10.05.2017Fachbeitrag

Zuerst erschienen in ITRB 5/2017

IT-Beschaffungsprojekte: besondere Problemstellungen – Teil I

Outsourcing-Entscheidung, Ausschreibung und Verhandlung

von Dominik Eickemeier/Dr. Thomas Fischer/Dr. Lutz M. Keppeler/Thorsten Schulz/ Patrick Bartels

In vielen Unternehmen stellt sich irgendwann die Frage, ob Teile der IT-Infrastruktur weiter selbst betrieben werden können oder ob sie an einen IT-Dienstleister outgesourct werden sollen. Neben dem klassischen IT-Outsourcing, das häufig arbeitsrechtliche Probleme mit sich bringt, bietet der Markt mehr und mehr Lösungen an, bei denen das Unternehmen „Services“ flexibel nach Bedarf in Anspruch nehmen und bezahlen kann („Pay per Use“). Welches Modell das jeweils richtige ist, wie man den geeigneten Dienstleister findet und auf welche Besonderheiten bei der Vertragsgestaltung zu achten ist, will sorgfältig überlegt sein. Die Vereinbarung von End-to-End Service Levels, eines flexiblen Mengengerüsts und einer Service-Level-/Pönalen-Systematik sind für den Auftraggeber von ganz entscheidender Bedeutung, muss jedoch auch für den Dienstleister annehmbar sein. Bewährt und erforderlich ist hier das intensive und enge Zusammenwirken der IT-Abteilung des Unternehmens mit einer IT-Beratung und rechtlichen Beratern, um von Anfang an den Ausschreibungsprozess richtig aufzusetzen und die Verhandlungen zu einem erfolgreichen Abschluss zu führen.

Die Beitragsreihe greift wesentliche Aspekte dieses Wegs auf, weist auf Fallstricke hin und bietet Lösungsvorschläge an. Im ersten Teil stehen die Hintergründe der Entscheidung zu einem IT-Outsourcing im Vordergrund, die auch für einen Rechtsberater immer wichtiger werden. Zudem wird dargestellt, weshalb das Beschaffungsprojekt typischerweise in  Form eines Ausschreibungsverfahrens organisiert werden sollte.

I. Cloud-Lösungen für die IT-Infrastruktur

1. Handlungsdruck und Handlungsoptionen für IT-Entscheider

Die IT-Organisation von Unternehmen ist üblicherweise in zwei Hauptbereiche aufgeteilt: Geschäftsanwendungen und Infrastruktur. Für beide Bereiche bietet der wachsende Cloud-Markt Lösungen an.

a) Geschäftsanwendungen

Im Bereich Geschäftsanwendungen wird dafür gesorgt, dass eine integrierte Daten- und Softwarelandschaft für die Steuerung des Unternehmens und die Ausführung der Geschäftsprozesse zur Verfügung steht. Der Bereich ist stark in den operativen Geschäftsbetrieb integriert; seine Mitarbeiter nehmen meist Beratungs- oder Programmieraufgaben wahr, haben unternehmensindividuelle Prozesskenntnisse und sind beim Ausscheiden oft nicht leicht ersetzbar. Cloud-Lösungen für diesen Bereich sind vorwiegend Software- oder Plattform-Produkte: „Software as a Service“ (SaaS) und „Platform as a Service“ (PaaS), deren Anteil an der Leistungserbringung meist inkrementell wächst.

b) IT-Infrastruktur

All dies gilt nicht in gleicher Weise für den Bereich IT-Infrastruktur, der die Basis bereitstellt, auf der die Geschäftsanwendungen betrieben werden können. Hier werden Aufgaben bearbeitet, die keine spezifischen Unternehmenskenntnisse und wenig Interaktion mit den fachlichen Mitarbeitern erfordern: Rechenzentren, Netze, Kommunikation, stationäre und mobile IT-Geräte, Benutzerbetreuung, Datensicherheitstechnik. Auch für Infrastrukturleistungen besteht der wachsende Cloud-Markt der „Infrastructure as a Service“ (IaaS). Das Auslagern von Infrastrukturkomponenten ist allerdings anders als bei den Geschäftsanwendungen oft nicht in kleinen Schritten möglich und erfordert daher ein gut strukturiertes und geplantes Beschaffungsprojekt. Erfahrungen und Überlegungen, die die Autoren gemeinsam bei der Initiierung und Durchführung solcher Projekte gemacht haben, stehen im Mittelpunkt dieses Artikels.

