08.04.2016Fachbeitrag

zuerst erschienen im Behörden Spiegel am 8. April 2016

Neues Bundesbreitbandförderprogramm

Erfahrungen aus der ersten Förderwelle

Die Bundesförderrichtlinie vom 22. Oktober 2015 bildet gemeinsam mit der NGA-Rahmenregelung (NGA-RR) vom 15. Juni 2015 die seit langer Zeit erwartete Novellierung des Förderrahmens des Bundes für den Breitbandausbau. Nun müssen die Förderregelungen den Praxistest bestehen und zeigen, ob die ambitionierten Förderziele der Bundesregierung, bis Ende 2018 möglichst flächendeckend Haushalte mit Breitbandanschlüssen von mindestens 50 Mbit/s im Download zu versorgen, erreicht werden können.

Auch wenn die Maßnahmen und Fördergrundlagen grundsätzlich sehr zu begrüßen sind, so ergeben sich in der praktischen Anwendung doch Problemfelder, welche die Kommunen vor nicht unerhebliche Hürden stellen, Fördergelder zu erlangen. Durch die Vorgaben steigen die nötigen Investitionen Schon die nach den Vorgaben der NGARR und der Bundesförderrichtlinie mit dem Ausbauprojekt zu erreichenden Bandbreiten sind unterschiedlich. Die Bundesförderrichtlinie setzt mit der Anforderung "50 Mbit/s für alle Haushalte im Projektgebiet" gegenüber den Vorgaben der NGA-RR sowohl an den flächenmäßig zu erreichenden Ausbaugrad als auch an die zu erzielenden Bandbreiten wesentlich höhere Anforderungen als die NGA-RR. Hier wurde bereits durch den Bundesverkehrsstaatssekretär Rainer Bomba am 13. Oktober 2015 nachgesteuert. Er stellte klar, dass eine Förderung gemäß dieser Richtlinie auch dann in Betracht kommt, wenn als Zwischenschritt auf der Grundlage einer NGA-Netzdetailplanung für 85 Prozent der Haushalte im Planungsgebiet zuverlässig Bandbreiten von mindestens 50 Mbit/s im Download gewährleistet werden, wobei erhebliche neue Investitionen im Erschließungsgebiet zu tätigen sind. Trotz der Abschwächung entspricht das noch immer nicht den geringeren Anforderungen aus § 2 Abs. 3 NGA-RR. Durch diese Vorgaben steigen für die Kommunen die erforderlichen Investitionen, wenn das Projekt förderfähig sein soll.

