11.03.2014Fachbeitrag

Newsletter Gesellschaftsrecht Mai 2014

Bedürfen Gesellschafterdarlehen und -guthaben einer BaFin-Erlaubnis?

Merkblatt der BaFin – Hinweise zum Tatbestand des Einlagengeschäfts vom 11.3.2014

Mit dem neuen Merkblatt zum Tatbestand des Einlagengeschäfts vom 11. März 2014 sorgt die BaFin für Rechtssicherheit der Finanzierungsform durch Gesellschafterdarlehen und -guthaben. Die durch das BGH-Urteil „Winzergeld“ vom 19. März 2013 hervorgerufene Verunsicherung wird dadurch beruhigt und die Sorge einer Erlaubnispflicht nach § 32 Abs. 1 Satz 1 KWG für Nicht-Publikumsgesellschaften genommen. Mit dem BGH-Urteil „Winzergeld“ (WM 2013, 874) wurde die Frage, ob Gesellschafterdarlehen und –guthaben unter § 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 KWG fallen und somit eine aufsichtsbehördliche Genehmigung nach § 32 Abs. 1 Satz 1 KWG nötig ist wieder aktuell. Gestützt hat der BGH seine Annahme eines Bankgeschäfts nach § 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 KWG bei Gesellschafterguthaben unter anderem auf das Merkblatt der BaFin vom 4. August 2011. Mit dem neuen Merkblatt hat die BaFin auf diese Entwicklung reagiert und Zweifelsfragen geklärt.

Grenze des Erfordernisses eines in kaufmännischer Weise eingerichteten Gewerbebetriebs

Ein Bankgeschäft nach § 1 Abs. 1 KWG liegt vor, wenn gewerbsmäßig oder in einem Umfang, der einen in kaufmännischer Weise eingerichteten Gewerbebetrieb erfordert, Einlagengeschäfte vorgenommen werden. Einlagengeschäfte sind gemäß § 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 KWG bei der Annahme von fremden Geldern als Einlagen oder anderer „unbedingt“ rückzahlbarer Gelder des „Publikums“. Das Erfordernis eines in kaufmännischer Weise eingerichteten Gewerbebetriebs nimmt die BaFin bei mehr als fünf Einlagen, die die Summe von 12.500,- EUR überschreiten, oder 25 Einzeleinlagen an.

Eingrenzung des Merkmals Publikum

Die BaFin stellt nun klar, dass unter diese Einlagen auch das Stehenlassen von Geldern fällt. Dies unterbindet auch nicht das Merkmal des „Publikums“. Aus Gründen des Anlegerschutzes soll „Publikum“ weit verstanden werden und auch eine kleine, eindeutig abgegrenzte Teilmenge des Publikums umfassen. Ausgenommen wird hingegen der persönlich haftende Gesellschafter. Dies gilt unabhängig davon, ob der Gesellschafter in die Führung der Gesellschaft eingebunden ist, soweit kein Gestaltungsmissbrauch vorliegt. Einen Ausschluss für Familiengesellschaften durch das Merkmal „Publikum“, wie von Teilen der Literatur gefordert, greift die BaFin hingegen nicht auf. Ausgenommen sind ebenfalls die Einlagen von verbundenen Unternehmen, unabhängig von dem Konzernprivileg nach § 2 Abs. 1 Nr. 6 KWG.

Bedingung des Zahlungsanspruchs durch Treuepflichten

Eine weitere Konkretisierung hat die BaFin bei der Frage vorgenommen, wann der Rückzahlungsanspruch „unbedingt“ ist. Weiterhin reicht die gesetzlich angeordnete insolvenzrechtliche Rangfolge nach § 39 Abs. 1 Nr. 5 InsO, wonach in der Insolvenz die Gesellschafterdarlehen nachrangig befriedigt werden, nicht aus, um den Anspruch zu „bedingen“. Entscheidend sei, ob der Rückzahlungsanspruch ausgeschlossen ist, soweit und solange er ein Grund für die Eröffnung der Insolvenz wäre. Nach der Darstellung der BaFin ergibt sich eine solche „Bedingung“ des Anspruchs grundsätzlich aus den Treuepflichten der Gesellschafter, welche bei Kapitalgesellschaften und diesen gleichgestellten Personenhandelsgesellschaften gesetzlich verankert ist. Diese „Bedingung“ existiert hingegen nicht bei einer Publikums-KG und vergleichbaren Gesellschaftsformen.

Ausnahme für Nicht-Publikumsgesellschaften

Dies führt dazu, dass bei Nicht-Publikumsgesellschaften grundsätzlich kein „unbedingter“ Rückzahlungsanspruch angenommen wird und somit kein Bankgeschäft nach § 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 KWG vorliegt.

Bedingung durch qualifizierten Rangrücktritt

Keine Veränderung ist bei der Beurteilung von Rangrücktrittsklauseln eingetreten. Die BaFin betont, dass erst eine qualifizierte Rangrücktrittklausel zu einer unternehmerischen Beteiligung mit einer eigenkapitalähnlichen Haftungsfunktion führt, so dass kein bankgeschäftstypisches Darlehen mehr vorliegt. Für Publikumsgesellschaften muss folglich weiter auf eine qualifizierte Rangrücktrittsklausel zurückgegriffen werden um den Rückzahlungsanspruch zu „bedingen“, während eine solche „Bedingung“ bei Nicht-Publikumsgesellschaften bereits durch die Treuepflichten vorliegt.

Stellung von Sicherheiten

Abschließend wäre eine Ausnahme durch die Stellung von Sicherheiten für die Einlagen möglich. Für die Praxis scheint diese Möglichkeit allerdings wenig praktikabel.

Festzustellen ist darüber hinaus, dass wenn kein Einlagengeschäft nach § 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 KWG für die Gesellschaft vorliegt spiegelbildlich für den Gesellschafter auch kein Kreditgeschäft nach § 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 KWG vorliegen dürfte, wie Schäfer zutreffend in Bosch/Fischer/Schulte-Mattler KWG § 1 Rn. 51 a schreibt.

Fazit

Mit dem Merkblatt vom 11. März 2014 zum Tatbestand des Einlagengeschäfts hat die BaFin offene Zweifelsfragen geklärt. Es ist davon auszugehen, dass der BGH zukünftig weiter der Einschätzung der BaFin folgt und somit das Risiko einer Genehmigungspflicht nach § 32 Abs. 1 Satz 1 KWG für Nicht-Publikumsgesellschaften bei Gesellschafterdarlehen und –guthaben nicht mehr besteht.

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