27.06.2014Fachbeitrag

Update Immobilien&Bau 9/2014

Erforderlichkeit einer Abmahnung im Rahmen von § 543 Abs. 2 Nr. 3 BGB (Zahlungsverzug)

Wird die Ausnahme zur Regel? - Erforderlichkeit einer Abmahnung im Rahmen von § 543 Abs. 2 Nr. 3 BGB (Zahlungsverzug)

OLG Hamburg, Urteil vom 27.06.2014 – Az.: 8 U 24/14

Die Klägerin hat gegenüber dem beklagten Gewerberaum-mieter eine außerordentliche fristlose Kündigung nach § 543 Abs. 2 Nr. 3 lit. a und b BGB ausgesprochen und auf Räumung geklagt. Hintergrund der Kündigung war die Ausübung einer Verlängerungsoption durch den anwaltlich vertretenen Mieter, welche nach dem Vertrag mit einer Anpassung der Miete verbunden war. Da die Parteien sich vor Beginn der Optionsperiode (01.01.2013) nicht über die angepasste Miete einigen konnten, wurde ein Schiedsgutachten nach Maßgabe der vertraglichen Regelung eingeholt. Das Schiedsgutachten wurde knapp fünfeinhalb Monate nach Beginn der Options-mietzeit den Parteien zugestellt und hat die Miete ab Beginn der Optionsperiode um 30 % erhöht. Der Mieter wurde anwaltlich gegenüber seinen Anwalt zur Zahlung der sechs rückständigen Mieterhöhungsbeträge und zur Zahlung der er-höhten Miete ab Juli 2013 aufgefordert. Der Mieter ließ durch seinen Anwalt die Überprüfung des Schiedsgutachtens mitteilen und bat um Fristverlängerung. Die Vermieterin antwortete mit einer erneuten Fristsetzung und der Ankündigung, sich al-le Rechte bei nicht fristgerechter Zahlung vorzubehalten. Nachdem der Mieter insgesamt für acht Mietzahlungstermine den Betrag der Mieterhöhung nicht entrichtet hat und damit sowohl die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 Nr. 3 lit. a als auch lit. b BGB vorlagen, kündigte die Vermieterin fristlos. Landgericht und Hans. OLG (8. Zivilsenat) Hamburg wiesen die Räumungsklage ab.

Entscheidung

Sowohl das Landgericht als auch das Hanseatische Oberlandesgericht hielten eine vorherige Abmahnung - obwohl diese in § 543 BGB nicht vorgesehen ist - für erforderlich. Beide begründeten, dass ausnahmsweise eine qualifizierte Abmahnung erforderlich gewesen sei, da die Kündigung ohne Ab-mahnung überraschend und rechtsmissbräuchlich sei. Eine Abmahnung trotz Vorliegens der Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 Nr. 3 BGB sei dann erforderlich, wenn ein besonders gelagerter Ausnahmefall vorliegt. Ein solcher könne, einerseits dann angenommen werden, wenn eine Kündigung auf-grund einer rückwirkenden Vereinbarung einer Mieterhöhung und dem Zahlungsverzug des Mieters wegen der Mietrück-stände aus der Rückwirkung erfolgt oder wenn das Mietverhältnis bereits sehr lange andauert, der Mieter überwiegend pünktlich bezahlt hat und die Aussicht besteht, dass die nun-mehr aufgetretenen Zahlungsprobleme alsbald behoben wer-den. Das Hans. OLG Hamburg berief sich zudem auf die Entscheidung des OLG Hamm vom 24.04.1998 – 33 U 97/97 (WuM 1998, 485), wonach eine vorherige Abmahnung zu fordern ist, wenn der Zahlungsrückstand für den Vermieter er-sichtlich auf einem Versehen beruht. Beide Gerichte sahen in dem vorliegenden Sachverhalt einen besonders gelagerten Ausnahmefall, aufgrund der „rückwirkenden“ Mieterhöhung und des langen und bisher beanstandungsfrei verlaufenden Mietverhältnisses.

Praxishinweis

Das Urteil des OLG Hamburg ist rechtskräftig ergangen. Die Revision wurde nicht zugelassen und es wurde keine Nichtzulassungsbeschwerde eingelegt. Für die Vermieter ergibt sich daraus die Konsequenz, dass sie zukünftig auch bei Vorliegen der tatbestandlichen Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 Nr. 3 BGB stets genau prüfen, ob ein besonders gelagerter Ausnahmefall vorliegt und vorsorglich abzumahnen. Eine weitere Empfehlung ist, dem Vermieter bereits bei Vertrags-schluss zu empfehlen, die Erforderlichkeit einer Abmahnung in derartigen Fällen vertraglich auszuschließen. Vorsicht ist auch bei der konkreten Wortwahl der Abmahnung geboten, denn der schriftliche Hinweis, dass man sich „alle Rechte“ vorbehält, soll nach Auffassung des Hans. OLG zu ungenau sein und warne auch den anwaltlich vertretenen Mieter nicht ausreichend vor möglichen Konsequenzen.

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