05.06.2020FachbeitragCorona

Update Compliance Nr. 8

Wertpapieraufsichtsbehörden fordern umfassende Offenlegung von Folgen der COVID-19-Pandemie von Emittenten

Börsennotierte Emittenten müssen die Auswirkungen der COVID-19-Pandemie auf ihr Unternehmen transparent machen. Die Internationale Organisation der Wertpapieraufsichtsbehörden (IOSCO) betonte in einer kürzlich veröffentlichten Erklärung vom 29. Mai 2020 die Bedeutung und Pflicht zu einer rechtzeitigen und transparenten Offenlegung „qualitativ hochwertiger Informationen“. Sie erinnerte an die entsprechende Pflicht der Emittenten über wichtige Angelegenheiten zu berichten und ermutigt Unternehmen, ihren Publizitätspflichten nachzukommen.

Bereits kurz zuvor hatte die Europäische Wertpapieraufsichtsbehörde ESMA in einem Public Statement vom 20. Mai 2020 börsennotierte Emittenten dazu aufgerufen, in den anstehenden Halbjahresfinanzberichten transparent darzustellen, wie sich die Corona-Pandemie auf ihr Geschäft auswirke (siehe Update Gesellschaftsrecht Nr. 7/2020).

Bei Verstößen drohen Bußgelder i. H. von bis zu 2 Millionen Euro, gegebenenfalls sogar Geld- oder Freiheitsstrafe.

Die IOSCO bekräftigt in ihrer Erklärung ihren Anspruch, qualitativ hochwertige Berichtsstandards und Offenlegungsvorschriften durchzusetzen. Diese seien für das reibungslose Funktionieren der Kapitalmärkte von entscheidender Bedeutung. Die Pandemie (und die damit einhergehende Unsicherheit) habe wesentliche Auswirkungen auf die Pflichten von Emittenten zur Finanzberichterstattung, die Abschlussprüfung sowie auf die Offenlegung aktueller und zuverlässiger Informationen. Die Corona-Krise beeinflusse Entscheidungen der Investoren erheblich. Daher steige die Relevanz einer qualitativ hochwertigen Offenlegung der Informationen deutlich an. Für Investoren und andere Stakeholder stünden die konkreten Auswirkungen auf die betriebswirtschaftliche Leistungsfähigkeit, die Finanzlage und die wirtschaftlichen Perspektiven der Emittenten für Anleger und andere Interessengruppen im Vordergrund. Dies gelte, auch wenn die gegenwärtigen Umstände die Offenlegung von Informationen außerhalb des Jahresabschlusses erschwerten. Gerade wegen der derzeitigen Unsicherheit sollen die Offenlegungen unternehmensspezifisch und transparent vorgenommen werden, insbesondere wenn es sich um bedeutende Beurteilungen und Schätzungen handele. In diesem Zusammenhang ermutigt die IOSCO  Emittenten dazu, die Flexibilität, die von den Regulierungsbehörden bei der Verlängerung der Fristen für die Einreichung von Finanzinformationen geboten werde, für die dargestellte Verantwortung zur umfassenden Bereitstellung von Finanzinformationen, die angemessene und vertretbare Beurteilungen enthalten, zu nutzen.

Vergleichbar hatte die ESMA bereits in ihrem kurze Zeit zuvor veröffentlichten Public Statement zu Transparenz aufgerufen. Es sei wichtig, dass börsennotierte Emittenten relevante und verlässliche Informationen bereitstellen (näher Update Gesellschaftsrecht Nr. 7/2020).

Praxishinweis

Die Wertpapieraufsichtsbehörden sind sich einig: Trotz (oder gerade wegen!) der mit der COVID-19-Pandemie einhergehenden erschwerten Umstände und Unsicherheiten sind die kapitalmarktrechtlichen Publizitätsvorschriften streng einzuhalten.

Grundsätzlich müssen Emittenten von Finanzinstrumenten nach der europäischen Marktmissbrauchsverordnung (MAR) und dem Wertpapierhandelsgesetz (WpHG) zahlreichen Informations- und Veröffentlichungspflichten nachkommen, damit Kapitalmarktteilnehmer zeitnah wesentliche Informationen über die Unternehmen erhalten, deren Wertpapiere sie halten oder an deren Erwerb sie interessiert sind. Zu diesem Zweck müssen beispielsweise börsennotierte Unternehmen gemäß den Pflichten nach den §§ 114 ff. WpHG die Jahres- und Halbjahresfinanzberichte sowie ggf. Zahlungsberichte veröffentlichen. Insbesondere sollen dabei Daten allgemein zugänglich gemacht werden, die für die Wertentwicklung des jeweiligen Investments, sei es kurz- oder langfristig, von erheblicher Bedeutung sind.

Die Anforderungen, die an die entsprechenden gesetzlich geforderten Informationen und Veröffentlichungen durch Emittenten gestellt werden, sind vor dem Hintergrund der aktuellen, unsicheren Situation im Zusammenhang mit der COVID-19-Pandemie gemäß der dargestellten Veröffentlichungen von ESMA und IOSCO gestiegen. Insbesondere sollen die Auswirkungen der Pandemie auf die Emittenten und deren (betriebs-) wirtschaftliche Leistungsfähigkeit rechtzeitig – mit anderen Worten nicht unverhältnismäßig verzögert – und fundiert mitgeteilt werden.

Wird den bestehenden Informations- und Veröffentlichungspflichten durch den Emittenten nicht in dem geforderten Ausmaß entsprochen, drohen hohe Geldbußen, sowohl für die verantwortlichen Personen, als auch für die Unternehmen. Schlimmstenfalls drohen Strafverfahren wegen informationsgestützter Marktmanipulation. Vor diesem Hintergrund müssen Emittenten sicherstellen, dass diesen Pflichten im Hinblick auf den genannten Informationsgehalt trotz etwaiger erschwerter Umstände nachgekommen wird. Es sollte in jedem Fall vermieden werden, Anleger durch die Informationen – wenn auch nur theoretisch – in die Irre zu führen. Dies gilt auch in Zusammenhang mit etwaigen späteren Insolvenzverfahren.

Weitere Beiträge mit wichtigen Hinweisen finden Sie auf unserer Themenseite Corona-Virus: Was Unternehmen jetzt wissen müssen

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