betriebsratswahl informiert und andererseits zum Abstandnehmen von jeglicher Einflussnahme angewiesen zu haben.

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