25.07.2018Fachbeitrag

Update Arbeitsrecht Juli 2018

Befristung von Arbeitsverträgen: BVerfG-Beschluss vom 6. Juni 2018

Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) hat sich in einem Beschluss zum Vorbeschäftigungsverbot aus § 14 Abs. 2 S. 2 TzBfG geäußert und sich auch mit der umstrittenen Auslegung des Bundesarbeitsgerichts (BAG) auseinandergesetzt, welches eine dreijährige Karenzzeit in das Gesetz hineingelesen hatte. Das BVerfG hat das Vorbeschäftigungsverbot für verfassungskonform und die diesbezügliche Rechtsprechung des BAG für unzulässig erklärt.

Hintergrund

Gemäß § 14 Abs. 2 S. 2 TzBfG ist eine sachgrundlose Befristung „nicht zulässig, wenn mit demselben Arbeitgeber bereits zuvor ein befristetes oder unbefristetes Arbeitsverhältnis bestanden hat. "Seit dem Jahr 2011 legt das BAG diese Vorschrift so aus, dass § 14 Abs. 2 S. 2 TzBfG einer sachgrundlosen Befristung nicht entgegensteht, wenn ein vorangegangenes Arbeitsverhältnis mehr als drei Jahre zurückliegt (BAG Urt. v. 6.4.2011 – 7 AZR 716/09). Diese Rechtsauffassung wurde vielfach als eine nicht mehr vom Wortlaut der Norm gedeckte Auslegung kritisiert.Das BVerfG hat mit Beschluss vom 06. Juni 2018 in zwei Verfahren festgestellt, dass das in § 14 Abs. 2 S. 2 TzBfG vorgesehene Vorbeschäftigungsverbot verfassungsgemäß ist und sich mit der diesbezüglichen Rechtsprechung des BAG auseinandergesetzt.

Im ersten Verfahren hatte das Arbeitsgericht Braunschweig dem BVerfG die Frage vorgelegt, ob § 14 Abs. 2 S. 2 TzBfG mit der Berufsfreiheit und dem Gleichbehandlungsgrundsatz vereinbar ist. In dem dortigen Verfahren hatte der Kläger eine Klage auf Entfristung seines Arbeitsvertrages erhoben und sich auf das Vorbeschäftigungsverbot berufen. Beim zweiten Verfahren handelte es sich um eine Verfassungsbeschwerde. Der Beschwerdeführer sah sich durch das gegen ihn ergangene Urteil des Landesarbeitsgerichts Nürnberg, welches sich auf die oben dargestellte BAG-Rechtsprechung stützte, in seinen Grundrechten aus Art. 2 Abs. 1 GG i.V.m. Art. 20 Abs. 3 GG verletzt. Er hatte ursprünglich ebenfalls eine Befristungskontrollklage erhoben.

Vorbeschäftigungsverbot verfassungsgemäß

Nach Ansicht des BVerfG wird durch das Vorbeschäftigungsverbot aus § 14 Abs. 2 S. 2 TzBfG zwar in das Grundrecht der Berufsfreiheit eingegriffen, dies sei aber gerechtfertigt, um die Gefahr von Kettenbefristungen in Ausnutzung der strukturellen Unterlegenheit der Arbeitnehmer auszuschließen und das unbefristete Arbeitsverhältnis als Regelfall zu sichern. Sachgrundlose Befristungen seien nur als Ausnahme bei einer Neueinstellung gestattet und sollen als eine mögliche Brücke zur Dauerbeschäftigung dienen. Das Ziel der Beschäftigungsförderung sei auch durch das Sozialstaatsprinzip mit Verfassungsrang ausgestattet. Eine Karenzregelung von drei Jahren – wie sie das BAG annahm – könne diese beschäftigungspolitischen Ziele des Gesetzgebers langfristig nicht effektiv durchsetzen.

Auslegung bei Unzumutbarkeit

Mit den gleichen Argumenten sieht das BVerfG auch die Ungleichbehandlung zwischen vorbeschäftigten Bewerbern und Bewerbern ohne Vorbeschäftigungszeiten gerechtfertigt.

unzulässige Rechtsfortbildung durch das BAG

Dem BVerfG ist bewusst, dass das Vorbeschäftigungsverbot sowohl die Arbeitgeber als auch Arbeitssuchende unzumutbar einschränken kann. Dies sei z.B. der Fall, wenn eine Vorbeschäftigung schon sehr lange zurückliege, ganz anders geartet war oder nur von sehr kurzer Dauer gewesen sei. Als Beispiel nennt das Gericht u.a. geringfügige Nebenbeschäftigungen während der Schul- und Studienzeit. In solchen Fällen sind die Fachgerichte verpflichtet, § 14 Abs. 2 S. 2 TzBfG verfassungskonform auszulegen. Diese Einschränkung des BVerfG darf aber nicht als genereller Freibrief verstanden werden. Vielmehr muss jeweils im Einzelfall genau geprüft werden, ob tatsächlich eine verfassungskonforme Einschränkung des Vorbeschäftigungsverbots in Betracht kommt. Die Verfassungsbeschwerde aus dem zweiten Verfahren sah das BVerfG als begründet an. Die Auslegung des BAG sei mit dem Rechtsstaatsprinzip nicht vereinbar. Die Auslegung des BAG, eine sachgrundlose Befristung sei immer dann zulässig, wenn die Vorbeschäftigung mehr als drei Jahre zurückliege, überschreite die Grenzen der richterlichen Rechtsfortbildung. Der Gesetzgeber habe sich eindeutig gegen eine solche Frist entschieden. Aus den Gesetzesmaterialien und der Entstehungsgeschichte gehe eindeutig die gesetzgeberische Grundentscheidung hervor, dass grundsätzlich jede Vorbeschäftigung bei demselben Arbeitgeber das Verbot einer sachgrundlosen Wiedereinstellung auslöse.

Fazit

Der Beschluss des BVerfG schafft wieder mehr Rechtssicherheit. Die bisherige Auslegung des § 14 Abs. 2 S. 2 TzBfG durch das BAG war stark umstritten. In der Praxis konnten sich die Arbeitgeber auch nicht auf diese Rechtsprechung verlassen, da sich mehrere Landesarbeitsgerichte der Meinung des BAG ausdrücklich nicht angeschlossen hatten. Die sachgrundlose Befristung zwischen denselben Parteien ist nach § 14 Abs. 2 S. 2 TzBfG grundsätzlich nur einmal und nur bei der erstmaligen Einstellung zulässig. Dieses Regelungskonzept des Gesetzgebers haben die Fachgerichte bei ihren Entscheidungen zu respektieren, gegebenenfalls in Sonderkonstellationen, z.B. geringfügige Nebenbeschäftigung in der Studienzeit, verfassungskonform auszulegen. Eine allgemeine Karenzzeit kann aber in die Norm nicht hineingelesen werden.

 

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