17.03.2020FachbeitragCorona

Sondernewsletter Corona-Virus

Haftet der Staat für Umsatzeinbußen infolge Maßnahmen gegen Covid-19?

Das Corona-Virus schadet nicht nur der Gesundheit, sondern auch dem Portemonnaie. Bei vielen Unternehmen und Arbeitnehmern führt es zu erheblichen finanziellen Einbußen. Für die mit dem Virus verbundenen Umsatzverluste können möglicherweise Versicherungen im Einzelfall einstehen. Hierzu informieren wir Sie an separater Stelle. Doch wie ist unabhängig davon mit den behördlich veranlassten, durch Berufs- und Veranstaltungsverbote bedingten Finanzeinbußen umzugehen? Muss der Staat für Schäden aufkommen, die durch seine Maßnahmen verursacht werden?

I.    Das allgemeine Staatshaftungsrecht

Das Staatshaftungsrecht unterscheidet grundlegend zwischen rechtswidrigem und rechtmäßigem Handeln. Dass der Staat für rechtswidrig verursachte Schäden einstehen muss, leuchtet ohne Weiteres ein. Im Falle von rechtmäßigem Handeln spricht man dagegen vom sog. „Sonderopfer“ des Bürgers: Kerngedanke ist hier dessen Aufopferung für die Gemeinschaft, die letztlich seine Entschädigung rechtfertigt.

Für „Corona-bedingte“ Verbote bedeutet dies zunächst, dass der Staat sich insoweit entschädigungspflichtig machen kann, als er Fehlentscheidungen trifft. Sollte die Behörde bei ihrer Entscheidung (Betriebsschließung, Berufsverbot, etc.) von einer falschen Tatsachengrundlage ausgehen oder ihr Ermessen fehlerhaft ausüben, könnte hieraus eine Entschädigungspflicht (sog. Amtshaftungsanspruch) entstehen. Wichtig ist hier, dass man die Fehler früh genug erkennt und sich gegen die Maßnahme zur Wehr setzt, da die Haftungsansprüche anderenfalls verloren gehen (sog. Vorrang des Primärrechtsschutzes vor dem Sekundärrechtsschutz: Kein „Dulde und liquidiere“!).

II.    Entschädigungstatbestände im Infektionsschutzgesetz (IfSG)

Daneben können aber auch rechtmäßige staatliche Entscheidungen Entschädigungspflichten auslösen. Das Infektionsschutzgesetz (IfSG) sieht für solche Fälle auf den ersten Blick spezielle Entschädigungsregelungen vor, weshalb auch viele (darunter auch staatliche) Informationsquellen auf diese Abfederungsmöglichkeiten hinweisen. Näher besehen dürfte ein Entschädigungsanspruch jedoch häufig scheitern.

Für die Entschädigung wegen Betriebs- und Veranstaltungsverboten ist § 65 IfSG die maßgebliche Norm. Demnach ist Entschädigung zunächst für Gegenstände zu leisten, die vernichtet, beschädigt oder in sonstiger Weise in ihrem Wert gemindert werden. Das dürfte aktuell auf die wenigsten Fälle zutreffen.

Interessant ist aber der Entschädigungstatbestand in § 65 Abs. 1 S. 1 Var. 4 IfSG für den Fall, dass „ein anderer nicht unwesentlicher Vermögensnachteil verursacht wird“. Hierunter können durchaus auch Nachteile fallen, die bspw. infolge von Betriebs- und Veranstaltungsverboten entstehen.

Problematisch ist, dass das Gesetz für die Entschädigung eine Maßnahme nach § 16 IfSG voraussetzt. Dabei handelt es sich jedoch nicht um die einzige Norm, die den Behörden derartige Befugnisse verleiht. Neben § 16 IfSG, der zu Verhütungsmaßnahmen ermächtigt, bietet nämlich auch § 28 IfSG eine Ermächtigungsgrundlage für Schutzmaßnahmen. Beide Befugnisnormen können Betriebsschließungen und Veranstaltungsverbote rechtfertigen; die Abgrenzung, welche der Normen zum Zuge kommt, kann im Einzelfall sehr schwierig sein: Wann dient eine Maßnahme noch der Verhütung, wann schon dem Schutz?

Man wird trefflich darüber streiten können, auf welche Ermächtigungsgrundlage die aktuellen Verbote richtigerweise gestützt werden müssten. Möglicherweise wird sich bald auch die Frage stellen, ob – über den Gesetzeswortlaut hinausgehend – nicht auch Maßnahmen nach § 28 IfSG Entschädigungspflichten auslösen müssten: Ein Sonderopfer wird dem Betroffenen ja so oder so abverlangt, gleich ob sein Schaden aus einer Verhütungs- oder einer Schutzmaßnahme resultiert. Diese Fragen wird letztlich die Rechtsprechung verbindlich zu klären haben, sofern der Staat sich nicht kulant zeigen wird, was er aber sicher nicht in jedem Fall tun wird, schon aus fiskalischen Gründen.

Dass sich in diesem Punkt selbst die Behörden bedeckt halten, zeigt beispielsweise die Allgemeinverfügung zur Untersagung von Veranstaltungen in Kultur-, Sport- und Freizeitstätten und von Versammlungen sowie des Betriebs von Gastronomiebetrieben der Stadt Stuttgart vom 13. März 2020, die auf „§§ 28 Abs. 1 S. 2, 16 Abs. 1 Infektionsschutzgesetzt (IfSG), 49 ff. des Polizeigesetzes Baden-Württemberg (PolG)“, d.h. auf beide Befugnisnormen gestützt wurde. Die etwas später verkündete Rechtsverordnung der Landesregierung Baden-Württemberg über infektionsschützende Maßnahmen gegen die Ausbreitung des Virus SARS-Cov-2 vom 16. März 2020 („Corona-VO“) stellt dagegen nur auf § 28 IfSG ab – nach dem Gesagten aus gutem Grund.

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