22.02.2017Fachbeitrag

zuerst erschienen in Unternehmeredition Spezial „Steuern & Recht“ 1/2017

Private Equity als Nachfolgeoption

Jeder sechste mittelständische Unternehmer in Deutschland plant, bis zum Jahr 2018 sein Unternehmen an einen Nachfolger zu übergeben oder zu verkaufen. Ein Private-Equity-Investor kann hier eine Option sein – vor allem, wenn es keinen Nachfolger in der Familie gibt.

Nach einer aktuellen Studie der KfW steht für 620.000 Unternehmen mit insgesamt etwa vier Millionen Beschäftigten bis zum nächsten Jahr die Nachfolgeplanung an. Fakt ist jedoch: Die Zahl der Gründer ist stark rückläufig und damit auch die Zahl derjenigen, die bereit sind, in Form einer sogenannten Übernahmegründung ein bestehendes Unternehmen zu übernehmen und weiterzuführen. Und: Mehr als ein Drittel der Unternehmen hat noch keine konkreten Pläne für die kommenden drei Jahre. Denn nicht immer findet der Generationenwechsel innerhalb der Familie statt – etwa wenn es in den Reihen der Familie keinen geeigneten Nachfolger gibt oder die junge Generation das Zepter nicht übernehmen will. Unternehmen sollten daher so früh wie möglich mit der Planung starten und dabei alle Optionen ins Auge fassen.

Nachfolgeoptionen außerhalb der Familie

Kommt eine familieninterne Nachfolgelösung nicht in Betracht, gibt es grundsätzlich drei Optionen:

  • Das Unternehmen wird durch das eigene Management (Management Buy-out oder kurz MBO genannt) oder durch ein Fremdmanagement (Management Buy-in oder kurz MBI genannt) fortgeführt;
  • Das Unternehmen wird an einen strategischen Investor verkauft (z.B. einen Wettbewerber);
  • Das Unternehmen wird an einen Private- Equity-Investor (nachfolgend: „PE-Investor“ genannt) verkauft.

Zeitliche Planung und Zukunftsfähigkeit: Kriterien für eine Beteiligung

Damit die Unternehmensnachfolge mit einem PE-Investor gelingt, ist zunächst ein ausreichender zeitlicher Vorlauf wichtig. Im Hinblick auf die konkrete Vorbereitung zeigen die Erfahrungen aus der Praxis, dass ein Zeitraum von mindestens drei Jahren vom Beginn der Planung bis zur vollständigen Umsetzung der Unternehmensnachfolge nötig ist. Innerhalb dieser Zeit sollte das Unternehmen auf die Nachfolgesituation vorbereitet werden. Es bietet sich an, sich von einem M&A-Spezialisten beraten zu lassen. Zudem sollte sich der Familienkreis des Alteigentümers einig sein, welche der drei oben genannten Optionen bei der Unternehmensnachfolge in Betracht kommt.

Wichtig ist darüber hinaus, dass das Unternehmen, das übergeben werden soll, zukunftsfähig ist. Das ist essentiell, damit das Unternehmen für eine Übernahme beziehungsweise Mehrheitsbeteiligung durch einen PE-Investor in Betracht kommt. Während Defizite hinsichtlich des Managements oder im Rahmen der Finanzierung des Unternehmens häufig mithilfe des PE-Investors überwunden werden können, muss das Unternehmen selbst in einer guten Ausgangslage sein – etwa hinsichtlich seiner Produkte oder seiner Wettbewerbssituation – und idealerweise über entsprechende Alleinstellungsmerkmale am Markt verfügen.

Um das Unternehmen für eine Prüfung durch einen PE-Investor fitzumachen, empfiehlt es sich daher, im Rahmen einer Verkäufer-Due-Diligence das Unternehmen auf mögliche Schwachstellen hin zu überprüfen. Diese können sowohl operativer, steuerlicher als auch rechtlicher Natur sein. Defizite, die vor Eintritt in die Vertragsverhandlungen behoben werden, können später nicht kaufpreismindernd ins Feld geführt werden.

