03.03.2015Fachbeitrag

Newsletter Arbeitsrecht März 2015

Neue Gefahren beim Einsatz von Fremdpersonal

LAG Baden-Württemberg, Urteil vom 03.12.2014, Az. 4 Sa 41/14 und Urteil vom 18.12.2014, Az. 3 Sa 33/14

Bei Einsatz von Fremdpersonal werden häufig Dienst- oder Werkverträge mit Externen abgeschlossen. Zur Absicherung der Gestaltung verfügt der Externe über eine Genehmigung zur Arbeitnehmerüberlassung. Eben diese Absicherung scheint nun in Gefahr.

Das Landesarbeitsgericht (LAG) Baden-Württemberg hat die vorweihnachtliche Ruhe im Jahr 2014 durch einen Zwist zwischen zwei Kammern des LAG gestört. Die 4. Kammer hat eine in der Wirtschaft allgemein übliche Gestaltung für rechtsmissbräuchlich erklärt. In Fällen, in denen Fremdpersonal über Dienst- oder Werkverträge eingesetzt wird, verfügt der externe Dienstleister/Werkvertragspartner in aller Regel auch über eine Genehmigung zur Überlassung von Arbeitnehmern gemäß § 1 AÜG. Damit wird für den Fall Vorsorge getragen, dass einer der betroffenen Mitarbeiter, ein Sozialversicherungsträger oder aber die Agentur für Arbeit die Auffassung vertreten sollten, dass es sich bei dem konkreten Einsatz nicht um einen Dienst-/Werkvertrag, sondern dem Wesen nach um Arbeitnehmerüberlassung handelt. Die Genehmigung nach § 1 AÜG sorgt dann dafür, dass der betroffene Mitarbeiter nicht gemäß § 9 Abs. 1 AÜG kraft Gesetzes Mitarbeiter des Auftraggebers wird.

Paukenschlag in Stuttgart –Institutioneller Rechtsmissbrauch?

In dieser Gestaltung, die nicht zuletzt den rechtlichen Unsicherheiten im Hinblick auf den Umgang der Sozialversicherungsträger und der Arbeitsagentur mit der Definition von Dienst- und Werkverträgen als (unerlaubte) Arbeitnehmerüberlassung Rechnung trägt, sah die 4. Kammer des LAG in einer Entscheidung vom 3. Dezember 2014 (4 Sa 41/14) einen „institutionellen Rechtsmissbrauch“. Nach ihrer Auffassung kann sich auf den Schutz des § 1 AÜG nur derjenige berufen, der im Vertrag mit dem Auftraggeber das Vertragsverhältnis explizit als Arbeitnehmerüberlassung bezeichnet und dies sowohl in der Vertragsgestaltung mit dem Auftraggeber als auch dem Mitarbeiter wiederspiegelt. Zwar rechtfertige dieser institutionelle Rechtsmissbrauch an sich noch keine analoge Anwendung der Ausnahmevorschrift des § 9 AÜG, die zur Begründung eines Arbeitsverhältnisses mit dem Entleiher/Auftraggeber führt. Die 4. Kammer des LAG Baden-Württemberg vertritt allerdings die Auffassung, dass – wegen der fehlenden Transparenz gegenüber dem betroffenen Mitarbeiter – ein treuwidriges Verhalten vorliege, welches beiden beteiligten Unternehmen das Berufen auf die Arbeitnehmerüberlassungsgenehmigung verwehre.

Treuwidriges Verhalten

Die 4. Kammer des LAG Baden-Württemberg sah die Treuwidrigkeit darin begründet, dass der Vertragsarbeitgeber (Verleiher) im Anstellungsvertrag zwar auf die Anwendbarkeit eines Tarifvertrages für Zeitarbeitskräfte hingewiesen habe, jedoch die unzweideutige Verwendung von „Arbeitnehmerüberlassung“ vermieden habe. Auch sei in den Vereinbarungen zwischen Auftraggeber (Entleiher) und Dienstleister/Werkvertragspartner (Verleiher) den formellen Gesichtspunkten und Anforderungen von § 12 AÜG nicht Rechnung getragen worden. Der Auftraggeber (Entleiher) schließlich habe in seiner internen Organisation stets streng darauf geachtet, zwischen eigenen Stammarbeitnehmern und Fremdpersonal zu unterscheiden. Bei Sitzungen und bei Arbeitsplätzen sei dies jeweils entsprechend kenntlich gemacht worden. Überdies habe der Auftraggeber nach eigenem Bekunden ca. die Hälfte seines Arbeitsvolumens über externe Partner abgedeckt.

Gegenauffassung der 3. Kammer

Die 3. Kammer des LAG Baden-Württemberg hat am 18. Dezember 2014 (3 Sa 33/14) die gegensätzliche Auffassung vertreten. Im Anschluss an die BAG-Rechtsprechung aus dem Jahr 2013 vertritt die 3. Kammer die zutreffende Auffassung, dass wegen des Vorliegens einer Genehmigung zur Arbeitnehmerüberlassung die direkte Anwendung von § 9 AÜG ausgeschlossen sei und eine analoge Anwendung – mangels einer Regelungslücke – nicht zulässig sei. Auch über die Grundsätze des Rechtsmissbrauchs oder der Treuwidrigkeit nach § 242 BGB könne eine solche Auffassung nicht begründet werden.

Die 4. Kammer des LAG Baden-Württemberg hat immerhin die Revision gegen die eigene Entscheidung zugelassen. Es bleibt damit abzuwarten, ob das BAG bei seiner bisherigen Auffassung  bleibt oder sich der Auffassung der 4. Kammer des LAG Baden-Württembergs anschließt.

Fazit

Der Einsatz von Fremdpersonal wird zunehmend zur „gefahrgeneigten Tätigkeit“ für Arbeitgeber. Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales legt stetig neue Gesetzentwürfe zur Bekämpfung von Arbeitnehmerüberlassung und Werkverträgen vor. Auch die Landesarbeitsgerichte finden zunehmend Wege, die bestehenden Optionen einzudämmen. Begleitet wird dies durch Entscheidungen der Sozialversicherungsträger und Arbeitsagenturen, die ebenfalls darauf abzielen, Mitarbeiter wieder in den „ersten Arbeitsmarkt“ zu drängen. Es bleibt spannend und wir werden Sie weiterhin auf dem Laufenden halten.

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