14.04.2017Fachbeitrag

Update Compliance 10/2017

Bundesregierung plant Einführung eines zentralen Wettbewerbsregisters

Die Bundesregierung plant die Einführung eines bundesweiten Registers, in das strafrechtlich belastete Unternehmen einzutragen sind. Öffentliche Auftraggeber sollen in diesem  Wettbewerbsregister nachprüfen müssen, ob Mitarbeiter von an einer Ausschreibung teilnehmenden Unternehmen Wirtschaftsdelikte oder andere schwere Straftaten begangen haben. Das geplante Wettbewerbsregister soll zur Korruptionsprävention und zur Vermeidung von Wirtschaftsdelikten bei öffentlichen Aufträgen beitragen.

Hintergrund der Gesetzesinitiative

Das geltende Vergaberecht erlaubt es öffentlichen Auftraggebern, Unternehmen von der Auftragsvergabe auszuschließen, wenn es bei ihnen zu Wirtschaftsdelikten oder gravierenden Straftaten gekommen ist. Bisher war es für die öffentlichen Auftraggeber faktisch schwierig, die Unternehmen zu überprüfen. Zwar führen viele Bundesländer - darunter Nordrhein-Westfalen, Berlin, Bayern, Hessen und Rheinland-Pfalz - Korruptionsregister auf Landesebene. Die Eintragungskriterien und die Melde- und Abfragepflichten unterscheiden sich jedoch teilweise erheblich. Die Einführung eines bundesweiten, zentralen Wettbewerbsregisters soll es öffentlichen Auftraggebern künftig erleichtern, das Vorliegen von Ausschlussgründen zu überprüfen.

Der vom Bundeskabinett am 29. März 2017 beschlossene Gesetzesentwurf zur Einführung eines Wettbewerbsregisters sieht vor,  öffentliche Auftraggeber zu verpflichten, künftig ab einem Auftragswert von EUR 30.000,00 (netto) elektronisch abzufragen, ob einem Unternehmen wettbewerbsrelevante Delikte von Mitarbeitern zuzurechnen sind, die zwingend oder fakultativ zum Ausschluss vom Vergabeverfahren führen. Hierzu zählen rechtskräftige Verurteilungen, Strafbefehle oder bestandskräftige Bußgeldbescheide u.a. wegen Bestechung, Betrug, Menschenhandel, Bildung krimineller Vereinigungen, Terrorismusfinanzierung, Geldwäsche, Vorenthaltung von Sozialabgaben, Steuerhinterziehung, Submissionsbetrug sowie Kartellrechtsverstößen und Verstößen gegen bestimmte arbeitsrechtliche Vorschriften.

Gemäß § 2 Abs. 3 WRegG-E sollen nur solche Delikte eingetragen werden, die dem Unternehmen zugerechnet werden können. Dies ist dann der Fall, wenn die natürliche Person als für die Leitung des Unternehmens Verantwortlicher gehandelt hat, ein Aufsichts- oder Organisationsverschuldens der Geschäftsführung bzw. des Unternehmensinhaber gegeben ist oder nach § 30 OWiG eine Geldbuße gegen das Unternehmen festgesetzt wurde. Die Eintragung in das Wettbewerbsregister schließt jedoch ein Unternehmen nicht automatisch von der Teilnahme an dem Vergabeverfahren aus. Gemäß § 6 Abs. 4 WRegG-E müssen die öffentlichen Auftraggeber eigenständig im Rahmen ihres Ermessensspielraums prüfen und entscheiden, ob ein Unternehmen im konkreten Einzelfall ausgeschlossen wird.

Registerführende Behörde wird das Bundeskartellamt sein, das die Unternehmen, die eingetragen werden sollen, auch im Vorfeld anhören wird. Nach Ablauf einer Frist von drei bis fünf Jahren ab Rechts- oder Bestandskraft sollen Eintragungen aus dem Wettbewerbsregister gelöscht werden. Sofern Unternehmen eine vorzeitige Löschung begehren, können sie nach erfolgter Selbstreinigung einen Antrag auf vorzeitige Löschung aus dem Wettbewerbsregister gegen eine Gebühr zwischen EUR 1.000,00 und EUR 25.000,00 stellen.

