30.04.2016Fachbeitrag

Newsletter Arbeitsrecht Mai 2016

Inhaltskontrolle einer befristeten Übertragung höherwertiger Tätigkeiten

BAG, Urteil vom 7.10.2015 – 7 AZR 945/13

Das BAG hat entschieden, dass die befristete Übertragung einer höherwertigen Tätigkeit allein der Inhaltskontrolle nach § 307 Abs. 1 BGB unterliegt. Bestätigt hat das BAG erneut die gefestigte höchstrichterliche Rechtsprechung, wonach die Befristung einzelner Vertragsbedingungen nicht an dem Maßstab des § 14 TzBfG zu messen ist. Die dort genannten Sachgründe können die Interessenabwägung nach § 307 Abs. 1 BGB jedoch beeinflussen. Die Klägerin verlangte von ihrem Arbeitgeber die Weiterbeschäftigung als 1. (Solo-)Fagottistin. Sie war in der Fagottgruppe des Orchesters der Beklagten zunächst als Stellvertretende (Solo-) Fagottistin tätig. Als solche erhielt sie ein Grundgehalt sowie eine Tätigkeitszulage in Höhe von € 304,24 brutto monatlich.

Im Jahr 2008 erkrankte der bisherige 1. (Solo-)Fagottist dauerhaft. Die Parteien vereinbarten daher am 9. Oktober 2008, der Klägerin die Position „interimsweise“ „bis zur Genesung des Stelleninhabers, längstens aber bis zum 30. Juli 2009“ zu übertragen. Die Klägerin erhielt hierfür eine erhöhte Zulage von € 608,49 brutto monatlich. Die Position als 1. (Solo-)Fagottist wurde seit September 2009 ausgeschrieben, aber erst im September 2012 wieder besetzt. In der Zwischenzeit hatten die Parteien die Übertragung der höherwertigen Position immer wieder, jeweils befristet, zuletzt bis zum 9. September 2012, vereinbart.

Die auf Weiterbeschäftigung gerichtete Klage war in allen Instanzen erfolglos. Die Befristung der höherwertigen Tätigkeiten ist nach Ansicht der Instanzen wirksam. Insbesondere hält sie der Inhaltskontrolle nach § 307 Abs. 1 BGB stand.

Keine unmittelbare Geltung der §§ 14 ff. TzBfG bei Befristung einzelner Vertragsbedingungen

Zunächst bestätigte das BAG seine bisherige Rechtsprechung, wonach die Befristung einzelner Vertragsbedingungen nicht der Kontrolle nach §§ 14 ff. TzBfG unterliegt. Diese finden nur bei Befristung des gesamten Arbeitsverhältnisses Anwendung. Die Befristung einzelner Arbeitsbedingungen ist vielmehr allein anhand von § 307 Abs. 1 BGB zu überprüfen. Dieser verlangt für die Wirksamkeit der Befristung keinen Sachgrund, sondern ein Überwiegen der rechtlich anzuerkennenden Interessen des Arbeitgebers gegenüber jenen des Arbeitnehmers. Die Sachgründe aus § 14 TzBfG können sich jedoch in der Interessenabwägung zugunsten des Arbeitgebers auswirken.

Wertungen der §§ 14 ff. BGB greifen im Rahmen der Inhaltskontrolle nach § 307 Abs. 1 BGB

Ausnahmsweise fordert die Rechtsprechung für die wirksame Befristung einzelner Vertragsbedingungen dennoch einen Umstand, der die Befristung eines Arbeitsverhältnisses  insgesamt rechtfertigen würde. Dies hatte das BAG etwa bei einer erheblichen Aufstockung der Arbeitszeit entschieden (vgl. BAG vom 15.12.2011 – 7 AZR 394/10). Eine erhebliche Erhöhung der Arbeitszeit sei mit einer erheblichen Erhöhung der Vergütung verbunden. Sozialpolitischer Zweck des Teilzeit- und Befristungsgesetzes sei es, das dauerhafte Einkommen des Arbeitnehmers zu sichern. Er passe seine Lebensumstände auch bei einer erheblich erhöhten Gehaltszahlung an. Der sozialpolitische Zweck des Teilzeit- und Befristungsrechts sei daher auch in der Interessenabwägung
des § 307 Abs. 1 BGB zu beachten.

Diese Ausnahme hat das BAG auf den hier vorgestellten Fall nicht uneingeschränkt übertragen. Es gebe gerade keine gesetzgeberische Wertung, die der Sicherung einer bestimmten hierarchischen Stellung dienen soll. Nur dann, wenn mit der befristeten Übertragung einer Position eine befristete und erhebliche Anhebung der Vergütung verbunden sei, greife die Wertung des Teilzeit- und Befristungsgesetzes ein. Nur dann sei im Rahmen der Interessenabwägung ein Umstand zu fordern, der einem Sachgrund nach § 14 TzBfG entspricht.

In dem hier vorgestellten Fall war die Vergütung durch die Übertragung der höherwertigen Position lediglich um 9 Prozent erhöht. Dies genügt nach Ansicht des BAG nicht für eine unangemessene Benachteiligung der Klägerin. Die Interessen des Arbeitgebers, der Klägerin die Position während der Suche nach einem neuen 1. (Solo-)Fagottisten nur befristet zu übertragen, überwiegen.

Fazit

Die befristete Übertragung einzelner Vertragsbedingungen – insbesondere die Übertragung einer höherwertigen Position – unterfällt nicht unmittelbar der Sachgrundkontrolle des § 14 TzBfG. Die Rechtsprechung verlangt vielmehr eine Interessenabwägung. Dabei wiegen die Interessen des Arbeitnehmers umso stärker, je mehr er seine Lebensplanung an die veränderten Bedingungen anpasst. Vor allem bei deutlich erhöhter Vergütung müssen auf Arbeitgeberseite erhebliche Interessen für die Befristung sprechen.

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