19.04.2016Fachbeitrag

Newsletter Arbeitsrecht Mai 2016

Keine betriebliche Übung bei Zigarettenpausen

LAG Nürnberg, Urteile vom 5.8.2015 – 2 Sa 132/15 und 5.11.2015 – 5 Sa 58/15 (rechtskräftig)

Arbeitnehmer, die ihren Arbeitsplatz zum Rauchen verlassen dürfen, ohne dass der Arbeitgeber die genaue Häufigkeit und Dauer der jeweiligen Pausen kennt, diese aber dennoch vergütet, können nicht darauf vertrauen, dass dies auch so bleibt. Ein Anspruch auf Vergütung aus betrieblicher Übung entsteht nicht.

Geklagt hatte ein rauchender Mitarbeiter, der seit Mai 1995 bei der Beklagten angestellt ist. Im Betrieb der Beklagten hatte sich über viele Jahre eingebürgert, dass die Beschäftigten zum Rauchen ihren Arbeitsplatz verlassen durften, ohne dabei am Zeiterfassungsgerät ein- oder ausstempeln zu müssen. Dementsprechend zog die Beklagte für diese Pausen auch keinen Lohn ab. Nach einigen Betriebsanweisungen zum Nichtraucherschutz trat am 1. Januar 2013 die „Betriebsvereinbarung über das Rauchen im Betrieb“ in Kraft. Diese führte u.a. die Verpflichtung ein, sich beim Entfernen vom Arbeitsplatz zum Rauchen am nächstgelegenen Zeiterfassungsgerät für die Dauer der Raucherpause aus- und wieder einzustempeln. Nachdem die Beklagte dem Kläger für Januar bis März 2013 insgesamt 878 Minuten für Raucherpausen von der Arbeitszeit abgezogen und nicht vergütet hatte, klagte dieser unter Berufung auf den Grundsatz der betrieblichen Übung auf Vergütung der ihm so entstandenen Fehlbeträge. Aus dem Verhalten der Beklagten habe er schließen dürfen, dass die Raucherpausen auch zukünftig weiter bezahlt würden. Schließlich sei ihm vor Januar 2013 noch kein Lohn abgezogen worden. Vielmehr habe die Beklagte Raucherpausen durch Fortzahlung der Vergütung gebilligt. Durch die ab Januar 2013 in Kraft getretene Betriebsvereinbarung sei der arbeitsvertragliche Anspruch aus betrieblicher Übung nicht wirksam abgeändert worden.

Kein hinreichend bestimmtes Leistungsangebot durch die Beklagte mangels Kenntnis über Häufigkeit und Dauer der Raucherpausen

Das LAG Nürnberg hat einen Anspruch aus betrieblicher Übung verneint. Die Mitarbeiter der Beklagten wussten, dass die Arbeitgeberin bis zum Inkrafttreten der „Betriebsvereinbarung- Rauchen“ keinen Überblick über Häufigkeit und Dauer der von den einzelnen Mitarbeitern genommenen Raucherpausen hatte und daher Einwendungen gegen Dauer und Häufigkeit nur schwer erheben bzw. bei einem Lohneinbehalt kaum würde nachweisen können. Fehle es an einer ausreichenden Kenntnis von einer betrieblichen Handhabung und ist dies den Arbeitnehmern erkennbar, könne nicht von einem hinreichend bestimmten Leistungsangebot durch den Arbeitgeber ausgegangen werden.

Kein schützenswertes Vertrauen der Mitarbeiter auf zukünftige Billigung bezahlter Raucherpausen

Angesichts des erheblichen Umfangs der eigenmächtigen Raucherpausen von 60 bis 80 Minuten täglich (!) durfte kein Mitarbeiter darauf vertrauen, dass die Beklagte bereit sei, für eine so lange Zeit der Nichtarbeit auch künftig Entgelt zu leisten. Nach Ansicht des LAG Nürnberg stehe nämlich die Bezahlung der Raucherpausen in keinem Zusammenhang mit der eigentlich zu vergütenden Arbeitsleistung. Im Gegenteil, der Kläger verlange, für die Nichtarbeit bezahlt zu werden. Ohne sonstige gesetzliche, tarifliche oder vertragliche Rechtsgrundlage seien aber ganz besondere Anhaltspunkte dafür erforderlich, um bei den Rauchern ein schützenswertes Vertrauen zu begründen, ohne jede Gegenleistung bezahlt zu werden. Darüber hinaus könnten Raucher auch deshalb nicht auf die Beibehaltung der Bezahlung der Raucherpausen vertrauen, da dies zu einer offensichtlichen Ungleichbehandlung der Nichtraucher führe. Denn diese müssten im Schnitt für das gleiche Entgelt über 10 Prozent mehr arbeiten als ihre rauchenden Kollegen, was für diese auch ohne Weiteres erkennbar sei.

Vor diesem Hintergrund habe der Kläger nicht davon ausgehen dürfen, dass dieser gleichheitswidrige Zustand künftig beibehalten werde bzw. auch künftig kein Lohnabzug für Raucherpausen vorgenommen werden würde.

Fazit

Die Entscheidung des LAG Nürnberg stellt klar, dass ungeregelte Raucherpausen keinen Anspruch aus betrieblicher Übung begründen. Aus der Tatsache, dass der Arbeitgeber über Jahre das Entgelt fortzahlt, ohne die genaue Dauer und Häufigkeit der jeweiligen Pausen zu kennen, können die Arbeitnehmer jedenfalls nicht schließen, dass der Arbeitgeber diese Praxis künftig so weiterführt.

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