28.08.2017Fachbeitrag

Update IP Nr. 3

Das Netzwerkdurchsetzungsgesetz tritt am 1. Oktober 2017 in Kraft

„Das Ende des verbalen Faustrechts im Netz“ (Heiko Maas) – Das NetzDG kommt zum 1. Oktober 2017

Im Juni 2017 verabschiedete der Bundestag das „Gesetz zur Verbesserung der Rechtsdurchsetzung in sozialen Netzwerken“ (kurz NetzDG). Der grundlegende Gesetzesentwurf wurde von der Bundesregierung und den Fraktionen der SPD und CDU/CSU eingebracht. Das Gesetz passierte im Juli 2017 den Bundesrat und wird am 1. Oktober 2017 in Kraft treten.

Laut Justizminister Maas ist es „[…] kein Angriff, sondern die Garantie der Meinungsfreiheit […]“. Denn die Konflikte, die durch das Gesetz beendet werden sollen reichen von Verletzungen des Urheberrechts, Falschinformationen sog. „fake news“ und Beleidigungen bis zur Volksverhetzung.

Zweck und Inhalt des Gesetzes

Zweck dieses Gesetzes ist es, eine schnelle, übersichtliche und einfache Möglichkeit zu schaffen, um ungewollte rechtswidrige Inhalte löschen zu lassen und zwar auf Veranlassung der Nutzer selbst. So sollen gerügte Inhalte von Facebook, Twitter & Co zur Kenntnis genommen und auf ihre Rechtswidrigkeit untersucht werden. Der Zeitraum der Löschungsfrist für offensichtlich rechtswidrige Inhalte beträgt gerade einmal 24 Stunden. Ist die Rechtswidrigkeit nicht offensichtlich erkennbar, beträgt die Frist sieben Tage. Rechtswidrige Inhalte sind nach dem NetzDG solche, die gegen diverse Straftatbestände verstoßen, wie die Beleidung, die Verleumdung oder die Bedrohung. Der Nutzer ist über Ergebnisse seiner Beschwerde zu unterrichten. Neben der Erstellung des Beschwerdeverfahrens sollen die Betreiber halbjährlich einen Bericht über den Umgang mit den Beschwerden veröffentlichen.

Etwaige Verstöße gegen die Vorschriften des Netzwerkdurchsetzungsgesetzes können mit einer Geldbuße von bis zu 5 Millionen Euro geahndet werden. Dennoch ist nicht auszuschließen, dass sich durch die Anwendung des Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten der Höchstbetrag verzehnfacht und im Worst-Case (theoretisch sogar) eine Buße von rund 50 Millionen Euro droht, welche sicherlich auch Internetriesen wie Facebook schmerzen würde.

Relevanz für Unternehmen

Das NetzDG ist keinesfalls nur für Privatpersonen relevant. Auch Unternehmen sind regelmäßig mit rechtswidrigen Inhalten im Internet konfrontiert, welche häufig auch die Schwelle zur Strafbarkeit überschreiten und daher potentiell in den Anwendungsbereich des NetzDG fallen.

Unternehmen hatten bis dato oftmals Schwierigkeiten, effizient gegen rechtswidrige Inhalte wie zum Beispiel negative Kommentare vorzugehen. Die Einleitung eines gerichtlichen Verfahrens zieht sich oft über Monate, da die meisten Anbieter sozialer Netzwerke keinen deutschen Sitz haben und daher einstweilige Verfügungen zeit- und kostenaufwendig im Ausland zugestellt werden müssen. Die Forderung nach einem effizienten Vorgehen entspringt daneben auch der Schnelllebigkeit und der territorialen Unabhängigkeit des Internets. Betroffene Unternehmen können sich mit dem NetzDG nun direkt an die Betreiber der sozialen Netzwerke wenden. Wenn das NetzDG wie gewünscht funktioniert, können Unternehmen dann mit einer Löschung innerhalb von 24 Stunden bis zu 7 Tagen rechnen.

Ebenfalls erleichtert wird die Pflichtenerfüllung seitens der Arbeitgeber, wenn diese im Rahmen der Fürsorgepflicht gegenüber den Arbeitnehmern gegen rechtswidrige Inhalte zum Nachteil der Arbeitnehmer vorgehen müssen. So kann ggf. eine Handlungspflicht des Arbeitgebers bestehen, gegen beleidigende Äußerungen zum Nachteil der Mitarbeiter durch Dritte vorzugehen. So sehen sich etwa Versicherungen, Banken oder auch Finanzämter immer wieder mit Fällen konfrontiert, in denen Mitarbeiter namentlich und in strafbarer Weise (z. B. Beleidigungen) im Netz angegriffen werden. Arbeitgeber könnten dann ab dem 1. Oktober 2017 auch im Rahmen des NetzDG gegen Äußerungen von Dritten im Internet vorgehen, wenn sich diese gegen die Arbeitnehmer richten. Somit bleibt ihnen ggf. der manchmal langwierige und kostenintensivere gerichtliche Weg erspart.

Kritik

Noch steckt das Gesetz, die Umsetzung und das Verfahren in den Kinderschuhen. Personen, die zur Überprüfung der Rechtswidrigkeit der Inhalte eingesetzt werden, sind wohl in den wenigstens Fällen Juristen, die damit vertraut sind, eine Strafbarkeit festzustellen. Somit ist anfangs damit zu rechnen, dass die Betreiber viele Inhalte im Zweifelsfall sperren oder löschen werden, um drohenden Bußgeldern zu entkommen. Der Deutsche Anwaltverein stellt hier in Aussicht, dass es dadurch zu einer Unterdrückung rechtmäßiger Meinungsäußerungen kommen kann.

Ein weiterer Kritikpunkt ist, dass privaten Stellen hier die Aufgabe des Staates aufgetragen wird, Kommentare nach Straftatbeständen zu untersuchen und das in kürzester Zeit. Auch ist ein Eingriff in die unternehmerische Freiheit anzunehmen, denn hier wird durch die gesetzliche Regelung das vertraglich und privatrechtlich geschützte Verhältnis zwischen Nutzer und Netzwerkbetreiber übergangen.

Da sich die Kritik insbesondere in der Anwaltschaft und bei den Verfassungsrechtlern häuft, ist zum Zeitpunkt des in Kraft treten mit Klagen gegen das NetzDG zu rechnen, welche das Gesetz auch zum Teil verwerfen könnten. Denn das Gesetz wird von vielen Stellen als überflüssig angesehen. Zur Bekämpfung rechtswidriger Inhalte steht in Deutschland das Zivil- und Strafrecht vollumfänglich bereit. Es wird auf Grundlage des deutschen Rechtsystems nur gefordert, dass das Vorgehen gegen Facebook, Twitter & Co schneller und effizienter ausgestaltet werden soll. Dennoch ist es mühsam und zeitaufwendig, ein gerichtliches Verfahren gegen diese Netzwerkbetreiber, welche meist ihren Sitz im Ausland haben, anzustrengen. Inwieweit das Gesetz in seiner jetzigen Form in Zukunft Bestand haben wird, zeigt sich daher ab Anfang Oktober.

Gleichwohl bietet es sicherlich eine elegante Möglichkeit, gegen unerwünschte Inhalte im Netz vorzugehen.

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