c) Kostendruck bei gleichzeitig steigenden Anforderungen

Wenn diese Aufgabenfelder in einem Unternehmen über Jahre im Eigenbetrieb bei gleichzeitiger Kostenoptimierung bearbeitet wurden, spürt der IT-Leiter seit einiger Zeit einen erhöhten Handlungsdruck. Gestiegene Sicherheits- und Compliance-Anforderungen treffen häufig auf eine gewachsene Infrastruktur mit „Altlasten“ und nicht ausreichend professionalisiertem System-Management. Mit den dynamisch wachsenden technischen Anforderungen des digitalen Wandels muss die Infrastrukturabteilung auf einmal Schritt halten  können, obwohl sie eigentlich auf die Ausführung von Routinearbeiten ausgerichtet war. Viele IT-Leiter stehen somit vor der Entscheidung, ob sie durch stetiges Aufrüsten des Eigenbetriebs den steigenden Anforderungen begegnen oder durch Nutzung von Cloud-Angeboten die Lösung der Probleme extern beschaffen wollen.

2. Vorbereitung einer „Make-or-Buy“-Entscheidung

Für die richtige „Make-or-Buy“-Entscheidung in der ITInfrastruktur sind zahlreiche kritische Fragen zu beantworten, die im Folgenden (II.) erläutert werden. In besonders komplexen Einzelfällen kann sich im Rahmen der Prüfung der „Make-or-Buy“-Entscheidung eine detaillierte juristische Due-Diligence-Prüfung anbieten, die etwa gesellschaftsrechtliche, arbeitsrechtliche und vertragsrechtliche Fragen (insb. Kündbarkeit und Laufzeit von Verträgen mit bisherigen Anbietern, Nutzen bisher erworbener Softwarelizenzrechte) umfasst. Auf diese Aspekte der Vorabprüfung wird hier nicht weiter eingegangen (Hierzu etwa Bräutigam in Bräutigam, IT-Outsourcing und Cloud Computing, 3. Aufl. 2013, S. 860 ff. )

II. Umfang und Gestaltung von Infrastrukturleistungen für den Bezug aus der Cloud

1. Welche Leistungen eignen sich und wie sollten sie gruppiert oder gebündelt werden?

Einige deutsche Großunternehmen haben sich in den vergangen Jahren für ein vollständiges Outsourcing ihrer ITInfrastruktur entschieden. Verständlicherweise stehen andere Unternehmen – mit geringerer Einkaufsmacht gegenüber großen Cloud-Anbietern – solchen radikalen Maßnahmen zurückhaltend gegenüber. Aber auch für solche Unternehmen bieten sich Cloud-Lösungen an. Für diese erscheint es besonders vorteilhaft, mit den folgenden Leistungen zu beginnen und sie gebündelt als Leistungspaket auszulagern:

  • Zentrale und dezentrale Rechenleistungen
  • Vertragsmanagement mit WAN-Anbietern
  • Betrieb der Kommunikations- und Kollaborationsplattform mit Telefonie, E‑Mail-Postfächern, Bürosoftware, Web-Conferencing-Software, Content-Management-Systemen

Beraterhinweis

Die Bündelung hat für die Effizienz der eigenen IT-Organisation den Vorteil, dass die Klärung der Abhängigkeiten von möglichen Ursachen einer Störung zum Auftragnehmer verlagert wird. Ein weiterer Vorteil kann in der besseren Nachvollziehbarkeit der Servicequalität liegen. Mit der Verantwortung für das WAN wird der Übergabepunkt vom Rechenzentrum des Auftragnehmers zu den Betriebsstätten des Auftraggebers verschoben. Nicht zuletzt können sich kommerzielle Vorteile ergeben. Mit der Bündelung der Services in einem Vertrag treten Skaleneffekte für den Auftragnehmer auf, für die der Auftraggeber günstigere Preise verhandeln kann.

Den ganzen Beitrag lesen Sie im kostenfreien ITRB-Probeabo  oder im Berater-Modul IT-Recht des Verlags Dr. Otto Schmidt.

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