15.01.2014Fachbeitrag

Newsletter Arbeitsrecht Juli 2014

Unverbindliches Wettbewerbsverbot bei fehlender Bestimmung der Entschädigungshöhe

BAG, Urteil vom 15.1.2014 – 10 AZR 243/13

Wird bei einem nachvertraglichen Wettbewerbsverbot die Höhe der Entschädigung in das Ermessen des Arbeitgebers gestellt, ohne dass eine Mindesthöhe vereinbart wird, so ist das Wettbewerbsverbot für den Arbeitnehmer unverbindlich.

Das BAG hatte über die Verpflichtung des Beklagten zur Zahlung einer Karenzentschädigung zu entscheiden. Der Kläger war bei dem Beklagten als Exportvertriebsmitarbeiter beschäftigt. Der Arbeitsvertrag enthielt eine Regelung, nach der es dem Mitarbeiter für die Dauer von zwei Jahren untersagt sein sollte, für ein Konkurrenzunternehmen tätig zu werden. Der Beklagte verpflichtete sich für die Dauer des Wettbewerbsverbotes zur Zahlung einer Entschädigung, die in sein Ermessen gestellt war. Die Regelung verwies nicht auf die gesetzlichen Regelungen für nachvertragliche Wettbewerbsverbote (§§ 74 ff. HGB).

Der Beklagte kündigte das Arbeitsverhältnis ordentlich, woraufhin der Kläger erklärte, er werde sich an das vertragliche Wettbewerbsverbot halten und erwarte die Zahlung einer Karenzentschädigung mindestens in gesetzlicher Höhe. Der Beklagte verweigerte die Zahlung mit der Begründung, das Wettbewerbsverbot sei nichtig.

Keine Nichtigkeit des Wettbewerbsverbotes

Das Bundesarbeitsgericht sprach dem Kläger – ebenso wie die Vorinstanzen – die beantragte Karenzentschädigung in gesetzlicher Höhe zu. Das vertragliche Wettbewerbsverbot sei nicht nichtig, vielmehr nur für den Arbeitnehmer unverbindlich. Entscheide sich der Arbeitnehmer dazu, das Wettbewerbsverbot einzuhalten, so müsse der Arbeitgeber eine Karenzentschädigung zahlen.

Nach Ansicht des BAG ist das Wettbewerbsverbot nicht wegen der fehlenden Bestimmung der Entschädigungshöhe nichtig. Im zu entscheidenden Fall fehle die Entschädigungsregelung nicht vollständig, was unstreitig zur Nichtigkeit des Wettbewerbsverbotes führen würde (st. Rspr., zuletzt BAG, Urt. v. 28.6.2006 – 10 AZR 407/05, Rn. 11). Die Parteien vereinbarten vielmehr, dass der Kläger eine Entschädigung erhalten soll und stellten nur deren Höhe in das Ermessen des Beklagten. Nach Auslegung der Regelung stand damit fest, dass der Kläger eine Entschädigung – in noch festzustellender Höhe – erhalten würde. Auch die Festsetzung nach billigem Ermessen (§ 315 BGB) ermöglicht es dem Beklagten nicht, die Karenzentschädigung mit „Null“ festzusetzen.

Die Nichtigkeit folgt nach Ansicht des BAG auch nicht aus der fehlenden Schriftlichkeit, da die Parteien die wesentlichen Inhalte des Wettbewerbsverbotes in einer eigenhändig von beiden Seiten unterzeichneten Urkunde festgeschrieben hatten. Die Höhe der Karenzentschädigung ist nach Ansicht des BAG nicht wesentlich. Allein, dass überhaupt eine Entschädigung gezahlt wird, sei schriftlich festzuhalten. Diese Anforderung hatten die Parteien erfüllt.

Unverbindlichkeit des Wettbewerbsverbotes

Allerdings war das vereinbarte Wettbewerbsverbot für den Kläger nach Ansicht des BAG unverbindlich. Nach § 74 Abs. 2 HGB ist ein Wettbewerbsverbot unverbindlich, wenn es eine zu niedrige Karenzentschädigung vorsieht. Bei einer bestehenden Unverbindlichkeit kann der Arbeitnehmer entscheiden, ob er sich an das Wettbewerbsverbot gebunden fühlt oder nicht. Hält sich ein Arbeitnehmer an das Wettbewerbsverbot, so kann er auch eine Karenzentschädigung verlangen.

Gleichbehandlung von zu niedriger Entschädigung und Ermessensentschädigung

Der Vereinbarung einer zu niedrigen Karenzentschädigung steht es nach Ansicht des BAG gleich, wenn der Arbeitnehmer aus der vereinbarten Regelung nicht erkennen kann, ob ihm eine Karenzentschädigung in der gesetzlich vorgesehenen Höhe zugesagt wurde. Eine solche Unsicherheit sei hier gegeben, da die Regelung weder auf die gesetzlichen Vorschriften noch auf eine konkrete Höhe verweise.

Höhe der Karenzentschädigung

Die in das Ermessen des Beklagten gestellte Karenzentschädigung war nach § 315 Abs. 1, 2 BGB, § 74 Abs. 2 HGB mit 50 % der zuletzt bezogenen vertragsgemäßen Leistungen festzusetzen. Ausreichende Gründe, von dieser gesetzlich vorgegebenen Norm abzuweichen, konnte keine der Parteien vorbringen.

Fazit

Die fehlende Bestimmung der Höhe der Karenzentschädigung führt nicht zur Nichtigkeit des Wettbewerbsverbotes. Vielmehr bleibt es dem Arbeitnehmer überlassen zu entscheiden, ob er sich an das Wettbewerbsverbot halten möchte. Die dann zu zahlende Entschädigung richtet sich im Zweifel nach den gesetzlichen Regelungen der §§ 74 ff. HGB.

 

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