01.05.2014Fachbeitrag

Newsletter Gesellschaftsrecht Mai 2014

Pflichten des GmbH-Geschäftsführers in der insolvenzrechtlichen Krise

Erhöhte Anforderungen an die sekundäre Darlegungslast des GmbH-Geschäftsführers im Prozess bei der Überschuldung der Gesellschaft

BGH, Urteil vom 19.11.2013 – II ZR 229/11

In der finanziellen Krise der GmbH muss der GmbH-Geschäftsführer seine Pflichten im besonderen Maße erfüllen. Einfache Handlungen, das Hinauszögern erforderlicher Maßnahmen oder das Unterlassen gebotener Schritte können schnell zu einer persönlichen Haftung des Geschäftsführers und/oder dessen Strafbarkeit führen. Erhöhte Vorsicht und Kenntnis der eigenen Pflichten ist daher geboten.

Insolvenzantragspflichten des GmbH-Geschäftsführers

Im Fall der Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung einer GmbH muss der Geschäftsführer unverzüglich, spätestens aber nach drei Wochen einen Insolvenzantrag stellen, § 15a InsO. Die Höchstfrist von drei Wochen greift aber nur dann, wenn dies kein „schuldhaftes Zögern“ darstellt. Ist bereits vor Ablauf der drei Wochen Frist absehbar, dass eine Sanierung nicht zu erwarten ist, muss der Geschäftsführer bereits zuvor Insolvenzantrag stellen. Die Antragspflicht obliegt jedem einzelnen von mehreren Geschäftsführern unabhängig von den übrigen Geschäftsführern und ohne Rücksicht auf eine etwaige Ressortverteilung oder Geschäftsordnung innerhalb des Kollegialorgans. Jeder Geschäftsführer hat sich stets über die Finanzverhältnisse der GmbH zu informieren. Stellt ein Geschäftsführer den erforderlichen Eröffnungsantrag nicht, nicht richtig oder nicht rechtzeitig, ist dieser persönlich haftbar und kann strafrechtlich mit einer Freiheitsstrafe von bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft werden, § 15a Abs. 4 InsO.

Haftung für Zahlungen nach Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung

Nach Eintritt der Zahlungsunfähigkeit oder der Überschuldung dürfen zudem Auszahlungen aus dem Vermögen der GmbH nicht mehr erfolgen, es sei denn diese entsprechen der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns. Der Geschäftsführer einer GmbH haftet persönlich für den Ersatz von Zahlungen, die nach Eintritt der materiellen Insolvenzreife aus dem Gesellschaftsvermögen geleistet werden, § 64 GmbHG.

Überschuldung der Gesellschaft

Eine Überschuldung liegt gem. § 19 InsO vor, wenn das Vermögen der GmbH die bestehenden Verbindlichkeiten nicht mehr deckt, es sei denn, die Fortführung des Unternehmens ist überwiegend wahrscheinlich. Aufgrund der unterschiedlichen Zielrichtung wird die Überschuldung nicht nach den Regeln für die Handelsbilanz festgestellt, sondern lässt abweichende Bewertungsansätze und die Berücksichtigung stiller Reserven zu.
Nach der Rechtsprechung des BGH kommt der Handelsbilanz in einem Haftungsprozess gegen einen Geschäftsführer wegen Verstoßes gegen das Auszahlungsverbot gem. § 64 GmbHG aber eine indizielle Bedeutung für das Vorliegen einer Überschuldung zu (BGH GmbHR 2014, 258). Der Ausweis eines nicht von Eigenkapital gedeckten Fehlbetrages alleine genügt indes nicht. Vielmehr sind die Ansätze der Handelsbilanz darauf zu überprüfen und zu erläutern, ob und in welchem Umfang stille Reserven oder andere aus ihr nicht ersichtliche Vermögenswerte vorhanden sind. Der Insolvenzverwalter muss hierbei nicht jede denkbare Möglichkeit ausschließen. Es genügt, wenn dieser naheliegende Anhaltspunkte überprüft und die vom Geschäftsführer vorgebrachten Behauptungen widerlegt.

Sekundäre Darlegungslast des Geschäftsführers

Es obliegt dann dem beklagten Geschäftsführer im Rahmen seiner sekundären Darlegungspflicht vorzutragen, welche stillen Reserven oder sonstigen für eine Überschuldungsbilanz maßgeblichen Werte in der Handelsbilanz nicht abgebildet sind (BGH, aaO, ZIP 2009, 860). Nun hat der BGH seine diesbezügliche Rechtsprechung dahin konkretisiert, dass der Geschäftsführer seiner sekundären Darlegungslast nicht genügt, wenn er lediglich von der Handelsbilanz abweichende Werte behauptet. Vielmehr muss der Geschäftsführer substantiiert zu stillen Reserven oder sonstigen in der Handelsbilanz nicht abgebildeten Werten vortragen.

Dies entspricht der Darlegungs- und Beweislast in Haftungsprozessen gegen Geschäftsführer wegen der Verletzung von Geschäftsführungspflichten gem. § 43 Abs. 2 GmbHG. Auch hier genügt es, wenn die GmbH einen durch ein Geschäftsführerverhalten kausal verursachten Schaden darlegt. Es obliegt dann dem Geschäftsführer sich dahingehend zu exkulpieren, dass er keine Sorgfaltspflicht verletzt hat bzw. der Schaden auch bei sorgfaltspflichtgemäßen Alternativverhalten eingetreten wäre.

Fazit

Geschäftsführer sehen sich im Prozess mit einer immer höheren Darlegungslast konfrontiert, um den Nachweis einer fehlenden Überschuldung und eines pflichtgemäßen Verhaltens erbringen zu können. Für Geschäftsführer empfiehlt sich in der Krise der Gesellschaft entsprechend vorzubauen und etwa Finanz- und Ertragspläne zu erstellen. Die Feststellung der Überschuldung oder Zahlungsunfähigkeit erfordert zudem eine umfassende und vorausschauende Überwachung der finanziellen Verhältnisse der Gesellschaft. Nur hierdurch und durch die Einleitung der insolvenzrechtlich gebotenen Schritte kann der Geschäftsführer seine persönlichen Haftungsrisiken minimieren.

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