07.07.2021Fachbeitrag

Update Gesellschaftsrecht Nr. 21

Rechtsprechungswechsel zum Umfang der Vertretungsmacht des Stiftungsvorstands

(Anmerkung zum BGH-Urteil vom 15.4.21, Az. III ZR 139/20)

Mit seinem Urteil vom 15.4.2021 nimmt der BGH Abschied von seiner bisherigen Rechtsprechung, welche entgegen dem Wortlaut des § 26 BGB auch ohne explizite Regelung in der Stiftungssatzung eine generelle Beschränkung der Vertretungsmacht des Stiftungsvorstands durch den Stiftungszweck angenommen hatte.

Will eine Stiftung die Vertretungsmacht ihres Vorstandes durch den Stiftungszweck beschränken, so braucht es hierzu nunmehr eine explizite Regelung in der Stiftungssatzung.

Bisherige Rechtsprechung

In seiner bisherigen Rechtsprechung ging der BGH von einer generellen Beschränkung der Vertretungsmacht des Vorstandes durch den Stiftungszweck aus. Der Vorstand könne die Stiftung nicht wirksam verpflichten, soweit das abgeschlossene Geschäft erkennbar außerhalb des Rahmens des Stiftungszweckes liege.

Beschränkung durch die Satzung

Die bisherige Rechtsprechung würde die Stiftung zwar vor einem Missbrauch der Vertretungsmacht des Vorstandes schützen, sei aber letztlich mit dem Gesetzestext des § 26 Abs. 1 Satz 2 i.V.m. § 86 Satz 1 BGB nicht vereinbar, wonach die Vertretungsmacht des Vorstandes umfassend und unbeschränkt ist, soweit sie nicht durch die Satzung beschränkt wird.

Im hier zu entscheidenden Fall enthielt die Satzung jedoch den Passus: „Der Vorstand ist in seiner Vertretungsmacht durch den Zweck der Stiftung beschränkt.“ Somit besaß der Stiftungsvorstand nicht die Vertretungsmacht zum Abschluss gemeinnützigkeitsschädlicher Verträge. Dies ist auch sachgerecht. Schließlich muss derjenige, der mit einer als gemeinnützig anerkannten Stiftung einen Vertrag schließen will, allgemein damit rechnen, dass gemeinnützigkeitsschädliche Rechtsgeschäfte nicht von der Vertretungsmacht des Vorstands mit umfasst sind, insbesondere, wenn dies – wie hier – explizit in der Satzung zum Ausdruck gekommen ist.

Praxishinweis

Diese Urteilsbegründung ist in dogmatischer Hinsicht überzeugend und im Einklang mit den anerkannten Auslegungsgrundsätzen. In der Praxis sind Stiftungen jedoch nunmehr gefordert, ihre Stiftungssatzung dahingehend zu überprüfen, ob die Vertretungsmacht des Vorstandes explizit eingeschränkt wurde. Gegebenenfalls ist eine Änderung der Stiftungssatzung erforderlich.

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