08.12.2015Fachbeitrag

Newsletter Gesellschaftsrecht Dezember 2015

Wirksamkeit der Einziehung von GmbH-Geschäftsanteilen ohne Stammkapitaländerung

BGH, Urteil vom 2. Dezember 2014 – II ZR 322/13

Der Beschluss über die Einziehung eines GmbH-Geschäftsanteils ist nicht deshalb nichtig, weil die Gesellschafterversammlung nicht gleichzeitig Maßnahmen ergriffen hat, um ein Auseinanderfallen der Summe der Nennbeträge der nach der Einziehung verbleibenden Geschäftsanteile und dem Stammkapital der Gesellschaft zu verhindern.

Gesellschafterstreitigkeiten enden nicht selten mit der Einziehung eines oder mehrerer Geschäftsanteile. Da die Einziehung eines Geschäftsanteils zu seiner Vernichtung führt, hat dies zur Folge, dass die Höhe der Nennbeträge der verbleibenden Geschäftsanteile nicht mehr länger der Höhe des im Handelsregister eingetragenen Stammkapitals entspricht. Im Hinblick auf die durch die letzte Reform des GmbH-Gesetzes (GmbHG) vom 23. Oktober 2008 (MoMiG) eingeführte Regelung in § 5 Abs. 3 GmbHG, wonach die Summe der Nennbeträge aller Geschäftsanteile mit dem Stammkapital übereinstimmen muss, wurde im Schrifttum die Frage kontrovers diskutiert, ob ein Auseinanderklaffen der Nennbeträge der nach der Einziehung verbleibenden Geschäftsanteile und dem Stammkapital zur Nichtigkeit oder jedenfalls zur Anfechtbarkeit des Einziehungsbeschlusses führt.

Unklare Rechtslage aufgrund des MoMiG

Rechtssicherheit konnte in dieser Frage bis zu der hier dargestellten Entscheidung des BGH nur durch folgende Gestaltungen erreicht werden:

Kapitalherabsetzung

1. Eine Möglichkeit ist die Durchführung einer Kapitalherabsetzung. Beträgt das Stammkapital der Gesellschaft nur EUR 25.000,00, was nicht selten der Fall ist, scheidet diese Option jedoch von vornherein aus. Zudem muss das Sperrjahr gemäß § 58 Abs.1 Nr. 3 GmbHG eingehalten werden.

Schaffung neuer Geschäftsanteile

2. Alternativ kommt auch die Schaffung neuer Geschäftsanteile in Betracht. Dieses Vorgehen ist insofern problematisch, als sowohl die Frage umstritten ist, ob in diesem Fall zunächst die Gesellschaft Inhaberin des neu geschaffenen Anteils wird und dieser gesondert abgetreten werden muss, als auch die Frage, ob die Möglichkeit der Schaffung neuer Geschäftsanteile ausdrücklich in der Satzung vorgesehen sein muss.

Aufstockung der Nennbeträge

3. Schließlich kann auch eine entsprechende Aufstockung der Nennbeträge erwogen werden, um eine Anpassung an das Stammkapital zu gewährleisten. Da die Aufstockung nach überwiegender Auffassung nur verhältniswahrend erfolgen kann, scheidet sie im Hinblick auf die Anforderungen des § 5 Abs. 2 GmbHG in vielen Fällen aufgrund der hierdurch entstehenden, nicht durch volle Euro teilbaren Beträge ebenfalls aus.

Probleme in der Praxis

Allen o.g. Varianten ist gemein, dass sie – sofern im Einzelfall überhaupt wirksam umsetzbar – in rechtlicher wie tatsächlicher Hinsicht komplex sind und zusätzliche, über den reinen  Einziehungsbeschluss hinausgehende Voraussetzungen beinhalten. In der Praxis besteht hingegen häufig ein Interesse an einer zeitnahen Umsetzung eines Einziehungsbeschlusses, um eine Gesellschafterstreitigkeit im Interesse der Gesellschaft schnellstmöglich zu beenden.

Entscheidung des BGH

Der BGH hat mit seiner Entscheidung vom 2. Dezember 2014 nun insofern Rechtssicherheit geschaffen, als nunmehr Klarheit darüber besteht, dass die Wirksamkeit des Einziehungsbeschlusses als solchem nicht von der unmittelbaren Anpassung der Nennbeträge der einzelnen Geschäftsanteile an das Stammkapital abhängt.

Keine Änderung der Rechtslage durch das MoMiG

Zur Begründung verweist der BGH darauf, dass sich aus der Begründung des Regierungsentwurfs zu § 5 Abs. 3 S. 2 GmbHG nichts für die Beurteilung der Wirksamkeit von Einziehungsbeschlüssen herleiten lasse. Die Rechtsfolge der Unwirksamkeit sei gerade nicht im Gesetz angeordnet. Die Norm enthalte lediglich eine rein redaktionelle Anpassung an die geänderte Ausdrucksweise des MoMiG. Ein darüber hinausgehender gesetzgeberischer Wille zur Änderung der vor dem MoMiG bestehenden Rechtslage sei nicht erkennbar. Die dargestellte Problematik entsteht im Übrigen auch nicht in denjenigen Fällen, in denen die Satzung anstatt der Einziehung auch die Möglichkeit der Zwangsabtretung des einzuziehenden Geschäftsanteils vorsieht, wie dies in der Praxis häufig der Fall ist. Diese Regelung setzt allerdings wiederum die Mitwirkung des betroffenen Gesellschafters voraus und ist im Zweifel gerichtlich durchzusetzen.

Ausdrücklich offen gelassen hat der BGH die Frage, ob die Einziehung von dem Geschäftsführer in der von ihm zu unterzeichnenden Gesellschafterliste zu vermerken ist oder ob das Registergericht anlässlich eines späteren Eintragungsantrages auf die Beseitigung der Divergenz von Nennbeträgen und Stammkapital bestehen kann.

Fazit

Ein sehr praxisrelevanter Meinungsstreit in der Literatur im Zusammenhang mit der Einziehung von Geschäftsanteilen ist durch den BGH mit einem für die Praxis begrüßenswerten Ergebnis beendet worden. Hinsichtlich der Durchführung von Einziehungsbeschlüssen gilt künftig wieder der „status quo ante“. In der Praxis dürfte es sich dennoch empfehlen, den Einziehungsvorgang in der Gesellschafterliste zu vermerken, um eine hinreichende Transparenz zu gewährleisten. Auch die Frage einer möglichen Beseitigung der Divergenz zwischen den Nennbeträgen der einzelnen Geschäftsanteile und dem Stammkapital sollte von den verbleibenden Gesellschaftern alsbald nach Vollzug der Einziehung geklärt werden.

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