28.05.2019Fachbeitrag

Update Arbeitsrecht Mai 2019

Sachgrundlose Befristung („Zuvor-Beschäftigung“)

BAG vom 23. Januar 2019 – 7 AZR 733/16

Die sachgrundlose Befristung eines Arbeitsvertrages ist bei erneuter Beschäftigung eines Arbeitnehmers bei demselben Arbeitgeber nur noch zulässig, wenn die Anwendung des Verbots der sachgrundlosen Befristung aus § 14 Abs. 2 Satz 2 TzBfG für die Vertragsparteien unzumutbar wäre. Damit schließt sich das BAG dem Urteil des BVerfG vom 6. Juni 2018 an.

Sachverhalt

Nachdem der Kläger bereits in den Jahren 2004 und 2005 bei der Beklagten als Montagearbeiter tätig war, wurde er, wiederum von der Beklagten, 2013 als Facharbeiter im Bereich „Produktion und Logistik“ eingestellt. Das zweite Arbeitsverhältnis war nach § 14 Abs. 2 TzBfG sachgrundlos befristet. Im Anschluss an die Befristung wurde der Kläger nicht in ein unbefristetes Arbeitsverhältnis übernommen. Daraufhin reichte er Klage ein, um feststellen zu lassen, dass das Arbeitsverhältnis nicht aufgrund der Befristung beendet worden ist.
In den Vorinstanzen war der Kläger erfolgreich.

Entscheidung

Die Revision der Beklagten vor dem BAG hatte gleichfalls keinen Erfolg. Das BAG ist der Ansicht, dass eine sachgrundlose Befristung gem. § 14 Abs. 2 TzBfG beim Abschluss eines erneuten Arbeitsvertrages zwischen denselben Parteien nur dann zulässig ist, wenn ein Verbot der sachgrundlosen Befristung unzumutbar wäre. Damit gibt das BAG ausdrücklich seine Rechtsprechung aus dem Jahr 2011, in dem es eine sachgrundlose Befristung nach einer dreijährigen Wartezeit wieder für zulässig erachtete, auf.

Unzumutbar ist das Verbot der sachgrundlosen Beschäftigung bei einer Vorbeschäftigung nach der neuen Rechtsprechung des BAG, die sich an das Urteil des BVerfG vom 6. Juni 2018 anschließt, dann, wenn keine Gefahr einer Kettenbefristung in Ausnutzung der strukturellen Unterlegenheit der Arbeitnehmer besteht und das Verbot auch nicht erforderlich ist, um das unbefristete Arbeitsverhältnis als Regelfall zu erhalten. Nur in diesem Fall besteht Grund, den Anwendungsbereich des § 14 Abs. 2 Satz 2 TzBfG im Wege der verfassungskonformen Auslegung einzuschränken. Unzumutbarkeit kann insbesondere vorliegen, wenn das vorangegangene Arbeitsverhältnis sehr lange zurückliegt, ganz anders geartet oder von sehr kurzer Dauer war. Ob dies der Fall ist, ist anhand einer Würdigung im Einzelfall festzustellen. Ausnahmefälle sehen das BVerfG und das BAG möglicherweise in einer geringfügigen Nebenbeschäftigung während der Schul- oder Studienzeit, einer Tätigkeit als Werkstudierende und studentische Mitarbeiter im Rahmen einer Berufsqualifizierung sowie einer erzwungenen oder einer freiwilligen Unterbrechung der Erwerbsbiographie.

Im vorliegenden Fall lag die Vorbeschäftigung acht Jahre zurück. Dabei handelt es sich nach Ansicht des BAG aber nicht um einen „sehr langen“ Zeitraum, sodass die Möglichkeit einer sachgrundlosen Befristung für das neue Arbeitsverhältnis ausgeschlossen ist. Ebenso sind die Aufgaben des Klägers im Vergleich zur Vorbeschäftigung nicht ganz anders geartet. Eine Beschäftigung von eineinhalb Jahren erfüllt auch nicht mehr die Anforderungen an eine Beschäftigung von sehr kurzer Dauer. Das BAG gibt jedoch, genauso wenig wie das BVerfG, keine weitere Hilfestellungen bezüglich einer Definition der Andersartigkeit, der sehr langen Wartezeit oder der sehr kurzen Dauer der Vorbeschäftigung.

Des Weiteren verwehrt das BAG der Beklagten eine Berufung auf ein rechtlich schützenswertes Vertrauen in die vorangegangene Rechtsprechung des Senats aus dem Jahr 2011. Dazu führt es aus, dass die entsprechenden Entscheidungen bereits nach ihrem Erlass auf erhebliche Kritik gestoßen sind und die Beklagte infolgedessen nicht auf den Fortbestand dieser Rechtsprechung vertrauen durfte.

Praxishinweis

Wann genau die vom BVerfG und vom BAG aufgezählten Ausnahmen vom grundsätzlichen Verbot der sachgrundlosen Beschäftigung bei einer Vorbeschäftigung vorliegen, bleibt weiterhin unklar. Um auf der sicheren Seite zu stehen, sollte der Arbeitgeber bei Vorliegen einer Vorbeschäftigung von einer sachgrundlosen Befristung des Arbeitsverhältnisses Abstand nehmen.

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