28.02.2018Fachbeitrag

Update Compliance 4/2018

BGH: Erleichterte Beweisregeln im Schadenersatzprozess wegen Korruption

Der Bundesgerichtshof hat die Lockerung der Anforderungen an die Beweislast im Schadenersatzprozess wegen Korruption bestätigt. Danach genügt, wenn der Kläger hinreichende Anhaltspunkte für Schmiergeldzahlungen vorträgt. Der Beklagte trägt dann die sekundäre Beweislast für seine Behauptung, eine solche Schmiergeldabrede habe nicht vorgelegen (BGH, Urt. v. 18.01.2018 – I ZR 150/15). Dies erleichtert die Durchsetzung von Schadenersatzansprüchen wegen Korruption.

Der Entscheidung lag folgender Sachverhalt zugrunde:

Die Klägerin handelte mit Möbeln. Sie vertrieb aus Asien importierte Möbel. Hauptlieferant für die Möbel war der inzwischen verstorbene Dr. K. Diesen hatte die Klägerin bevollmächtigt, für sie die Speditionsleistungen für Warenlieferungen aus Asien zu verhandeln und zu betreuen. Sie beauftragte auf Veranlassung des Dr. K. die Beklagte, die eine Spedition betrieb. Teile der von der Klägerin an die Beklagte für den Möbeltransport gezahlten Vergütungen überwies die Beklagte über ihre Niederlassung in Hongkong an Firmen, für die Dr. K. Vollmacht hatte. Im Rahmen einer bei der Beklagten intern durchgeführten Revision fielen Überzahlungen an die Spedition i. H. von knapp 1,9 Mio. EUR auf. Diesen Betrag klagte die Klägerin von der Beklagten ein, weil es sich insoweit um Schmiergelder an den Dr. K. gehandelt habe.

Die Instanzengerichte haben die Klage abgewiesen. Der BGH hat das Berufungsurteil auf die Revision der Klägerin aufgehoben und an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Schmiergeldabreden sind sittenwidrig und nichtig

Der BGH stellte zunächst in Fortsetzung seiner ständigen Rechtsprechung fest, dass Vereinbarungen über die Zahlung eines Schmiergeldes für die zukünftige Bevorzugung bei der Vergabe von Aufträgen, die Angestellte, Bevollmächtigte, Beauftragte oder sonstige Vertreter einer Partei heimlich mit dem anderen Vertragsteil treffen (vgl. § 299 StGB), sittenwidrig seien (§ 138 BGB). Sie seien zudem wegen Gesetzesverstoßes nichtig (§ 134 BGB). In derartigen Fällen bestünden Schadenersatzansprüche daher nicht nur gegenüber den bestochenen Mitarbeitern oder Beauftragten als unmittelbaren Zahlungsempfängern, sondern auch gegen den diese Zahlungen tätigenden Geschäftspartner.

Schadenersatzkläger ist darlegungs- und beweisbelastet, aber…

Sodann macht der BGH klar, dass für die Behauptung, die Beklagte habe mit Dr. K. zusammen Schmiergeldzahlungen vereinbart, die Klägerin darlegungs- und beweisbelastet ist: Der Kläger, der die Existenz einer ihn in sittenwidriger Weise schädigenden Schmiergeldabrede behauptet und deshalb einen Schadenersatzanspruch aus § 826 BGB geltend macht, trägt grundsätzlich die volle Darlegungs- und Beweislast. Allerdings ist – so der BGH – zu berücksichtigen, dass sich in Fällen dieser Art nur ausnahmsweise eine ausdrückliche Vereinbarung der Beteiligten oder eine ausdrückliche Zusage zur Zahlung von Schmiergeldern feststellen lasse. Schmiergeldzahlungen könnten ihren Zweck nur dann erfüllen, wenn sie geheim bleiben. Daher genüge der Kläger seiner Darlegungslast, wenn er ausreichend Anhaltspunkte dafür vorträgt, dass eine derartige Vereinbarung getroffen sei.

Dies sei im vorliegenden Falle geschehen: Die Klägerin habe eine Schmiergeldabrede schlüssig dargelegt. Dr. K. sei bevollmächtigt gewesen, Speditionsleistungen für die Klägerin zu verhandeln, er habe ohne Wissen und Zustimmung der Klägerin eine Erhöhung der eigentlich geschuldeten Frachtrate vereinbart und sich den Aufschlag auszahlen lassen. Entgegen der Ansicht der Vorinstanzen nimmt der BGH daher eine sekundäre Darlegungslast für den Beklagten an.

Der BGH hat die Sache an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Praxishinweis

Mit der Lockerung der Beweisanforderungen im Schadenersatzprozess wegen Schmiergeldzahlungen hat der BGH die Durchsetzung solcher Ansprüche erheblich erleichtert. Damit versucht er, die Nachteile des Klägers durch die erheblichen Aufklärungsschwierigkeiten, die sich gerade im Ausland ergeben, auszugleichen.

Im Strafverfahren gelten solche Beweislockerungen freilich nicht. Mit Blick auf das Abzugsverbot von Zahlungen an nicht identifizierbare Endempfänger (§ 160 AO) und die Möglichkeit der selbständigen Verhängung von Verbandsgeldbußen und Gewinnabschöpfungsmaßnahmen bestehen strafrechtliche Risiken aber auch bei Aufklärungsschwierigkeiten fort.

Schadenersatzansprüche können nicht nur gegen den Schmiergeldempfänger oder den Geschäftspartner, der diese Schmiergelder „eingepreist“ und ausgekehrt hat, bestehen. Ein Risiko haben auch verantwortliche Mitarbeiter und Geschäftsführer der Gesellschaft, die korruptive Zahlungen veranlassen oder auch nur dulden:

Das Landgericht München I hat in einer grundlegenden Entscheidung aus dem Jahr 2011 (Az. 5 HK O 1387/11 – Neubürger) bereits klargestellt, dass Mitglieder von Geschäftsführungsorganen dafür Sorge zu tragen haben, dass das Unternehmen so organisiert und beaufsichtigt wird, dass keine Gesetzesverstöße wie Schmiergeldzahlungen erfolgen. Seiner Organisationspflicht genügt ein Geschäftsführungsmitglied nur dann, wenn es eine auf Schadensprävention und Risikokontrolle angelegte Compliance-Organisation einrichtet.  Das gilt nicht nur für große oder börsennotierte Unternehmen. Die Einrichtung von Compliance-Management-Systemen ist Pflicht für jedes Unternehmen.  Entscheidend für den Umfang im Einzelnen sind aber dessen Art, Größe und Organisation, die zu beachtenden Vorschriften, die geografische Präsenz wie auch Verdachtsfälle aus der Vergangenheit.

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