Mit unserem Update Kapitalmarktrecht Nr. 037 vom 31. Juli 2020 hatten wir bereits darüber berichtet, dass der europäische Gesetzgeber plant, Unternehmen zur Überwindung der Auswirkungen der Corona-Krise vorübergehend die Eigenkapitalaufnahme zu erleichtern. Zu diesem Zweck soll es Emittenten, deren Aktien bereits seit 18 Monaten zum Handel auf einem regulierten Markt zugelassen sind oder an einem KMU-Wachstumsmarkt (in Deutschland ist dies derzeit nur das Scale-Segment der Deutschen Börse in Frankfurt) gehandelt werden, vorübergehend möglich sein, für eine Aktienemission statt eines vollständigen, lediglich einen verkürzten Prospekt („EU-Recovery Prospectus“ „Wie-deraufbauprospekt“) im Umfang von 30 Seiten zu veröffentlichen. Mit diesem Update geben wir Ihnen einen Überblick über den aktuellen Stand des Gesetzgebungsverfahrens.
Das EU-Parlament hat sich am 19. November 2020 mit der Angelegenheit befasst und folgende wesentlichen Änderungen verabschiedet, auf deren Grundlage ein kurzfristiges Inkrafttreten der geplanten Regelungen denkbar ist:
Für die Praxis stellt unseres Erachtens einzig die Einführung des Erfordernisses der Angaben zur Kapitalisierung und Verschuldung eine bedeutsame Änderung für die Emittenten dar. Denn die Beibringung dieser Zahlen kann für die Emittenten oftmals praktisch aufwändig und damit zeitintensiv sein. Alle weiteren Änderungen erscheinen dagegen letztlich überschaubar und sollten die Erstellung eines Wiederaufbauprospekts im Vergleich zum Vorschlag der EU-Kommission nicht wesentlich komplexer machen.
Die von dem EU-Parlament verabschiedete Fassung wird nunmehr dem EU-Rat vorgelegt. Sollte der EU-Rat der Version des Parlaments zustimmen, treten die Regelungen in Kraft. Sollte der EU-Rat weitere Änderungen anregen, muss sich das Parlament in einer zweiten Lesung hierüber beraten und erneut abstimmen.
Es ist geplant, dass sich der Rat noch im Dezember mit der Angelegenheit befassen soll. Vor dem Hintergrund, dass dem Rat der ursprüngliche Vorschlag der EU-Kommission bereits seit dem 24. Juli 2020 vorliegt und sich die von dem EU-Parlament vorgenommenen Änderungen in Grenzen halten, erscheint unseres Erachtens eine kurzfristige Entscheidung des EU-Rats und damit ein zeitnahes Inkrafttreten der Regelungen zumindest denkbar.
Wir werden Sie über den weiteren Verlauf des Verfahrens informieren.