Förderregelung kritisch zu betrachten

Neben dieser grundsätzlichen Fragestellung und der Erfüllung der allgemeinen Förderfähigkeit ist das Scoring des Breitbandausbauprojekts entscheidend für den Erfolg der Antragstellung. Nur wer die maximale Punktzahl von 100 Punkten erzielt, hat sicher einen Anspruch auf Förderung. Sofern der Förderantrag beim Scoring nicht die maximale Punktzahl erreicht, steht der Antrag im unmittelbaren Wettbewerb zu den Förderanträgen anderer Gebietskörperschaften. Insofern kommt es also nicht nur auf ein gutes Scoring, sondern auch darauf an, wie viele Förderanträge gestellt werden. Das Scoring-Modell orientiert sich an den vier Kriterien Förderbedarf, Projekterfolg, effizienter Mitteleinsatz und Nachhaltigkeit. Die Erreichung der maximalen Punktzahl ist jedoch aufgrund der widersprüchlichen Detailvoraussetzungen der einzelnen Quadranten nicht möglich. In Anbetracht der Konkurrenz, in der die in einer Förderwelle gestellten Anträge zueinander stehen und der Tatsache, dass diese Konkurrenzsituation durch die Kommune selbst nicht beeinflusst werden kann, ist diese Form der Regelung durchaus kritisch zu sehen. Anträge müssen sich am Scoring-Modell ausrichten Die Auswertung der ersten Förderwelle mit Stichtag zum 31. Januar bestätigt das. Einerseits wurden 162 Förderanträge positiv beschieden und rund 300 Mio. Euro an Fördermitteln zugewiesen. Andererseits haben aber auch viele Kommunen keinen positiven Bescheid erhalten. Der Grund hierfür liegt zum einen in der - zumindest im Rahmen der ersten Förderwelle -unerwartet großen Konkurrenz, zum anderen aber auch an der nicht angemessenen Priorisierung der Geschwindigkeit der Antragstellung gegenüber der Qualität und Vorbereitung des Förderantrags. Wenn ein Breitbandausbauvorhaben und der zugrundeliegende Förderantrag nicht am Scoring-Modell ausgerichtet worden ist, sinken die Erfolgsaussichten eines positiven Bescheids erheblich. Gleichzeitig ist festzustellen, dass es in der Förderpraxis einen deutlichen Überhang des Wirtschaftlichkeitslückenmodells gegenüber dem Betreibermodell gibt. Das ist zum Teil sicher dem Streben nach Geschwindigkeit geschuldet, da das Wirtschaftlichkeitslückenmodell schneller zur Gesamtinbetriebnahme des NGA-Netzes führt. Zum anderen präferieren einige Kommunen das Wirtschaftlichkeitslückenmodell, da sie hiermit die wirtschaftlichen Risiken an den Realisierungspartner abgeben können. Gleichwohl hat das Betreibermodell auch Vorteile in Bezug auf einen weiteren Ausbau der Infrastruktur in die Zukunft. Für beide Modelle können im Einzelfall gute Gründe sprechen, wobei der Geschwindigkeitsvorteil des Wirtschaftlichkeitslückenmodells nicht überbewertet werden darf. Weiterhin offen ist, ob für den Ausbau zum NGA-Netz auch die Vectoring-Technik einbezogen werden kann. Klar istjedenfalls, dass die regulatorischen und beihilferechtlichen Rahmenbedingungen einzuhalten sind. Hiernach ist der Einsatz bislang nicht möglich. Gleichwohl ist deren Verwendung in § 7 Abs. 2 NGA-RR angelegt. Umfangreiche Anmerkungen in den Fußnoten der Rahmenregelung ergänzen diese Regelung und machen die Anwendung der Vectoring-Technologie im sogenannten "VULA"-Verfahren korrekterweise von der Genehmigung durch die Europäische Kommission abhängig. Wann hiermit zu rechnen ist, ist offen. Trotz vielfacher positiver Äußerungen gibt es seitens der Europäischen Kommission keine dies bestätigenden Signale. Dies stellt die Kommunen bei der Konzeptionierung ihrer Breitbandprojekte vor die Frage, wie man mit dieser Situation heute umgehen soll: Soll man im Rahmen der Ausschreibung Vectoring zulassen oder nicht? Insofern ist die Öffnungsklausel des § 7 Abs. 2 NGA-RR heute eher als ein Problem denn als eine Lösung anzusehen. Derzeit läuft die zweite Förderwelle des Bundesförderprogramms noch bis zum 9. April 2016. Der zweiten Förderwelle werden weitere folgen. Es gilt daher, auf Grundlage der aus der ersten Förderwelle gewonnenen Erfahrungen die richtigen Rückschlüsse zu ziehen. Dies gilt sowohl für die in den Startlöchern stehenden Breitbandprojekte als auch für die Bewilligungsbehörde in Berlin. Hier wird man sich fragen müssen, ob die Förderregeln und deren Administration richtig aufeinander abgestimmt sind oder ob man hier gegebenenfalls nachsteuern sollte, um die Förderziele zu erreichen. Markus Lennartz und Christian Miercke arbeiten als Rechtsanwälte bei Heuking Kühn Lüer Wojtek am Standort Frankfurt am Main. Die Autoren befassen sich während zweier Veranstaltungen unter dem Titel "Bundesförderrichtlinie - Erste Erfahrungen aus der Praxis" mit dem aktuellem Ausbau der Breitbandnetze. Die FührungskräfteForen finden am 12. Mai 2016 in Düsseldorf und am 19. Mai 2016 in Berlin statt. Weitere Informationen: www. fuehrungskraefte-forum.de

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