10.03.2015Fachbeitrag

Newsletter Arbeitsrecht März 2015

Leistungsbeurteilung im Zeugnis

BAG, Urteil vom 18.11.2014, 9 AZR 584/13

Der Arbeitnehmer trägt in einem Zeugnisberichtigungsstreit die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass er „gute“ und nicht nur – wie vom Arbeitgeber bescheinigt – „befriedigende“ Leistungen erbracht hat.

Arbeitnehmer haben einen Anspruch darauf, dass ihnen in einem qualifizierten Arbeitszeugnis nach § 109 Satz 2 GewO eine abschließende Gesamtbeurteilung erteilt wird (BAG v. 14.10.2003 – 9 AZR 12/03). Für Personalverantwortliche ist diese Beurteilung häufig der alles und entscheidende Satz. Hierzu hat sich in der Praxis eine Notenskala entwickelt, die mit den folgenden Formulierungen ausgedrückt wird:

Verwendung der Formulierung „zu unserer vollen Zufriedenheit“

  • „stets zu unserer vollsten Zufriedenheit“ = Note 1
  • „stets zu unserer vollen Zufriedenheit“ = Note 2
  • „stets zu unserer Zufriedenheit“ = Note 3
  • „zu unserer Zufriedenheit“ = Note 4
  • „im Großen und Ganzen zu unserer Zufriedenheit“ = Note 5

Streitpunkt: Gesamtnote

Streiten sich Arbeitgeber und Arbeitnehmer über die Gesamtnote, stellt sich in einem Zeugnisberichtigungsrechtsstreit die Frage, wer welche Leistungsqualität zu beweisen hat.

Bundesarbeitsgericht

Das Bundesarbeitsgericht (BAG) geht dabei bislang pragmatisch vor. Als Mittel der Notenskala geht es von einer durchschnittlichen, d. h. befriedigenden Bewertung aus. Für eine schlechtere Bewertung („ausreichend“ oder „mangelhaft“) trage der Arbeitgeber, für eine bessere Bewertung („gut“ oder „sehr gut“) der Arbeitnehmer die Darlegungs- und Beweislast (BAG v. 14.10.2003 – 9 AZR 12/03).

Arbeitsgericht Berlin und LAG Berlin-Brandenburg

Im vorliegenden Fall hatten das ArbG Berlin und das LAG Berlin-Brandenburg diese Rechtsprechung durchbrochen, indem sie annahmen, „durchschnittlich“ sei im heutigen Wirtschaftsleben nicht mehr eine befriedigende, sondern eine gute Leistung. Dies bestätigten herangezogene Studien, nach denen fast 90 Prozent der untersuchten Arbeitszeugnisse die Gesamtbewertungen gut oder sehr gut aufwiesen. Folglich treffe den Arbeitgeber die Darlegungs- und Beweislast, wenn er eine befriedigende (= unterdurchschnittliche) Bewertung ausstellen wolle. Der Arbeitnehmer habe nur eine sehr gute Leistung zu beweisen.

BAG bestätigt bisherige Auffassung

Das BAG hat sich den Auffassungen der Vorinstanzen nicht angeschlossen und im Gegenteil seine bisherige Auffassung noch einmal bestätigt. „Durchschnittlich“ sei nach wie vor eine befriedigende und nicht eine gute Leistung. Es sei nicht auszuschließen, dass in die herangezogenen Studien Gefälligkeitszeugnisse eingeflossen sind. Das Arbeitszeugnis unterliege der Wahrheitspflicht. Es gebe keinen Anlass für eine Änderung der Grundsätze der Verteilung der Darlegungs- und Beweislast.

Fazit

Das BAG bestätigt seine bisherige Rechtsprechung. Der Arbeitgeber trägt die Darlegungs- und Beweislast für eine ausreichende oder mangelhafte und der Arbeitnehmer die Darlegungs- und Beweislast für eine gute oder sehr gute Gesamtbewertung.

Als PDF herunterladen

Ansprechpartner

Sie benutzen aktuell einen veralteten und nicht mehr unterstützten Browser (Internet-Explorer). Um Ihnen die beste Benutzererfahrung zu gewährleisten und mögliche Probleme zu ersparen, empfehlen wir Ihnen einen moderneren Browser zu benutzen.