15.06.2018Fachbeitrag

Newsletter Health Care, Pharma & Life Sciences 2/2018

Prüfung von Risiken beim Kauf von Pharma- und Health Care Unternehmen

Besondere Due Diligence zur Ermittlung von Compliance- und technischen Risiken

Ausgelaufene Patente, nicht erkannte Compliancemängel, ein verborgen gebliebener Modernisierungs- oder Instandhaltungsbedarf oder auch fehlerhaft eingeschätzte Prozessrisiken können jeden Unternehmenskauf in ein Fiasko stürzen. Im Pharma-, Medizinprodukte- und Health Care-Markt braucht es außerdem fachlich spezialisierte Vorkehrungen, um die ganz besonderen Risiken eines pharmazeutischen Herstellers, eines Medizinprodukteunternehmens oder einer medizinischen Einrichtung vorab aufzudecken und bei der Ausgestaltung der angestrebten Unternehmenstransaktion zu berücksichtigen.  

Erfahrene Berater in den für einen Unternehmenskauf relevanten Fachgebieten kennen diese besonderen Anforderungen. Spezialisten aus allen relevanten Bereichen sind daher regelmäßig Teil des Transaktionsteams.

Die Sorgfaltspflichten eines Kaufinteressenten beim Aufspüren von Transaktionsrisiken („Due Diligence“) sind gesetzlich nicht geregelt, sondern folgen in der Praxis einem eingespielten Prozess. Sie sind das Gegenstück zu den Offenlegungspflichten des Verkäufers. Allerdings entlasten die eigenen Untersuchungen des Kaufinteressenten in der Regel nicht den Verkäufer von der Pflicht zur vollständigen und wahrheitsgemäßen Information über das Kaufobjekt - es sei denn, im Transaktionsvertrag wäre ausdrücklich etwas anderes vereinbart. Gerade weil aber der Grad der Informations- und Offenbarungspflicht des Verkäufers im Einzelfall schwer feststellbar ist und auch streitig werden kann, sind sorgfältige eigene Recherchen des Kaufinteressenten das Gebot der Stunde vor jeder M&A Transaktion.

Ein vollständiger Due Diligence-Fragenkatalog des Kaufinteressenten ist dazu unverzichtbar. Er muss mit dem Fachwissen eines im Pharma- oder Medizinproduktebereich erfahrenen Anwalts ausgearbeitet werden.

Due Diligence-Fragenkatalog und seine Themen

Zu den üblichen Themen des Fragenkatalogs gehören in diesem Zusammenhang – neben den Standardthemen einer jeden Due Diligence-Untersuchung – unter anderem auch folgende Spezialbereiche im Pharma-, Medizinprodukte und Health Care-Sektor:

  • die arzneimittelrechtliche Herstellererlaubnis, die Marktzulassung, die Marktfähigkeit von Medizinprodukten und die erforderlichen Betriebserlaubnisse von medizinischen Einrichtungen; dazu auch eventuell anhängige Verwaltungs- oder Gerichtsverfahren;
  • die Einhaltung der Good Manufacturing Practices (GMP-Richtlinien) und der Zustand der Produktions- und Dienstleistungsanlagen;
  • die Sicherheit von produzierten Arzneimitteln oder Medizinprodukten, insbesondere also die Ergebnisse der Pharmakovigilanz, mithin der systematischen Überwachung der Sicherheit eines Fertigarzneimittels oder Medizinprodukts, um unerwünschte Wirkungen zu entdecken und Maßnahmen zur Risikominimierung ergreifen zu können;
  • der Stand der nationalen und internationalen Herstellungs- und Vertriebslizenzen und des bestehenden und geplanten Vertriebsapparats;
  • die arzneimittelrechtliche und krankenhausrechtliche Preisgestaltung, insbesondere also die Klärung, ob ein Arzneimittel einer Festbetragsregelung unterliegt oder in Zukunft unterliegen kann, ebenso die Leistungsvergütungen von Health Care Leistungen;
  • nicht zuletzt können auch Fragen der Heilmittelwerbung, der Marketingpraxis und der Zusammenarbeit zwischen Herstellern, Ärzten und medizinischen Einrichtungen eine Rolle spielen.

Technology Due Diligence

Die Technology Due Diligence ist bei der Übernahme eines Pharma- oder Medizinprodukteherstellers wie einer medizinischen Einrichtung unverzichtbar. Sie konzentriert sich auf die laufenden und geplanten Produktionsverfahren und Betrieblichen Abläufe, angewandte Technologien und Software, das Qualitäts- und Risikomanagement, notwendige Nutzungslizenzen, die benötigten und die selbst gehaltenen gewerblichen Schutzrechte wie Patente, Marken, Gebrauchs- und Geschmacksmuster, und nicht zuletzt zum Beispiel die zulassungspflichtigen Arzneimittelverpackungen, die Fachinformationen und Patienteninformationen. Die Due Diligence hat sich auf die Dokumentation zu allen relevanten Themen zu erstrecken.

Gestaltung des Unternehmenskaufs

Sind die sich aus dem Due Diligence Report ergebenden Sachfragen geklärt, steht die Gestaltung des Unternehmenskaufvertrages an, sei es als Anteilskauf (Share Deal) oder als Anlagenkauf (Asset Deal).

Gewährleistungen und Garantien

Wesentlicher Bestandteil des Kaufvertrages sind im Hinblick auf erkannte oder nicht erkannte Risiken die Gewährleistungen und Garantien des Käufers.

Neben immer verhandelten Garantien zu sicherheitsrelevanten Fragen spielen bei vielen Unternehmenskäufen im Pharma- und Health Care-Bereich auch Garantien zu Inhalten und Ergebnissen klinischer und sonstiger Studien eine Rolle, zum Stand von Forschungsprojekten und zur Dienstleistungs- und Produktplanung.

Kaufpreisfindung und -verhandlung

Nach Abwägung aller Risiken und Chancen steht die Kaufpreisfindung an, insbesondere auch die Verhandlung von Kaufpreisanpassungsklauseln, mit welchen die Auswirkungen zukünftiger Unternehmensentwicklungen am Kaufpreis abgebildet werden.

Die Kaufpreisfindung und -anpassung ist gerade in Zeiten der aktuellen Übernahmewelle besonders wichtig, um ein Projekt nicht als Seifenblase an einer schlechten Überraschung scheitern zu lassen. Die Kosten von Forschung und Entwicklung gilt es ebenso zu beurteilen wie die Nachhaltigkeit der vorgestellten Planungen im Bereich Human Resources und der Produktionsmittel (Anlagen, Laboratorien, Computersysteme, IT).

Fazit

M&A-Beratung im Pharma- und Medizinproduktesektor wie auch im Health Care-Bereich setzt neben umfassender Transaktionserfahrung in Fragen der zivilrechtlichen Vertragsgestaltung vor allem auch pharma- und medizinprodukterechtliche Fachkenntnis und Erfahrung bei der Beratung von Gesundheitsdienstleistern voraus. Due Diligence-Ergebnisse müssen fachlich richtig und gründlich ausgewertet werden, damit sie für alle Produkt- und Dienstleistungsbereiche des Käufers und Verkäufers lückenlos in den Kaufvertrag einfließen können.

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