Eine Selbstreinigung setzt voraus, dass das Unternehmen (1) nachweist, dass es für einen verursachten Schaden Ausgleich gezaht oder sich zur Zahlung eines Ausgleichs verpflichtet hat, (2) aktiv die begangene Verfehlung und dadurch verursachte Schäden aufklärt und die Ermittlungsbehörden unterstützt und (3) geeignete Compliance-Maßnahmen zur Verhinderung zukünftigen Fehlverhaltens ergriffen hat.

Zudem soll das Bundeskartellamt bei der Frage, ob eine die vorzeitige Löschung ermöglichende Selbstreinigung vorliegt, die Schwere und die besonderen Umstände der Tat zu berücksichtigen.

Der Gesetzesentwurf muss noch Bundestag und Bundesrat passieren; das gesamte parlamentarische Verfahren muss noch in dieser Legislaturperiode abgeschlossen werden. Wegen des sog. Diskontinuitätsgrundsatzes müssen Gesetzesvorhaben, die bis zur Neuwahl des Bundestages im Herbst dieses Jahres nicht abgeschlossen sind, in der neuen Legislaturperiode neu aufgelegt werden.

Kritik

Auch wenn die Praxis die Gesetzesinitiative begrüßt, wird bemängelt, dass der Gesetzesentwurf in einigen für die Unternehmen wichtigen Punkten lückenhaft ist: Es bedürfe insbesondere Regeln für eine Löschung unrichtiger Eintragungen in das Wettbewerbsregister sowie der Schaffung von Regeln, aus denen sich Schadensersatzansprüche wegen unrichtiger Eintragungen ergeben. Zudem wird kritisiert, dass der Gesetzesentwurf keine eindeutigen Vorgaben dazu macht, unter welchen Voraussetzungen sich ein Unternehmen Mitarbeiterverhalten zurechnen lassen muss; diese Beurteilung obliegt dem Bundeskartellamt.

Praxishinweis

Schon heute steht Strafverfolgungsbehörden die Verhängung von Unternehmensgeldbußen von bis zu EUR 10 Mio. pro Mitarbeiterstraftat zzgl. Gewinnabschöpfung als Sanktionsinstrument für rechtswidriges Verhalten von Mitarbeitern zur Verfügung. Künftig droht den Unternehmen zusätzlich die Eintragung in das vom Bundeskartellamt bundesweit geführte Wettbewerbsregister. Registrierten Unternehmen drohen Vergabeausschlüsse. Der Gesetzgeber zeigt: Unternehmen und ihre Mitarbeiter sollen sich rechtmäßig verhalten.

Wirtschaftsunternehmen müssen also sicherstellen, dass sie Strukturen schaffen, die (1) die Befolgung der geltenden Gesetze durch Mitarbeiter und Führungspersonal gewährleisten und (2) im Falle eines Verstoßes frühzeitige Entdeckung und schnelles Eingreifen ermöglichen.

Grundlage ist die Schaffung einer entsprechenden Unternehmenskultur, die - wie es jetzt auch der aktualisierte Deutsche Corporate Governance Kodex formuliert - sich am Leitbild des ehrbaren Kaufmanns orientiert (www.dcgk.de). Mitarbeiter müssen zudem ganz konkret durch Aufklärung, Schulungen und abgesichert durch Kontrollen verinnerlichen, welches Verhalten erlaubt ist und welches nicht. Ein funktionierendes Compliance-System führt sebst im Falle von Fehlverhalten von Mitarbeitern zu effektiven Verteidigungsmöglichkeiten gegen den Vorwurf von Aufsichtsverschulden, Unternehmensgeldbußen und Registereinträgen. Besser ist jedoch, Verstöße von vornherein zu vermeiden: Ob die Selbstreinigungsmaßnahmen eine vorzeitige Löschung rechtfertigen, soll im Ermessen des Bundeskartellamtes liegen. Dieses ist nicht verpflichtet, alle Zweifelsfragen abschließend zu ermitteln. Die Darlegungs- und Beweislast für eine Selbstreinigung soll dem Unternehmen obliegen.

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