09.04.2020FachbeitragCorona

Sondernewsletter Corona-Virus

Rechtliche Auswirkungen des Corona-Virus im Überblick

Auf unserer Themenseite finden Sie weitere, täglich aktualisierte Hinweise zur Corona-Krise.
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Das COVID-19-Virus (umgangssprachlich „Corona-Virus“) hat weltweite Auswirkungen auf die Geschäftstätigkeit von Unternehmen, insbesondere auf Lieferketten und das Arbeits- und Versicherungsrecht. Zudem stellt sich die Frage, welche Maßnahmen die zuständigen Behörden anordnen dürfen, um eine Ausbreitung des Corona-Virus zu vermeiden bzw. einzudämmen.

A.    Auswirkungen auf Lieferketten und Handlungsempfehlungen

  1.  „Höhere Gewalt“ wird nach deutschem Recht durch drei zu erfüllende Merkmale gekennzeichnet: Unvorhersehbarkeit, Unvermeidbarkeit und Außergewöhnlichkeit. Diese Merkmale könnten z.B. vorliegen, wenn ein Zulieferer von einer behördlichen Schließung direkt betroffen ist oder es nahe einem behördlich angeordneten Quarantäne-Gebiet ansässig ist und seine Mitarbeiter überwiegend aus einem Quarantänegebiet stammen. Beruft sich ein Zulieferer wegen ausbleibender oder verspäteter Lieferung auf höhere Gewalt, sollte die Berechtigung dieses Einwands anhand von Nachweisen und Informationen über mögliche alternative Produktionsquellen geprüft werden.  
  2. Das Vorliegen höherer Gewalt kann nach deutschem Recht (vgl. § 275 BGB) – unabhängig von vertraglichen Regelungen in den Zulieferverträgen – zu einer (vorübergehenden) Unmöglichkeit führen. Der Zulieferer ist dann für den Zeitraum des Ereignisses von der Pflicht zur Leistungserbringung befreit.
  3. Bei Vorliegen höherer Gewalt trifft den Zulieferer grundsätzlich kein Verschulden für verspätete oder ausbleibende Lieferungen. Er muss daher nicht für etwaige Schäden haften, die beim Auftraggeber entstehen – es sei denn, es wurde eine (verschuldensunabhängige) Liefergarantie vereinbart, was aber eine Ausnahme darstellt.
  4. Der Auftraggeber kann sich gegenüber seinen Abnehmern in vielen Konstellationen ebenfalls erfolgreich auf höhere Gewalt berufen. Allerdings sind Unternehmen nach der Rechtsprechung deutscher Gerichte grundsätzlich gehalten, ihre Lieferketten so zu organisieren, dass Ausfälle kompensiert werden können. Es hängt also vom Einzelfall ab, ob ein Auftraggeber gegenüber seinen Abnehmern für eingetretene Lieferverzögerungen haftet. Von großer Bedeutung ist dabei, ob der Auftraggeber zur Dokumentation und zum Nachweis der Unmöglichkeit einer alternativen Leistungserbringung in der Lage ist.
  5. In der Regel ist es daher sinnvoll, dass ein Unternehmen seine Lieferanten in dokumentierter Art und Weise fragt, ob sie mit Lieferengpässen, Verzögerungen oder sonstigen Problemen rechnen, insbesondere im Zusammenhang mit dem Corona-/COVID-19-Virus. Diese Rückmeldungen sind dann zu bewerten, unter Berücksichtigung der im eigenen Unternehmen entstehenden Risiken (wegen Ausfalls von Personal etc.). Wenn sich bei dieser Bewertung ergibt, dass Lieferschwierigkeiten wahrscheinlicher geworden sind, sollten alternative Lieferanten in Betracht gezogen werden. Außerdem sollten die Kunden pro-aktiv informiert werden, und zwar bereits über bloße Risiken, also bevor eine Lieferverzögerung bereits endgültig feststeht. Eine solche Vorwarnung sollte möglichst spezifisch erfolgen („ist insbesondere bei dem Produkt XY mit einer Lieferverzögerung von circa zwei Wochen zu rechnen“). Wer auf diese Art und Weise Risiken ermittelt und seine Kunden pro-aktiv informiert, erhöht seine Chancen, sich spätere auf „höhere Gewalt“ berufen zu können. Solche Nachfragen bei Lieferanten und Information der Kunden sollten in gewissen Abständen wiederholt werden.

