19.03.2014Fachbeitrag

Update Immobilien & Bau 6/2014

Rechtshandlungen des Käufers gegenüber dem Mieter vor Eigentumsumschreibung

Wirksamkeit der Ermächtigung des Käufers für die Vornahme von Rechtshandlungen gegenüber dem Mieter vor Eigentumsumschreibung (Bundesgerichtshof (BGH), Ur-teil vom 19.03.2014 – VIII 203/13):

Sachverhalt


Die Mieterin hatte von der Verkäuferin eine Wohnung in Frankfurt am Main gemietet. Die Verkäuferin veräußerte die Wohnung am 16. März 2006 mit wirtschaftlicher Wirkung zum 1. Januar 2006 („Eintrittsstichtag“) an die Käuferin. Im Kaufvertrag war geregelt, dass die Käuferin zu diesem Zeitpunkt mit allen Rechten und Pflichten in den Mietvertrag eintritt. Des Weiteren wurde die Käuferin von der Verkäuferin ermächtigt, ab sofort bis zum Eigentumsvollzug im Grundbuch gegenüber der Mieterin sämtliche mietrechtlichen Erklärungen abzugeben und ggf. im eigenen Namen entsprechende Prozesse zu führen. Zur Eigentumsumschreibung im Grundbuch kam es erst am 4. Mai 2010. Bis zu diesem Zeitpunkt hatte die Käuferin gegenüber der Mieterin Betriebskostenabrechnungen er-teilt und mehrere Mieterhöhungsverlangen geltend gemacht, denen die Mieterin jeweils zustimmte.

Die Mieterin vertrat die Auffassung, dass die von ihr geleisteten Zahlungen ab März 2007 bis zum Zeitpunkt der Eigentumsumschreibung am 4. Mai 2010 zu Unrecht erfolgt seien, da die Käuferin ihre Vermieterstellung in diesem Zeitraum nur „vorgespielt“ habe, da die Eigentumsumschreibung im Grundbuch erst am 4. Mai 2010 erfolgt sei. Mit der Vereinbarung vom 24. Juli 2012 hat die Verkäuferin an die Käuferin nochmals vorsorglich sämtliche Forderungen aus dem Miet-verhältnis an die Käuferin abgetreten.

Die Mieterin erhob vor dem Amtsgericht Klage auf Rückzahlung über die aus ihrer Sicht zu Unrecht geleisteten Zahlungen. Das Amtsgericht wies die Klage ab. Die dagegen eingelegte Berufung der Mieterin wurde vom Berufungsgericht zu-rückgewiesen, wobei das Berufungsgericht die Revision zu-ließ. Die Revision der Mieterin vor dem Bundesgerichtshof hatte keinen Erfolg.

Der für das Wohnraummietrecht zuständige VIII. Zivilsenat des BGH hat entschieden, dass der Mieterin die geltend gemachten Rückzahlungsansprüche nicht zustehen, da die Käuferin die Forderungen aus dem Mietverhältnis berechtigt ein-gezogen hat. Der BGH sah in der Vereinbarung vom 24. Juli 2012 jedenfalls eine entsprechende Genehmigung zu Gunsten der Käuferin. Des Weiteren ist der BGH der Auffassung gewesen, dass die Käuferin aufgrund des Kaufvertrages berechtigt war, im eigenen Namen Mieterhöhungsverlangen gegenüber der Mieterin geltend zu machen. Diese Mieterhöhungsverlangen waren nach der Begründung des BGH wirk-sam, weil der Käufer einer vermieteten Wohnung vom Verkäufer ermächtigt werden kann, schon vor der Eigentumsumschreibung im Grundbuch im eigenen Namen Rechtshand-lungen gegenüber dem Mieter vorzunehmen. Nach Ansicht des BGH bedarf es keiner Offenlegung der Ermächtigung.

Praxishinweis

Die Entscheidung des BGH ist praxisgerecht und verdient im Ergebnis Zustimmung. Nach dem Gesetz (§ 566 BGB) tritt der Käufer einer vermieteten Wohnung während der Dauer seines Eigentums an die Stelle des Vermieters. D. h. mit anderen Worten, mit Eigentumsübertragung auf den Käufer wird dieser Vermieter. Der Eigentumsübergang bei einem Wohnungskauf erfolgt mit Eintragung des Käufers im Grundbuch.

Die Eigentumsumschreibung im Grundbuch ist regelmäßig mit einer gewissen Dauer verbunden, auch wenn im vorliegenden Fall die Dauer von ca. 4 Jahren zwischen Kaufvertragsabschluss und Eigentumsumschreibung im Grundbuch eher eine Ausnahme darstellen. Regelmäßig wird die Eigentumsumschreibung mehrere Monate in Anspruch nehmen. Daher vereinbaren die Vertragsparteien üblicherweise im Kaufvertrag, dass Besitz, Nutzen und Lasten auf den Käufer mit vollständiger Kaufpreiszahlung übergehen. D. h., dass der Käufer wirtschaftlich in die Position des Vermieters gesetzt wird, obwohl der Eigentumsübergang nach dem Gesetz noch nicht vorliegt.

Diese Regelungen sind interessengerecht, da der Käufer mit vollständiger Kaufpreiszahlung seine vertraglichen Pflichten aus dem Kaufvertrag erfüllt hat und dann auch in den wirtschaftlichen Genuss der Wohnung kommen soll.

Kritisch zu sehen ist allerdings die Argumentation des BGH, dass die Einziehung der Forderungen aus dem Mietverhältnis „jedenfalls“ durch die Vereinbarung vom 24. Juli 2012 genehmigt worden sei. Auf diese Vereinbarung käme es nur dann an, wenn die Verkäuferin im Kaufvertrag nicht bereits die entsprechende Ermächtigung zu Gunsten der Käuferin er-teilt hätte. Der BGH hat dies bei der Einziehung der Forderungen offen gelassen und auf die Vereinbarung vom 24. Juli 2012 abgestellt. Dagegen hat der BGH die Berechtigung für die Mieterhöhungsverlangen aus dem Kaufvertrag hergeleitet. Dies erscheint nicht konsequent. Da nach den Kaufvertrags-vereinbarungen die Käuferin in alle Rechte und Pflichte des Mietverhältnisses eintreten sollte, sprechen die besseren Gründe dafür, dass bereits mit dem Kaufvertrag auch die Berechtigung zur Einziehung der Forderungen aus dem Miet-verhältnis auf die Käuferin übertragen worden ist, sodass es im Ergebnis auf die Vereinbarung vom 24. Juli 2012 nicht an-käme.

Für die Vertragsparteien ist zu beachten, dass ausdrücklich geregelt wird, dass der Käufer mit vollständiger Kaufpreiszahlung vom Verkäufer ermächtigt ist, alle Rechtshandlungen gegenüber dem Mieter vorzunehmen und dass er alle Forderungen aus dem Mietverhältnis einziehen kann. Diese Ermächtigung gilt nicht nur, wie im vorliegenden Fall für Betriebskostenabrechnungen und Mieterhöhungsverlangen, sondern beispielsweise auch für Abmahnungen und Kündigungserklärungen. Im Kaufvertrag sollte zusätzlich geregelt werden, dass der Verkäufer gegenüber dem Käufer auf jeder-zeitiges Verlangen verpflichtet ist, alle Rechtshandlungen vorzunehmen bzw. alle Erklärungen abzugeben, damit der Käufer die Ansprüche und Rechte aus dem Mietverhältnis im eigenen Namen gegenüber dem Mieter geltend machen kann.

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