15.05.2017Fachbeitrag

Update Restrukturierung Nr. 1

Erleichterung der Bewältigung von Konzerninsolvenzen

Der Bundestag hat am 13. April 2017 ein Gesetz zur Erleichterung der Bewältigung von Konzerninsolvenzen beschlossen, das am 21. April 2018 in Kraft treten wird und für alle nach diesem Zeitpunkt beantragten Insolvenzverfahren gelten wird. Gegenstand ist die künftig erleichterte Koordinierung von gleichzeitigen Insolvenzverfahren mehrerer Gesellschaften einer Unternehmensgruppe.

Grundsatz auch im Konzern: Eine Gesellschaft – ein Insolvenzverfahren

Die Insolvenzordnung (InsO) sieht bislang kein einheitliches oder zusammenhängendes Verfahren für eine Gesamtheit oder Mehrheit von Gesellschaften einer Unternehmensgruppe vor. Nach der Konzeption des deutschen Insolvenzrechts folgt aus der Insolvenzfähigkeit einzelner juristischer Personen und Personengesellschaften stets die isolierte insolvenzrechtliche Behandlung jeder einzelnen Gesellschaft. So sind für jeden einzelnen Insolvenzschuldner ein eigenes Insolvenzverfahren durchzuführen und der jeweils zuständige Insolvenzgerichtsstand zu ermitteln.

Bislang: Einheitliche „Konzernsanierung“ nahezu unmöglich


Dieser Grundsatz hat in der Vergangenheit vor allem die Sanierung gruppenangehöriger Gesellschaften bzw. ganzer Konzerne erschwert. Eine einheitliche Verfahrensabwicklung und eine „Konzernsanierung“ war dadurch in Fällen, in denen für jede Konzerngesellschaft jeweils ein anderes Insolvenzgericht zuständig war und jeweils andere Insolvenzverwalter bestellt wurden, die – den Anforderungen der InsO folgend – stets jeder im Sinne „ihrer“ Gläubiger agieren mussten, kaum möglich. Das ist seit vielen Jahren aus der Praxis zu Recht angemahnt und im politischen Prozess auf nationaler und europäischer Ebene lange diskutiert worden. So lag der erste Regierungsentwurf für ein solches Gesetz schon seit Anfang 2014 vor.

Neuregelungen im Überblick

Das jetzt beschlossenen Gesetz sieht bei Konzerninsolvenzen unter anderem folgende Neuerungen vor:

  • Einführung eines Gruppen-Gerichtsstandes für Konzerngesellschaften, unabhängig vom originären Gerichtsstand im Einzelfall
  • Möglichkeit der einheitlichen Bestellung eines Insolvenzverwalters für mehrere oder alle Gesellschaften einer Unternehmensgruppe
  • Verpflichtung von unterschiedlichen Verwaltern/Gerichten/Gläubigerausschüssen von Gruppengesellschaften zur Zusammenarbeit
  • Einführung eines „Koordinationsverfahrens“, eines „Verfahrenskoordinators“ und eines „Koordinationsplans“ bei der Bestellung unterschiedlicher Insolvenzverwalter

Praxishinweise

Die gesetzlichen Neuregelungen heben zwar das Prinzip „Eine Gesellschaft – ein Verfahren“ nicht auf, werden aber die Abwicklung von Konzerninsolvenzen und vor allem die Konzernsanierung erleichtern und planbarer machen.

In der Vergangenheit zu beobachtende Maßnahmen vor Antragstellung zur Begründung einer einheitlichen gerichtlichen Zuständigkeit für die Konzernunternehmen (z.B. durch Sitzverlegung oder Bestimmung des Ortes der unternehmerischen Leitentscheidungen) werden zukünftig wegen der neu eingeführten Verfahrenskonzentration nicht mehr notwendig sein.

Die Insolvenzordnung sieht künftig erstmals ausdrücklich die Möglichkeit vor, in Insolvenzverfahren mehrerer gruppenangehöriger Gesellschaften einen einheitlichen Insolvenzverwalter zu bestellen, sowie die Verpflichtung mehrerer beteiligter Insolvenzgerichte, sich zu dieser Frage abzustimmen. Zugleich stellt der Gesetzgeber klar, dass die jeweils beteiligten Gläubiger bei der Verwalterbestellung „mitreden“ können. In der Praxis wird dadurch die Bestellung eines einheitlichen Insolvenzverwalters gerade bei einer geplanten Konzernsanierung vermutlich der Regelfall werden, wenn zur Beseitigung möglicher Interessenkonflikte (z.B. wegen gruppeninterner Streitigkeiten) die Bestellung eines Sonderinsolvenzverwalters ausreicht.

In Fällen, in denen mehrere Insolvenzverwalter für verschiedene gruppenangehörige Gesellschaften bestellt werden, sieht das Gesetz künftig die Möglichkeit vor, einen sog. Verfahrenskoordinator zu bestellen, dessen Aufgabe darin besteht, für eine abgestimmte Abwicklung der Verfahren zu sorgen, soweit dies im Interesse der Gläubiger liegt. Zu diesem Zweck kann er künftig einen sog. Koordinationsplan vorlegen, über den u.a. gruppeninterne Streitigkeiten oder Vereinbarungen zwischen den Insolvenzverwaltern der verschiedenen Gruppengesellschaften einheitlich und verbindlich geregelt werden können. Ob die Gerichte hiervon häufig Gebrauch machen oder aus Kostengründen absehen werden, bleibt abzuwarten und wird in der Regel von Inhalt und Reichweite der geplanten Konzernsanierung abhängen.

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