14.02.2014Fachbeitrag

Update Compliance 165

EU-Parlament beschließt weitere Strafschärfung für Kapitalmarktstraftaten

Das EU-Parlament hat in seiner Plenartagung am 4. Februar 2014 beschlossen, die Strafen für Insiderhandel, Marktmanipulation und Manipulationen von Referenzzinssätzen empfindlich zu verschärfen. Für besonders schwere Fälle soll eine Mindestfreiheitsstrafe von vier Jahren verhängt werden können. Die vom EU-Parlament beschlossenen Vorschriften müssen noch von den Mitgliedstaaten angenommen werden.

Zu den Verstößen auf dem Gebiet der Marktmanipulation, für die eine mindestens vierjährige Haftstrafe in Frage kommt, zählen der Abschluss eines Geschäfts oder die Erteilung eines Handelsauftrags mit falschen oder irreführenden Signalen über das Angebot von Finanzinstrumenten, die Nachfrage danach oder ihren Kurs, oder die Bereitstellung falscher oder irreführender Ausgangsdaten, durch die die Berechnung eines Referenzzinssatzes manipuliert wird, wie beispielsweise der LIBOR (London Interbank Offered Rate) oder der EURIBOR (Euro Interbank Offered Rate).

Bei Verstößen auf dem Gebiet des Insiderhandels sollen Mindesthaftstrafen von vier Jahren verhängt werden, wenn Insider-Informationen genutzt werden, um Finanzinstrumente zu kaufen oder zu verkaufen, oder zur Änderung oder Stornierung eines Auftrags.

Den Mitgliedstaaten steht es frei, noch schärfere Strafen einzuführen oder beizubehalten als jene, die durch die neuen Vorschriften festgelegt werden.

Hintergrund: Der LIBOR-Skandal

Die „London Interbank Offered Rate“ (LIBOR) ist der täglich festgesetzte Referenzzinssatz im Interbankengeschäft. Er bestimmt, zu welchem Zinssatz Banken am Markt Gelder von anderen Banken aufnehmen bzw. angeboten bekommen. Er ist maßgeblich für Folgegeschäfte, z. B. den Darlehenszinssatz bei Krediten an die Wirtschaft. Im sog. LIBOR-Skandal 2012/13 haben u.a. diesen Referenzzinssatz manipuliert: Der LIBOR bildete so nicht die Marktlage ab, sondern war erfunden.

Die nächsten Schritte

Der Europäische Rat muss die Vorschriften noch formell verabschieden. Bei ihm handelt es sich um das Gremium der Staats- und Regierungschefs der Europäischen Union. Nach Verabschiedung durch den Rat haben die Mitgliedstaaten 24 Monate Zeit, die Vorschläge in ihr nationales Recht umzusetzen.

Praxishinweis
 
Nach deutschem Recht können Marktmanipulation und Insiderhandel derzeit mit Geld- oder Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren bestraft werden. Ein Mindeststrafmaß ist im Bereich der wertpapierhandelsgesetzlichen Straftaten nicht definiert; das allgemeine Mindeststrafmaß liegt bei einer Geldstrafe von 5 Tagessätzen (§ 40 StGB), regelmäßig also etwa fünf Nettotagesgehältern. Die Umsetzung des EU-Parlamentsbeschlusses würde hier zu einer erheblichen Verschiebung des Strafrahmens führen. Mindestfreiheitsstrafen existieren nach geltendem Recht nur bei schweren Wirtschaftsdelikten, etwa Betrug oder Untreue in einem besonders schweren Fall. Die Mindeststrafe liegt hier bei sechs Monaten Freiheitsstrafe. Die Vollstreckung einer bis zu zweijährigen Freiheitsstrafe kann nach deutschem Recht zur Bewährung ausgesetzt werden. Die Aussetzung zur Bewährung wäre also in den oben genannten Marktmanipulations- und Insiderfällen nicht mehr möglich.

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