03.03.2020PressemeldungenTicker

Musterfeststellungsklagen zu Zinsanpassung in Prämiensparverträgen

Die Verbraucherzentrale Sachsen hat in den letzten Monaten vor dem OLG Dresden Musterfeststellungsklagen gegen die Stadt- und Kreissparkasse Leipzig (Az. 5 MK 1/19), die Erzgebirgssparkasse (Az. 5 MK 2/19) und die Sparkasse Zwickau (Az. 5 MK 1/20) erhoben. Nachdem der BGH mit Urteil vom 14. Mai 2019, Az. XI ZR 345/18 (siehe unser Update Banking&Finance hierzu) die Voraussetzungen der bankseitigen Kündigung von Prämiensparverträgen geklärt hat, steht damit nunmehr die Zinsanpassung im Rahmen dieser Verträge auf dem Prüfstand.

Sachverhalt

Gegenstand der Musterfeststellungsklagen ist die Zinsanpassung im Rahmen der von den Sparkassen angebotenen Sparverträge „S-Prämiensparen flexibel“. Diese Sparverträge sehen eine variable Verzinsung der Spareinlage vor. Die vereinbarte anfängliche Verzinsung richtet sich nach dem Zeitpunkt des jeweiligen Vertragsschlusses. Eine ausdrückliche Zinsanpassungsklausel enthalten die Sparverträge nicht. Zusätzlich zu dem variablen Zins verpflichteten sich die Sparkassen vom 3. bis zum 15. Sparjahr zur Zahlung einer jährlich steigenden, auf die jeweilige Jahressparleistung bezogenen, verzinslichen „S-Prämie“. Gemäß der Rechtsprechung des BGH sind die Prämiensparverträge für die Sparer damit jederzeit kündbar, während für die Sparkassen bis zum Ablauf des 15. Sparjahres ein Kündigungsausschluss besteht.

Feststellungsziele

Mit den Musterfeststellungsklagen begehrt die Verbraucherzentrale die Feststellung, dass keine wirksamen Zinsanpassungsklauseln vereinbart worden seien. Darüber hinaus verlangt sie insbesondere die Feststellung, dass die Zinsanpassung auf der Grundlage des gleitenden Durchschnittswertes der letzten 10 Jahre des Referenzzinssatzes für Umlaufrenditen inländischer Inhaberschuldverschreibungen/Hypotheken-pfandbriefe mit einer garantierten Restlaufzeit von 10 Jahren erfolgen müsse, die Zinsanpassung relativ im Verhältnis zum anfänglich vereinbarten variablen Zinssatz vorzunehmen sei und die Zinsanpassung monatlich zu erfolgen habe.

Strenge Anforderungen an wirksame Zinsanpassungsklauseln

Im Hinblick auf die Frage der Wirksamkeit einer Zinsanpassungsklausel ist zwischen dem „Ob“ und dem „Wie“ der Zinsanpassung zu unterscheiden. Während das „Ob“ der Zinsanpassung, d.h. der variablen Verzinsung, als Hauptpreisabrede kontrollfrei ist, unterliegt das „Wie“, d.h. die Art und Weise, der Zinsanpassung der Inhaltskontrolle nach §§ 307 ff. BGB. Das in Zinsanpassungsklauseln liegenden einseitige Leistungsänderungsrecht der Sparkassen kann in Verbraucherverträgen gemäß § 308 Nr. 4 BGB nur dann wirksam vereinbart werden, wenn es unter Berücksichtigung der Interessen der Sparkassen für die Verbraucher zumutbar ist. Die Rechtsprechung verlangt daher ein hohes Mindestmaß an Kalkulierbarkeit möglicher Zinsänderungen (BGH, Urt. v. 14.03.2017 - XI ZR 508/15, Rz. 18 m.w.N.). Erforderlich sind ein aussagekräftiger Referenzwert, eine Festlegung zu Anpassungsschwellen und -intervall und die Wahrung des Äquivalenzprinzips. Danach darf das Grundgefüge des Sparvertrages durch die Zinsänderung nicht zu Gunsten des Finanzinstituts verändert werden, sondern muss insbesondere auch für die Kunden günstige Anpassungen vornehmen (BGH, Urt. v. 13.04.2010 - XI ZR 197/09, Rz. 26).

Ergänzende Vertragsauslegung bei unwirksamer Zinsänderungsklausel

Selbst die Unwirksamkeit einer Zinsanpassungsklausel führt allerdings nicht dazu, dass die vertraglich vereinbarte Zinsvariabilität entfällt. Vielmehr ist die dann bestehende Regelungslücke im Wege ergänzender Vertragsauslegung zu schließen (BGH, Urt. v. 14.03.2017 - XI ZR 508/15, Rz. 19). Als Anpassungsparameter werden insbesondere Laufzeit und Kündigungsfristen, die Ausgestaltung der Prämienregelung sowie das Bestehen einer Ansparverpflichtung gegenüber einer Einmaleinlage herangezogen. Bei den beschriebenen Prämiensparverträgen wird somit insbesondere zu berücksichtigen sein, dass diese für die Verbraucher jederzeit, für die Sparkassen erst nach Ablauf des 15. Sparjahres kündbar sind und die Verbraucher im Falle einer Kündigung die bereits vereinnahmten Prämien behalten dürfen. Hinweise, wie die Vertragslücke zu füllen ist, werden vom OLG Dresden in den anhängigen Musterfeststellungsklagen erwartet. Der erste Termin zur mündlichen Verhandlung ist am 22. April 2020.

BaFin sieht Handlungsbedarf

Die BaFin weist in Ihrer Februarausgabe des BaFin Journals darauf hin, dass betroffene Institute ihre Kunden von sich aus auf die Unwirksamkeit verwendeter Zinsanpassungsklauseln hinweisen und angemessene Lösungen unter Beachtung der vom BGH aufgestellten Grundsätze finden sollen. In der kommentarlosen Weiterverwendung unwirksamer Klauseln sieht die BaFin einen Missstand i.S.v. § 4 Abs. 1a S. 3 FinDAG, der sie zum Eingreifen berechtigt.

Fazit

Das OLG Dresden wird im Rahmen der anhängigen Musterfeststellungsklagen voraussichtlich Hinweise geben, wie die Zinsanpassung im Falle von unwirksamen Anpassungsklauseln in Prämiensparverträgen der beschriebenen Art zu erfolgen hat. Für Institute, die in der Vergangenheit Sparverträge mit unwirksamen Zinsanpassungsklauseln verwendet haben, besteht alledings unmittelbarer Handlungsbedarf, um eine Eingreifen der BaFin zu vermeiden.

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