23.12.2016Fachbeitrag

Update Compliance 19/2016

OECD legt Studie zur Sanktionierung von Unternehmen vor

Die OECD hat eine umfangreiche neue Studie zur Regelung der Verantwortlichkeit juristischer Personen für Korruption in ihren Vertragsstaaten vorgelegt. Danach sieht die Mehrzahl der 41 OECD-Staaten die Möglichkeit der Sanktionierung von Unternehmen bei Korruption vor.

Die Studie legt dar, inwieweit die 41 Vertragsparteien ihren Verpflichtungen nachkommen und was sich seit der Unterzeichnung des Übereinkommens verändert hat. Inzwischen haben 40 der 41 Parteien des Übereinkommens Gesetze bezüglich der Verantwortlichkeit juristischen Personen seit der Unterzeichnung des Übereinkommens 1997 überhaupt erstmals erlassen (16 Staaten) oder schon bestehende Gesetze modernisiert. Lediglich Argentinien verfügt noch über keine entsprechende Vorschrift, arbeitet jedoch zurzeit an Gesetzesreformen.

Die Studie macht deutlich, dass nach wie vor erhebliche Unterschiede im Bereich der Ausgestaltung der Haftung juristischer Personen bestehen. 27 Vertragsstaaten stellen die Auslandsbestechung der Unternehmen tatsächlich unter Strafe, während die übrigen Staaten meist eine zivilrechtliche Haftung vorsehen. Zudem setzen nur wenige Staaten auf obligatorische Compliance- und Präventions-Pflichten, um der Haftung von Unternehmen vorzubeugen.

Hintergrund

Die OECD-Arbeitsgruppe für Korruption setzt seit der Verabschiedung des Antikorruptions-Übereinkommens im Jahr 1997 weltweit Maßstäbe für die Bekämpfung der Korruption im Ausland. Das Übereinkommen sieht vor, dass die Vertragsparteien Gesetze zur Regelung der Verantwortlichkeit juristischer Personen für Korruption erlassen oder bereits vorhandene Gesetze anpassen. Das Übereinkommen ist ein wesentliches Instrument zur weltweiten Eindämmung der internationalen Korruption. Die Arbeitsgruppe hat seither die Umsetzung der Konvention durch die Unterzeichnerstaaten überwacht. Viele der  41 Vertragsparteien haben wesentliche Änderungen an ihren Gesetzen vorgenommen, um den Standards des Übereinkommens gerecht zu werden.

Reformbestrebungen in Deutschland

In Deutschland hat im Lichte der großen Korruptionsskandale in der deutschen Industrie, der Finanzmarktkrise und zuletzt des VW-Abgasskandals (dazu Szesny, CB 2016, Seite I) und der Affäre um die Vergabe der Fußball-WM 2006 die Diskussion um die Einführung eines Unternehmensstrafrechts neuen Schub bekommen. Im Jahr 2013 hat das Land NRW den Diskussionsentwurf eines Verbandsstrafgesetzbuches vorgelegt. Nunmehr arbeitet das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz an einer Verschärfung des Unternehmenssanktionenrechts. Kern der Diskussion ist vor allem die Schaffung eines Strafrechts für Unternehmen, weil ein solches eine größere Abschreckungswirkung entfalte als das derzeit geltende System. Aktuell regelt § 30 des Ordnungswidrigkeitengesetzes die Sanktionierung von Unternehmen. Bis zu 10 Mio. EUR zzgl. Gewinnabschöpfung pro kann die Verbandsgeldbuße betragen - für jede einzelne Verfehlung einer Führungsperson des Unternehmens. Damit ist die Unternehmensgeldbuße nach deutschem Recht bereits heute ein äußerst scharfes Schwert.

Die Bundesrechtsanwaltskammer hat sich im Jahr 2013 gegen die Einführung eines Unternehmensstrafrechts ausgesprochen (BRAK-Stellungnahme Nr. 9/2013). Für ein Unternehmensstrafrecht bestehe  kein kriminalpolitisches und auch kein rechtliches Bedürfnis. Weder sei ein signifikanter Anstieg so genannter Unternehmenskriminalität zu verzeichnen noch würden in der Praxis Ungleichbehandlungen von Unternehmen in der Strafverfolgungspraxis deutlich, die aus dem Fehlen von schlagkräftigen Sanktionen resultieren könnten.

Praxishinweis

Die Verhängung von Unternehmensgeldbußen für rechtswidriges Verhalten von Mitarbeitern gehört inzwischen zum regelmäßig genutzten Sanktionsinstrument der Strafverfolgungsbehörden. Besonders häufig findet dies im Rahmen der (Unternehmens-) Steuerhinterziehung und der Korruption statt. Schon die derzeitige Regelung beinhaltet erhebliches wirtschaftliches Bedrohungspotential für Unternehmen: Bis zu 10 Mio. EUR pro Mitarbeiterstraftat zzgl. Gewinnabschöpfung sind ein existenzbedrohendes Szenario für jede Firma. Das Marktmissbrauchsrecht sieht für Kapitalmarktstraftaten noch schärfere Sanktionen vor (näher Szesny, Compliance Business 2/16, S. 13 ff. und DB 2016, 1420 ff.).

Schützen können sich Unternehmen dadurch, dass sie Mitarbeiterstraftaten so gut es geht verhindern: durch Risikoanalyse, Aufklärung, Schulung und nicht zuletzt Kontrolle. Mitarbeiter müssen wissen, wo steuerliche Fallen drohen, wie sie im Berater im Ausland einsetzen und überwachen müssen und wann die Schwelle zu illegalen Absprachen überschritten ist. Setzt sich ein Mitarbeiter bewusst über an sich wirksame unternehmensinterne Compliance-Regeln und Kontrollinstrumente hinweg, kommt eine Unternehmensgeldbuße nicht mehr in Betracht. Der altbekannte Satz "If you think Compliance is expensive, try non-Compliance" behält auch weiterhin seine Geltung.

Kommt es zu Strafverfahren gegen Mitarbeiter, sollte nicht nur diesen ein Verteidiger an die Seite gestellt werden. Unternehmen sind gut beraten, auch sich selbst gegen eine mögliche Unternehmenssanktion verteidigen zu lassen.

Als PDF herunterladen

Ansprechpartner

Sie benutzen aktuell einen veralteten und nicht mehr unterstützten Browser (Internet-Explorer). Um Ihnen die beste Benutzererfahrung zu gewährleisten und mögliche Probleme zu ersparen, empfehlen wir Ihnen einen moderneren Browser zu benutzen.