23.08.2013Fachbeitrag

Update Compliance Nr. 153

Vorzeitige Löschung aus dem Korruptionsregister nur ausnahmsweise

Eine vorzeitige Löschung aus dem Berliner Korruptionsregister kommt nur in Ausnahmefällen in Betracht. Das hat das Verwaltungsgericht Berlin in einem Eilverfahren entschieden (Az. VG 4 L 456.13).

Der Antragsteller war als Geschäftsführer einer GmbH im März 2011 vom Amtsgericht Tiergarten wegen Steuerhinterziehung zu einer Geldstrafe verurteilt worden. Daraufhin wurde er in das Korruptionsregister eingetragen. Die reguläre gesetzliche Tilgungsfrist beträgt in diesem Fall drei Jahre.

Seinen Eilantrag auf vorzeitige Löschung hat das VG Berlin zurückgewiesen. Eine vorzeitige Löschung könne zwar beim Nachweis der wiederhergestellten Zuverlässigkeit auf Antrag erfolgen. Dies setze aber über die bloße Schadenswiedergutmachung voraus, dass durch organisatorische und personelle Maßnahmen Vorsorge gegen die Wiederholung des Rechtsverstoßes getroffen werde. Da die Befugnisse des alleinigen Geschäftsführers aber nicht beschränkt worden seien, fehle es daran.

Der Beschluss ist nicht rechtskräftig, er kann mit der Beschwerde beim Oberverwaltungsgericht angegriffen werden.

Hintergrund

Korruptionsregister werden in einigen Bundesländern, darunter auch in Nordrhein-Westfalen, geführt. In Hamburg, Schleswig-Holstein und Hessen wird über die Einführung von Korruptionsregistern diskutiert (Update Compliance Nr. 138). Eine Gesetzesinitiative von Bündnis90/Die Grünen zielt auf die Einführung eines bundesweiten Korruptionsregisters ab (BT-Drs. 17/11415).

Die Korruptionsregister dienen öffentlichen Stellen dazu, vor Auftragsvergaben zu prüfen, ob die sich an öffentlichen Ausschreibungen beteiligenden Unternehmen und Einzelpersonen über die erforderliche Zuverlässigkeit verfügen. Ein Eintrag im Korruptionsregister verringert die Chancen eines Erfolges im Ausschreibungsverfahrens ganz erheblich. Öffentliche Auftraggeber sind ab einem bestimmten Auftragswert (Berlin: 15.000 Euro) verpflichtet, das Korruptionsregister einzusehen.

In das Korruptionsregister sind nicht nur Verurteilungen wegen Korruptionsstraftaten einzutragen. Auch andere Delikte, z. B. Steuerhinterziehung, Verstöße gegen das Arbeitnehmerüberlassungsgesetz und andere Straftaten sollen zur Eintragung gelangen.

Das Berliner Korruptionsregister und auch der Entwurf eines bundesweiten Korruptionsregistergesetzes sieht Eintragungen nicht erst nach rechtskräftiger Verurteilung, sondern auch bei einer Einstellung gegen Geldauflage. Bestehen „keine Zweifel“ an einer schwerwiegenden Verfehlung, soll eine Eintragung sogar bereits während eines laufenden Ermittlungsverfahrens möglich sein – also lange vor Abschluss des Strafverfahrens. Für Unternehmen mit überwiegend öffentlichem Kundenkreis bedeutet dies eine erhebliche Existenzgefährdung, wenn sie sich auch nur aufgrund eines Anfangsverdachts einem Ermittlungsverfahren stellen müssen.

Der Vorschlag eines Korruptionsregistergesetzes in Hamburg und Schleswig-Holstein ist zurückhaltender: In einer Pressemitteilung der Stadt Hamburg heißt es:"Niemand wird lediglich auf Verdacht in das Korruptionsregister eingetragen, sondern grundsätzlich erst nach rechtskräftiger Verurteilung."

Ein Ermessen besteht für Strafverfolgungsbehörden nicht: Das Oberverwaltungsgericht Berlin hat bereits vor einiger Zeit klargestellt, dass bei Vorliegen der Voraussetzungen der Eintragung diese auch erfolgen muss – ausnahmslos (Update Compliance Nr. 123).

Vorzeitige Tilgung bei Verhinderung von Wiederholungen: Positiver Anreiz für Compliance

Die vom VG Berlin formulierten Voraussetzungen für die vorzeitige Löschung des Eintrages erinnern an klassische Compliance-Programme: Neben der Schadenswiedergutmachung ist dafür zu sorgen, dass Verfehlungen nicht mehr vorkommen, und zwar durch „organisatorische und personelle Maßnahmen“. Dieser positive Anreiz für Compliance ist zwar grundsätzlich zu begrüßen. Abzulehnen ist hingegen der derzeit bestehende Umfang der Eintragungspflichten sowohl hinsichtlich der Art des Verstoßes als auch hinsichtlich des Zeitpunkts der Eintragung (u. U. schon im Ermittlungsverfahren).

Praxishinweis

Die Regelungen derzeit in Kraft befindlichen Korruptionsregistergesetze ähneln sich, insbesondere gleichen sich auch die Voraussetzungen der Löschung von Eintragungen. Insoweit kommt dem Beschluss des VG Berlin eine über Berlin hinausgehende gewisse Signalwirkung zu.

Ob bzw. wann die Gesetzesinitiative zur Einführung eines bundesweiten Korruptionsregisters aufgenommen wird, ist fraglich. Vor der Bundestagswahl ist eine Verabschiedung nicht wahrscheinlich. Anschließend wird der Entwurf mit Beginn der neuen Legislaturperiode der sog. Diskontinuität zum Opfer fallen, sodass eine neue Initiative erforderlich wird.

Die jetzige Fassung ist in ihrer Weite allerdings abzulehnen. Vorzugswürdig ist die geplante Hamburger Variante, nämlich Eintragungen erst nach rechtskräftiger Verurteilung vorzunehmen. Zu empfehlen ist auch, den Straftatenkatalog eng zu begrenzen. Je mehr Eintragungen vorgenommen werden, desto eher verliert ein Korruptionsregister seine Informationsfunktion für öffentliche Stellen.

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