06.07.2015Fachbeitrag

Newsletter Health Care 2/2015

Bundesgesundheitsministerium legt Referentenentwurf für e-Health-Gesetz vor

Im Januar 2015 hat Bundesgesundheitsminister Gröhe den Entwurf eines „Gesetzes für sichere digitale Kommunikation und Anwendungen im Gesundheitswesen“, kurz eines „e-Health-Gesetzes“ vorgelegt, welches – den Ankündigungen gemäß – den Durchbruch bei der Einführung der Informationstechnik (IT) im Gesundheitswesen bringen soll. Der so gesetzte Anspruch an das Gesetz scheint allerdings leicht überzogen: Denn selbstverständlich hat die IT das Gesundheitswesen bereits voll im Griff, ohne dass dafür ein (weiteres) Gesetz notwendig wäre. Zudem erscheint der Gesetzesentwurf selbst auch inhaltlich nicht als der große Durchbruch, der ihm von Seiten des Ministeriums zugeschrieben wird, da er lediglich die elektronische Gesundheitskarte (eGK) und die Telematik-Infrastruktur (TI) zum realen Leben erweckt, was allerdings nach den ursprünglichen Plänen des Gesetzgebers eigentlich bereits für das Jahr 2006 vorgesehen war (§ 291a Absatz 1 SGB V).
 
Hintergrund der wiederholten Verschiebung der Einführung der eGK und der TI war, neben technischen Problemen, vor allem der vehemente Widerstand eines Teils der Ärzteschaft. Dieser  konnte mit den Argumenten, die eGK schaffe den „gläsernen Patienten“ und zerstöre das Vertrauensverhältnis zwischen Arzt und Patient, genügend Ängste in der Politik und der Bevölkerung  schüren, um das Projekt fast 10 Jahre heraus zu zögern. Letztlich wurde dadurch das Projekt aber vor allem nur wesentlich teurer als ursprünglich geplant.

Immerhin wird der jetzt vorgelegte Referentenentwurf von Datenschutzexperten als nahezu vorbildlich bezeichnet. Die Speicherung der sensiblen Patientendaten soll wie bisher, bei den Leistungserbringern dezentral erfolgen. Die in § 291a Absatz 3 Nr. 4 SGB V vorgesehene „elektronische Patientenakte“ ist (nach wie vor) noch nicht in der praktischen Umsetzung und Ziel der TI ist vor allem die Erschaffung der technischen Rahmenbedingungen für die sichere Übermittlung von Daten zwischen medizinischen Leistungserbringern.

Anreize und Sanktionen als Triebfeder zur Nutzung bestimmter Anwendungen

Nach Vorstellung des Ministeriums soll das Gesetz, welches ausschließlich Änderung im SGB V enthält, voraussichtlich 2016 in Kraft treten. Kernpunkt des Gesetzes ist es, durch ein System des finanziellen Anreizes und der Sanktionen die jetzt bereits nutzbaren elektronischen Kommunikationsverfahren schnellen Eingang in die Versorgung finden zu lassen. Parallel dazu wird der Aufbau der TI gefördert und klargestellt, dass diese zukünftig die zentrale elektronische Infrastruktur sein wird.

Als Anreiz ist etwa vorgesehen, dass Ärzte für die Erstellung und Aktualisierung des Notfalldatensatzes eine Vergütung erhalten. Zeitlich befristet gilt dies auch für die Übermittlung von elektronischen Entlass- und Arztbriefen. Näheres zum Inhalt und zur Struktur des elektronischen Entlassbriefes sowie Einzelheiten zu den Sicherheitsmaßnahmen sollen bis 31. März 2016 zwischen der Deutschen Krankenhausgesellschaft und der Kassenärztlichen Vereinigung geregelt werden. Die Nichtnutzung der IT-Angebote und das Nichteinhalten von Fristen für die technische Umsetzung von Maßnahmen werden dagegen sanktioniert.

Der Referentenentwurf will zudem die Innovation weiterer Anwendungen fördern und dadurch die Funktionalität des Systems insgesamt erhöhen. Auch sollen andere (nicht-approbierte) Gesundheitsberufe, die ebenfalls als Leistungserbringer im Gesundheitswesen tätig sind, in die TI-Infrastruktur integriert werden.

Aufbau der Infrastruktur – Interoperabilität als Zielsetzung

Neben diesen noch begrenzten, konkreten Anwendungsfeldern steht beim Referentenentwurf das Vorantreiben des Aufbaus einer TI-Struktur im Mittelpunkt. Es geht darum, die Beteiligten in der Gesundheitsversorgung so miteinander zu vernetzen, dass sie sicher und schnell miteinander kommunizieren können. Auch die Patienten sollen dazu in die Lage versetzt werden, ihren Behandlern wichtige Gesundheitsdaten verfügbar zu machen.

Allgemein zugängliches Informationsportal

Insoweit ist die Interoperabilität bereits vorhandener Systeme ein weiteres zentrales Anliegen des Referentenentwurfes. Bisher gab es zu den technischen und semantischen Standards keine bundesweit einheitlichen und belastbaren Vorgaben, so dass die dazu vorhandenen regional erarbeiteten Lösungen nicht flächendeckend verbreitet werden konnten. Daher gibt nun der Referentenentwurf der Gesellschaft für Telematik (GfT) den Auftrag, ein Interoperabilitätsverzeichnis aufzubauen. Damit soll erreicht werden, dass neue digitale Anwendungen einheitliche Standards nutzen können und keine weiteren „Insellösungen“ entstehen.

Zudem soll ein allgemein zugängliches Informationsportal bei der GfT aufgebaut werden, in das Informationen insbesondere über den Inhalt, den Verwendungszweck und die Finanzierung von elektronischen Anwendungen im Gesundheitswesen, insbesondere telemedizinischer Anwendungen, auf Antrag aufgenommen werden. Anbieter bestimmter elektronischer Anwendungen müssen einen Antrag auf Aufnahme in das Verzeichnis stellen.

Fazit

Die Regelungen im Referentenentwurf sind überaus komplex und sehr unübersichtlich. Dies ist sicherlich der Materie geschuldet. Unabhängig von der Frage, inwieweit der Aufbau eines Interoperabilitätsverzeichnisses und die allgemeine Ausweitung der Aufgaben der GfT vor allem an den Bedürfnissen der medizinischen IT-Industrie ausgerichtet wurden, zeigt der Referentenentwurf jedenfalls keine besondere Patientenorientierung auf. Für diese bringt das e-Health-Gesetz wenig bis nichts. Krankenhäuser und vertragsärztliche Praxen müssen sich jedoch in naher Zukunft – sollte das Gesetz im Wesentlichen unverändert bleiben – zumindest entscheiden, inwieweit sie an den finanziellen Anreizen des Gesetzes partizipieren und die vorhandenen Anwendungen nutzen wollen.

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