B.    Auswirkungen im Arbeitsrecht

Die Auswirkungen der Corona-Epidemie auf das Arbeitsverhältnis und die betriebliche Organisation können mannigfaltig sein. Unsere Praxisgruppe Arbeitsrecht hat daher einen Sondernewsletter zu den häufigsten arbeitsrechtlichen Fragestellungen veröffentlicht.

C.    Behördliche Maßnahmen

  1. Das Infektionsschutzgesetz (IfSG) räumt den zuständigen Behörden umfassende Befugnisse ein, „die notwendigen Maßnahmen“ zur Abwehr der aus Krankheiten wie dem COVID-19-Virus drohender Gefahren zu treffen. Diese Maßnahmen beginnen bei der bereits durch Verordnung angeordneten Meldepflicht der behandelnden Ärzte, über die Möglichkeit einer Anordnung von Untersuchungen und Quarantänemaßnahmen für Einzelne, bis hin zu einem möglichen Verbot von Veranstaltungen und ggf. auch der Schließung von Betrieben. Die Rechtfertigung einzelner Maßnahmen kann im Einzelfall nach ordnungsrechtlichen Maßstäben hinterfragt werden. Insbesondere ist jeweils die Verhältnismäßigkeit zu wahren.
  2. Wenn Erwerbstätigen auf dieser Grundlage ihre Tätigkeit untersagt wird kann ein Entschädigungsanspruch nach § 56 IfSG bestehen. Bei Arbeitnehmern kann dies ein Anspruch in Höhe des Arbeitsentgeltes sein, dann ist regelmäßig der Arbeitgeber für längstens sechs Wochen zur Vorleistung verpflichtet. Der Arbeitgeber kann sodann bei die Erstattung der Entschädigung beantragen, hierfür ist eine Frist von drei Monaten zu wahren.
  3. Daneben sind Entschädigungs- und Aufwendungsersatzansprüche bei sonstigen behördlichen Maßnahmen nach § 65 IfSG möglich.
  4. Weiterhin hat das Bundeswirtschaftsministerium durch eine Anordnung auf Grundlage des Außenwirtschaftsgesetzes den Export bestimmter medizinischer Schutzausrüstung untersagt, etwa von OP-Masken und einzelnen Typen von Handschuhen, um einem diesbezüglichen Mangel im Inland entgegenzuwirken. Auch bestehen besondere Vorgaben für die Personenbeförderung.

D.    Versicherungen

Auch im Versicherungssektor sind die Auswirkungen von COVID-19 vielfältig. Hier verweisen wir auf das Update Versicherungsrecht vom 4. März 2020.

E.    Auswirkungen auf Hauptversammlungen

Die Durchführung der jährlichen ordentlichen Hauptversammlung ist insbesondere für Publikumsaktiengesellschaften, deren Aktien an einer Börse gehandelt werden, mit nicht unerheblichem Aufwand und Arbeitseinsatz verbunden. Vor dem Hintergrund des sich immer stärker verbreitenden Corona-Virus stellen sich für die Verwaltung vieler Publikumsaktiengesellschaften nunmehr die Fragen: „Welche Handlungsoptionen bestehen? Was kann, darf, muss ich tun?“ Hier verweisen wir auf das Update Kapitalmarktrecht vom 11. März 2020.

F. Generelle Anmerkung

Bitte beachten Sie: die vorstehenden Ausführungen stellen eine allgemein gehaltene Zusammenfassung der rechtlichen Situation dar. Zur individuellen Beurteilung der konkreten rechtlichen Auswirkungen auf Vertragsbeziehungen bedarf es in jedem Fall einer Einzelfallprüfung. Sprechen Sie uns gerne mit Ihren konkreten Fragen an.

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