16.03.2020FachbeitragCorona

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Corona auf der Baustelle

Der Corona-Virus ist in Deutschland angekommen. Das ist die zentrale Aussage der Pressekonferenz von Bundeskanzlerin Angela Merkel vom 12. März 2020. Auch laufende Bauvorhaben sind deshalb von der Corona-Krise betroffen. Es ist mit erheblichen Bauverzögerungen zu rechnen.

Vertragliche Regelungen fehlen in der Regel

Verträge spiegeln die Erfahrungen und den Erwartungshorizont der Parteien wider. Sie treffen Regelungen für denkbare oder zu erwartende Umstände und wollen so Rechtssicherheit schaffen. Mit einer Corona-Pandemie, die zu Quarantänemaßnahmen für Einzelne und zu ganzen Betriebsschließungen führt, dürfte aber niemand gerechnet haben. Wie ist mit Bauverzögerungen und im schlimmsten Fall mit einem Baustopp umzugehen, wenn der Auftragnehmer keine Baumaterialien beschaffen kann, seine Arbeitskräfte an Corona erkrankt oder vorsorglich unter Quarantäne gestellt sind? Konkrete vertragliche Regelungen der Auswirkungen der Corona-Krise auf die Bauzeit fehlen in aller Regel. Es kommt daher auf die Regelungen der VOB/B und des Gesetzes an.

Auftraggeber trägt das Verzögerungsrisiko bei höherer Gewalt

Grundsätzlich haftet der Auftragnehmer für Bauzeitverzögerungen, die er zu vertreten hat. Zu nennen sind beispielsweise eine falsche Planung und Koordination der Materialbeschaffung und der Arbeiten vor Ort. In diesem Fall hat der Auftraggeber gegenüber dem Auftragnehmer einen Anspruch auf Ersatz des ihm durch die Verzögerung entstandenen Schadens.

Der Auftragnehmer hat eine Verzögerung aber nicht bei höherer Gewalt zu vertreten. In diesem Fall trägt der Auftraggeber die Kosten, die ihm aus der Verzögerung entstehen, alleine. Der Auftraggeber trägt insoweit das Verzögerungsrisiko. Die VOB/B sieht ausdrücklich vor, dass sich Ausführungsfristen verlängern.

Corona ist nicht per se höhere Gewalt

Höhere Gewalt ist ein unvorhersehbares, unvermeidbares und von außen einwirkendes Ereignis. Diese strengen Voraussetzungen liegen auch bei Bauzeitverzögerungen durch die Corona-Krise nicht in jedem Fall vor. Beruft sich der Auftragnehmer darauf, dass er die Arbeiten nicht fortführen kann, weil die Lagerbestände leer sind und er keine Baumaterialien beschaffen kann, muss in jedem Einzelfall geprüft werden, ob der Auftragnehmer die notwendigen Baumaterialien nicht auf andere Weise, notfalls für erheblich mehr Geld, beschaffen kann. Der Auftragnehmer trägt grundsätzlich das Risiko steigender Preise bis zur Grenze der Unzumutbarkeit.

Auftragnehmer muss vorausschauend planen

Zu prüfen ist aber auch, ob sich der Auftragnehmer bei vorausschauender Planung seiner Bauabläufe frühzeitig Baumaterialien hätte sicherstellen können. Der Auftragnehmer muss sich bei seinen Lieferanten nach Lagerbeständen und Produktionsengpässen erkundigen. Das gilt umso mehr vor dem Hintergrund, dass sich das Corona-Virus bundesweit nicht so schlagartig ausbreitet, dass keine Zeit für Vorbereitungsmaßnahmen bliebe. Es ist seit Wochen bekannt, dass nicht nur Lagerbestände für Sanitätsbedarf und Medikamente kritisch niedrig sind. Die weiteren Auswirkungen der Corona-Krise sind nicht in jedem Fall unvorhersehbar. Notfalls muss der Auftragnehmer vorsorglich beschaffte Baumaterialien selbst lagern.

Höhere Gewalt bei behördlicher Anordnung

Höhere Gewalt liegt aber dann vor, wenn aufgrund behördlicher Anordnung die Baustelle oder der ganze Betrieb des Auftragnehmers stillgelegt wird und seine Arbeitskräfte unter Quarantäne gestellt werden. Der Auftragnehmer ist weder verpflichtet noch dürfte es ihm möglich sein, Leistungen, die er mit eigenen Arbeitskräften erbringen sollte, komplett durch einen Dritten ausführen zu lassen. Fallen allerdings nur Teile seiner Arbeitskräfte aus, spricht viel dafür, dass der Auftragnehmer diese durch die Beauftragung von Drittunternehmern auszugleichen hat.   

Neue Bauverträge nur mit Corona-Klauseln

Neue Bauverträge sollten in jedem Fall „Corona-Klauseln“ vorsehen, die den Umgang mit den Auswirkungen der Corona-Krise, jedenfalls soweit diese derzeit abschätzbar sind, klar zwischen den Parteien regeln.

Handlungsempfehlung für den Moment

Sowohl Auftraggeber als auch Auftragnehmer sollten aber schon jetzt gemeinsam Krisenmanagement betreiben. Lagerbestände bei Lieferanten sind ebenso abzufragen und zu dokumentieren wie die Verfügbarkeit von Drittunternehmen, die für ausgefallene Arbeitskräfte des Auftragnehmers einspringen könnten. Nur so dürfte der Auftragnehmer nachweisen können, dass er alles ihm zumutbare getan hat, um Bauzeitverzögerungen zu vermeiden.

Auf unserer Themenseite finden Sie weitere, täglich aktualisierte Hinweise zur Corona-Krise.

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