25.01.2017Fachbeitrag

Bonuszahlung nach billigem Ermessen

Einführung

Ein leistungs- und erfolgsabhängiger Bonus kann nach der Entwicklung der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (BAG) nicht (mehr) wirksam unter einen Freiwilligkeitsvorbehalt gestellt werden. Vergütungen nach Ermessen des Arbeitgebers werden daher als Alternative zum Freiwilligkeitsvorbehalt häufiger. Bei einem Bonus nach Ermessen müssen Höhe und Art der Bonuszahlung nicht abschließend im Arbeitsvertrag festgelegt werden. Der Arbeitgeber behält sich hierüber – also insbesondere über die Höhe – eine Entscheidung nach billigem Ermessen im Sinne von § 315 BGB vor. Sowohl bei der Gestaltung der Klauseln zu einer Ermessensvergütung als auch bei Bestimmung der Vergütung im Einzelfall (Ermessensausübung) muss der Arbeitgeber die von der Rechtsprechung, zuletzt mit Urteil des Bundesarbeitsgerichts (BAG) vom 03.08.2016, entwickelten Grundsätze beachten.

Vereinbarung einer Ermessensvergütung

Sowohl reine Gratifikationen, die keinen Bezug zur Leistung des Arbeitnehmers haben, wie Weihnachtsgeld, als auch Entgeltleistungen, die Gegenleistung für die Arbeitsleistung des Arbeitnehmers sind, wie leistungsabhängige Boni, können ins Ermessen des Arbeitgebers gestellt werden. In einer entsprechenden Vertragsklausel muss das „billige Ermessen“ nicht ausdrücklich genannt sein. Es reicht, wie das BAG bereits mehrfach entschieden hat, wenn ein festlegungsbedürftiger Spielraum verbleibt und dem Arbeitgeber das Leistungsbestimmungsrecht zusteht. So genügte dem BAG in der Entscheidung vom 03.08.2016 hierfür, dass die Klausel vorsah, ein Bonus könne nur dann zur Auszahlung zugeteilt werden, wenn die Gesellschaft insgesamt Mittel zur Ausschüttung von Bonuszahlungen zur Verfügung stelle. Die Vereinbarung eines Vorbehalts, der die Gewährung der Vergütung in das freie – also nicht in das „billige“ – Ermessen des Arbeitgebers stellt, ist hingegen wegen unangemessener Benachteiligung des Arbeitnehmers unwirksam (§ 307 Abs. 1 i.V.m. Abs. 2 Nr. 1 BGB).

Welche Kriterien der Arbeitgeber bei der Ermessensentscheidung zu berücksichtigen hat, muss in der vertraglichen Regelung nicht notwendig festgelegt sein. Möchte der Arbeitgeber Kriterien festlegen, besteht erheblicher Spielraum bei der Auswahl. Zulässige Kriterien sind insbesondere Ertragslage und Erfolg des Unternehmens und auch einzelner Geschäftseinheiten sowie die individuelle Leistung des Arbeitnehmers. Legt der Arbeitgeber in vertraglichen Regelungen, wie beispielsweise in einer Zielvereinbarung, Kriterien fest, dann ist er daran gebunden.

Ermessensausübung

Ist die vertragliche Regelung wirksam, muss die Ausübung des Arbeitgebers bei Festlegung der Zahlung bzw. der Zahlungshöhe billigem Ermessen entsprechen. Dabei müssen die  wesentlichen Umstände des Falles abgewogen und die Interessen der Parteien angemessen berücksichtigt werden. Diese Ermessensausübung ist gerichtlich voll überprüfbar. Im Falle einer gerichtlichen Auseinandersetzung trägt die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass die Leistungsbestimmung billigem Ermessen entspricht, der Arbeitgeber. Erbringt der Arbeitgeber diesen Beweis nicht bzw. trägt er hierzu nicht ausreichend vor, ist die gesetzliche Folge die Unverbindlichkeit der vom Arbeitgeber getroffenen Leistungsbestimmung (§ 315 Abs. 3 BGB). Die Leistungsbestimmung nimmt dann das Gericht durch Urteil vor. Grundlage für die gerichtliche Festsetzung ist der jeweilige Vortrag der Parteien. Dies bedeutet, dass der Arbeitgeber und der Arbeitnehmer alle ihrer jeweiligen Ansicht nach zu berücksichtigenden Umstände vortragen müssen. Dabei kommt den in den Vorjahren gezahlten Boni besondere Bedeutung zu, da durch sie regelmäßig zum Ausdruck gebracht wird, welche Höhe eine solche Leistung unter welchen konkreten Umständen (Leistung des Arbeitnehmers, Unternehmenserfolg etc.) erreichen kann.

Ermessensausübung auf „Null“

Eine Leistungsbestimmung auf „Null“ wird nur in besonderen Ausnahmefällen billigem Ermessen entsprechen und damit zulässig sein. So ging das BAG in seiner Entscheidung vom 19.03.2014 davon aus, dass eine Festsetzung des Bonus auf „Null“ bei einem Verlust von 5 Mrd. Euro und einer Inanspruchnahme des staatlichen Rettungsschirms trotz Erreichung der individuellen Ziele durch den Arbeitnehmer gerechtfertigt sei. In dieser Entscheidung hob das BAG hervor, dass ein negatives Ergebnis im Rahmen von „normalen“ Schwankungsbreiten nicht ausgereicht hätte.

Mitbestimmung des Betriebsrats

In Betrieben mit Betriebsrat greift bezüglich der grundsätzlichen Einführung einer Vergütung nach Ermessen und bezüglich der Verteilungsgrundsätze das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats nach § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG. Dieses Mitbestimmungsrecht erstreckt sich aber nicht auf die Entgelthöhe, wie beispielsweise die Höhe des zur Verfügung gestellten Bonustopfes.

Fazit

Vergütungen nach Ermessen des Arbeitgebers sind durchaus ein Ersatz für den bislang häufig verwendeten Freiwilligkeitsvorbehalt. In entsprechenden Klauseln zur Vereinbarung einer Ermessensvergütung muss das „billige Ermessen“ nicht ausdrücklich genannt sein, was allerdings klarstellungshalber zu empfehlen ist. Die Ausübung des Ermessens muss, anders als beim Freiwilligkeitsvorbehalt, im Streitfall begründet werden. Der Arbeitnehmer kann dies prozessual entweder im Wege der Auskunftsklage oder im Rahmen einer Klage auf Zahlung des Bonus überprüfen lassen. Die konkrete Ermessensausübung unterliegt der vollen gerichtlichen Kontrolle. Ist sie fehlerhaft, nimmt das Gericht die Leistungsbestimmung durch Urteil unter Berücksichtigung des Vortrags der Parteien vor. Es ist daher ratsam, die in die Ermessenserwägung eingestellten Tatsachen und Umstände und die Abwägung selbst entsprechend zu dokumentieren.

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