Unternehmer kann nach Verkauf beteiligt bleiben

Entgegen der verbreiteten Annahme, dass nur große oder gar börsennotierte Unternehmen dafür in Betracht kommen, sind mittelständische Unternehmen mittlerweile eine wichtige Zielgruppe von Private Equity. Eine gewisse Mindestgröße ist jedoch erforderlich, damit die Gewinnerwartungen des PE-Investors auch erfüllt werden können. Die untere Umsatzgrenze, ab der eine Beteiligung durch einen PE-Investor  in Betracht kommt, verläuft dabei in der Regel zwischen 20-30 Mio. Euro. Häufig besteht für den Verkäufer auch die Möglichkeit, mit einer Minderheitsbeteiligung am Unternehmen beteiligt zu bleiben. Damit kann der Veräußerer häufig sogar selbst entscheiden, ob er nach der Übernahme weiter im Unternehmen engagiert bleiben möchte.

Fallbeispiel: Unternehmensnachfolge mit Private Equity

Wie die Struktur und der Ablauf einer Unternehmensnachfolgetransaktion im Mittelstand mit einem PE-Investor aussehen kann, lässt sich am besten anhand eines Beispiels zeigen: Ein mittelständisches Familienunternehmen zählte in seinem (regionalen) Markt zu den Marktführen und  wies seit Jahren eine stabile Umsatz- und Ertragslage aus. Im Rahmen eines strukturierten Verkaufsprozesses wurden neben strategischen Investoren auch Finanzinvestoren angesprochen. Die Familiengesellschafter haben sich schließlich bewusst für die Veräußerung an einen PE-Investor entschieden. Hierfür waren insbesondere zwei Gründe ausschlaggebend:

  • Der Investor hat den Erhalt des Unternehmens in seiner ursprünglichen Form zugesichert und weitere Wachstumsmöglichkeiten für das Unternehmen aufgezeigt.
  • Zudem sind die bisherigen Familiengesellschafter und Geschäftsführer in der Geschäftsführung geblieben und haben sich zu fünf Prozent an dem Unternehmen rückbeteiligt. Sie konnten weiter am Unternehmenserfolg partizipieren, operativ tätig bleiben und gleichzeitig ihr unternehmerisches Risiko begrenzen.

Zehn Schritte für die erfolgreiche Unternehmensübergabe

Die Gesamtdauer von der Investorenansprache bis zur Umsetzung belief sich im dargestellten Beispiel auf rund sechs Monate. In der Regel läuft eine solche Transaktion in den folgenden zehn Schritten ab, die je nach individueller Fallgestaltung auch variieren können.

  1. Ansprache möglicher Interessenten durch den M&A-Berater auf anonymer Basis
  2. Abschluss der Vertraulichkeitsvereinbarungen mit interessierten Bietern
  3. Abgabe erster indikativer Angebote durch die Bieter
  4. Durchführung der Unternehmensprüfung (Due Diligence) durch die Bieter
  5. Abgabe der bestätigten Angebote
  6. Vereinbarung einer Absichtserklärung mit den wesentlichen Eckdaten der Transaktion (Letter of Intent) mit dem favorisierten Bieter
  7. Entwurf der wesentlichen Vertragsdokumente (Kaufvertrag, Gesellschaftervereinbarung etc.) durch die Anwälte der Parteien
  8. Vertragsverhandlung der Parteien
  9. Unterzeichnung des Kaufvertrages nebst Begleitdokumenten
  10. Vollzug der Transaktion (Übertragung der Anteile gegen Kaufpreiszahlung)

Fazit

Durch die Finanzbeteiligung eines PE-Investors entstehen für das Unternehmen häufig neue Entwicklungsmöglichkeiten, die ohne die Mittel des Investors in der bisherigen Gesellschafterstruktur häufig nicht bestehen würden. Die Zeit vom Beginn der Planung bis zur vollständigen Umsetzung sollten Unternehmer unbedingt nutzen, um sich auf die Übergabe des Staffelstabs vorzubereiten. Eine  rechtzeige Weichenstellung, auch innerhalb der Unternehmerfamilie, ist auf jeden Fall mitentscheidend für den Erfolg der Transaktion.

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