01.05.2014Fachbeitrag

Newsletter Gesellschaftsrecht Mai 2014

Grundsätze der wirtschaftlichen Neugründung greifen auch in der Liquidation einer GmbH

BGH ZIP 2014, 418 ff.

Zur Gewährleistung eines effektiven Rechtsschutzes wendet der BGH in ständiger Rechtsprechung die bei Gründung einer GmbH geltenden Kapitalaufbringungsvorschriften auch auf die Verwendung von Mantelgesellschaften mbH an. In einer aktuellen Entscheidung wird diese Rechtsprechung auf die Wiederbelebung von Liquidationsgesellschaften ausgeweitet.

Bei Gründung einer GmbH darf die Anmeldung der Gesellschaft zum Handelsregister gemäß § 7 Abs. 2 GmbHG zum Schutz der Gläubiger erst erfolgen, wenn auf jeden Geschäftsanteil, soweit nicht Sacheinlagen vereinbart sind, ein Viertel des Nennbetrags eingezahlt ist. Insgesamt muss auf das Stammkapital so viel eingezahlt sein, dass die Einlagen einschließlich geleisteter Sacheinlagen die Hälfte des Mindestkapitals von EUR 25.000 (§ 5 Abs. 1 GmbHG) erreichen. In der Handelsregisteranmeldung haben die Geschäftsführer gemäß § 8 Abs. 2 GmbHG zu versichern, dass die entsprechenden Leistungen erbracht sind und sich in der freien Verfügung der Geschäftsführer befinden. Im Falle falscher Angaben haften die Gesellschafter und die Geschäftsführer aus § 9a GmbHG auf fehlende Einlagen.

Wirtschaftliche Neugründung bei Mantelverwendung

Sowohl bei der Verwendung einer Vorratsgesellschaft als auch bei der Wiederbelebung einer durch das Einschlafen-lassen des Geschäftsbetriebs zur leeren Hülse gewordenen Mantelgesellschaft besteht die Gefahr einer Umgehung der Gründungsvorschriften und damit eines wirksamen Gläubigerschutzes. In ständiger Rechtsprechung betrachtet der BGH diese Fälle der Mantelverwendung daher als wirtschaftliche Neugründung. Auf diese sind zur Gewährleistung der Kapitalausstattung der GmbH die Gründungsvorschriften des GmbHG einschließlich der registergerichtlichen Kontrolle entsprechend anzuwenden. Die Tatsache der Wiederverwendung eines zwischenzeitlich leer gewordenen Gesellschaftsmantels ist mit der Versicherung gemäß § 8 Abs. 2 GmbHG gegenüber dem Registergericht offenzulegen. Die reale Kapitalaufbringung wird durch entsprechende Anwendung der Unterbilanzhaftung sichergestellt (BGHZ 153, 158 ff.; 155, 318 ff.).

Maßgeblicher Zeitpunkt für die Unterbilanzhaftung ist derjenige der Abgabe der Versicherung nach § 8 Abs. 2 GmbHG (BGH a.a.O.). Mit anderen Worten wird geprüft, ob im Zeitpunkt der Handelsregisteranmeldung das Stammkapital wie angegeben vorhanden ist. Wird die wirtschaftliche Neugründung nicht offengelegt, so ist für die Unterbilanzhaftung derjenige Zeitpunkt maßgeblich, zu dem die wirtschaftliche Neugründung entweder durch die Anmeldung der Satzungsänderungen (meist Änderung von Firma und/oder Unternehmensgegenstand in Anpassung an das künftige Geschäft) oder durch die Aufnahme der wirtschaftlichen Tätigkeit erstmals nach außen in Erscheinung tritt (BGHZ 192, 341 Tz. 19 ff). Ein später erwerbender Gesellschafter haftet nach § 16 Abs. 2 GmbHG (BGH aaO Tz. 29 ff. zu § 16 Abs. 3 GmbH a.F.).

Wirtschaftliche Neugründung auch in der Liquidationsphase

Das KG hat diese Grundsätze der wirtschaftlichen Neugründung auf die Liquidationsphase einer GmbH erstreckt (KG ZIP 2012, 1864). Es betrachtet damit auch die Wiederbelebung einer in Liquidation befindlichen Gesellschaft als wirtschaftliche Neugründung, auf welche die Gründungsvorschriften des GmbHG Anwendung finden. Voraussetzung einer Unterbilanzhaftung wegen unterlassener Offenlegung sei, dass die Gesellschaft kein aktives Unternehmen mehr betreibt. Das sei so lange nicht der Fall, wie die Gesellschaft noch mit der Abwicklung ihres Geschäftsbetriebes befasst sei.

Der BGH bestätigt dies nunmehr in einem Versäumnisurteil vom 10. Dezember 2013. Für die Liquidationsphase passt er gleichzeitig die Abgrenzungsgrundsätze zwischen wirtschaftlicher Neugründung und (bloßer) Umorganisation oder Sanierung an: Allein die mit der Fortführung beabsichtigte Zweckänderung von einer Abwicklungsgesellschaft zu einer werbenden Gesellschaft sei noch keine Neugründung. Vielmehr sei in der Abwicklungsphase darauf abzustellen, ob noch nennenswerte Liquidationsaufgaben i.S.v. § 70 GmbHG wahrgenommen werden oder ob die Abwicklung über längere Zeit bereits nicht mehr betrieben wurde. Erst in diesem Fall sei eine wirtschaftliche Neugründung mit der Folge der Anwendbarkeit der Gründungsvorschrift und einer entsprechenden Unterbilanzhaftung anzunehmen.

Fazit

Bei jeder Nutzung einer inaktiven GmbH ist zu prüfen, ob es sich unter Berücksichtigung der von der Rechtsprechung aufgestellten Kriterien um eine wirtschaftliche Neugründung handelt. Eine Haftung kann in diesem Fall nur durch Offenlegung gegenüber dem Registergericht und Feststellung des Vorhandenseins ausreichenden Eigenkapitals vermieden werden.

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