03.07.2016Fachbeitrag

Update Compliance 12/2016

Das neue Marktmissbrauchsrecht ist in Kraft!

Am heutigen 3. Juli 2016 tritt das neue Marktmissbrauchsrecht in Kraft. Es verlangt Unternehmen teilweise erhebliche Ergänzungen der internen Compliance ab. Das betrifft nicht nur börsennotierte Firmen. Zudem sind die Sanktionen gegen Einzelpersonen und Unternehmen z. T. erheblich verschärft worden. Und die BaFin erhält zusätzlich zu ihren bisherigen Aufsichtsbefugnissen nun auch Kompetenzen zur Ermittlung von Straftaten, z. B. zur Beschlagnahme von Beweisen und zum Einfrieren von Vermögen.

Die wesentlichen Vorschriften finden sich nunmehr nicht mehr im Wertpapierhandelsgesetz (WpHG), sondern in der EU-Marktmissbrauchsverordnung (MAR), die seit heute unmittelbar in den EU-Mitgliedstaaten gilt. Das WpHG enthält weiterhin flankierende Normen. Teilweise weitet das WpHG den Anwendungsbereicht der MAR für Deutschland auf. Deshalb müssen die Rechtsanwender MAR und WpHG "nebeneinander" lesen und erfassen.

Wesentliche Neuerungen ergeben sich im Hinblick auf folgende Themenkreise:

  • Ad hoc-Mitteilungspflicht
  • Mitteilung von director's dealings
  • Führen von Insiderlisten
  • Handelsverbote für Aktien und Anleihen

Die Straf- und Bußgeldnormen sind auch fortan in den §§ 38, 39 WpHG geregelt - mangels Rechtsetzungskompetenz der EU auf dem Gebiet des Strafrechts verbleiben die strafrechtlichen Regelungen im deutschen Recht. Die durchaus konkreten Vorgaben der Marktmissbrauchsrichtlinie, abschreckende und angemessene Sanktionen zu schaffen, hat der deutsche Gesetzgeber teilweise sogar übererfüllt:

  • Bis zu fünf Jahre Freiheitsstrafe drohen bei vorsätzlicher Marktmanipulation und vorsätzlichem Insiderhandel - nicht nur für den sog. "Primärinsider".
  • Bei betriebsbezogenen Marktmissbrauch kann zudem das Unternehmen bebußt werden: Die Geldbuße kann bis zu 15 Mio. EUR oder - je nach dem, was höher ist - bis zu 15% des Vorjahreskonzernumsatzes.
  • "Kapitalmarktprofis", u.a. Mitarbeiter von Börsen oder der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht, und bandenmäßig oder gewerbsmäßig vorgehenden Tätern droht sogar eine Mindestfreiheitsstrafe von 1 Jahr.
  • Verstöße von Melde- und Mitteilungspflichten, aber auch der Verstoß gegen die Pflicht zum Führen von Insiderlisten werden empfindlich bebußt.
  • Schließlich veröffentlicht die BaFin Maßnahmen und Sanktionen auf ihrer Website.

Schließlich erhält die BaFin weitergehende Eingriffsbefugnisse, die nicht - wie bisher - nur aufsichtsrechtliche Maßnahmen umfassen, sondern auch repressive Ermittlungen. Steht bereits ein Verdacht des Marktmissbrauchs im Raum (z. B. Marktmanipulation durch unterlassene Ad hoc-Mitteilung wie derzeit in der Causa Volkswagen; vgl. dazu DIE ZEIT, Ausgabe 28 v. 30.06.2016), ist die BaFin zukünftig auch als Strafverfolgungsbehörde tätig. Sie darf - jeweils mit Gerichtsbeschluss - nicht nur Beweisgegenstände beschlagnahmen lassen, sondern auch Vermögenswerte einfrieren lassen.

Eine ausführlichere Zusammenfassung der wesentlichen Änderungen finden Sie in unserem Update Nr. 1/2016.

Praxishinweis

Unternehmensleiter und Syndizi müssen spätestens jetzt die MAR studieren, um zu überprüfen, ob die unternehmensinternen Abläufe zur Erfüllung der gesetzlichen Transparenzregeln (Ad hoc-Mitteilungspflicht, Mitteilung von director's dealings, Stimmrechtsveränderungen), Beachtung von Handelsverboten oder -einschränkungen sowie Vermeidung (vielleicht auch nur versehentlich) marktmanipulativen Verhaltens dem neuen Recht entsprechen. Wichtig ist, dass nicht nur börsennotierte Unternehmen betroffen sind, sondern etwa auch Externe, die mit Insiderinformationen in Berührung kommen.

Besonders zu beachten ist, dass das WpHG den Anwendungsbereich der MAR für Deutschland teilweise erweitert, etwa den Kreis der einzubeziehenden Finanzinstrumente.

Besteht der Verdacht des Marktmissbrauchs und erscheint die BaFin zu Prüfungszwecken, ist zu beachten, dass die BaFin als Strafverfolgungsbehörde tätig wird. Sie ist damit - jedenfalls nach deutschem Recht - unter dem Regime des Strafprozessrechts tätig. Obwohl hier die Einzelheiten noch nicht diskutiert, geschweige denn geklärt sind, gelten hier andere Grundsätze als im Aufsichtsrecht mit seinen zahlreichen Mitwirkungspflichten. Es empfiehlt sich, einen Reaktionsplan für die strafprozessuale Durchsuchungen aufzustellen, damit in diesem frühen Stadium des Ermittlungsverfahren keine falschen Weichenstellungen vorgenommen werden - wenn auch nur aus "gutem Willen".

Dass der europäische Gesetzgeber sich der Marktmissbrauchsregulierung angenommen hat, hat seine Ursache in den Finanzskandalen und Bankenkrisen der Vergangenheit. Die Finanzmarktaufsicht ist schon zuletzt immer strenger geworden, und es ist zu erwarten, dass sie noch enger wird.

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