26.06.2008Pressemeldungen

Keine Entwarnung bei Grundstücksverkäufen der öffentlichen Hand

Will die öffentliche Hand größere Immobiliengeschäfte tätigen, muss sie diese europaweit ausschreiben. So sollen Bund, Länder und Gemeinden ihre Grundstücke nicht mehr ohne Weiteres an Investoren verkaufen können, wenn sie zugleich Anforderungen an die spätere Bebauung – etwa die Errichtung eines Einzelhandelsmarktes – stellen. Dies hat jetzt das Karlsruher Oberlandesgericht (OLG) nochmals bekräftigt, nachdem die Richter in Düsseldorf und Bremen bereits zu dem gleichen Ergebnis gekommen waren (Beschluss vom 13.06.2008, Az. 1 VK 1/08).

Damit schwindet die Hoffnung vieler Kommunen, dass die strenge Rechtsprechung des OLG Düsseldorf aus den vergangenen Monaten demnächst durch anderweitige obergerichtliche Entscheidungen gekippt wird. Bis zum Jahr 2007 sind sowohl die Praxis als auch die deutsche Rechtsprechung davon ausgegangen, dass Grundstücksverkäufe der öffentlichen Hand grundsätzlich nicht ausschreibungspflichtig sind. Vergabepflichtig waren nur solche Beschaffungsmaßnahmen, die einem „Einkauf“ der Kommune gleichkamen. Bei dem Verkauf eines kommunalen Grundstückes wurde ein derartiger Beschaffungsbedarf aber abgelehnt, wenn das zu errichtende Bauwerk später nicht öffentlich genutzt wurde.

Konkret ging es vor dem OLG in Karlsruhe um den Verkauf eines städtischen Grundstücks, auf dem ein Lebensmittelmarkt angesiedelt werden soll. Der Verkauf wurde nicht europaweit ausgeschrieben. Die Beschwerde eines unterlegenen Bieters wurde zwar aufgrund der sogenannten „Verwirkung des Nachprüfungsrechts“ abgewiesen. Dieses Recht verfällt in der Regel dann, wenn der Bieter mehr als sechs Monate untätig war. Doch an der grundsätzlichen Notwendigkeit der europaweiten Ausschreibung und den Einschränkungen, was den Grundstücksverkauf bei gleichzeitiger Festlegung der Bebauung angeht, ändert das laut der Oberlandesrichter nichts. „Immerhin steht jetzt fest, dass Altverträge im Regelfall nicht mehr angegriffen werden können“, so Dr. Ute Jasper, Partnerin bei der Kanzlei Heuking Kühn Lüer Wojtek.

„Auch der von der Bundesregierung beschlossene Entwurf einer Vergaberechtsreform wird nach den Ausführungen des OLG Karlsruhe kaum zur Rückkehr der Vergabefreiheit von Immobiliengeschäften führen“, so Jasper weiter. Nach dem Reformentwurf sollen nur solche Grundstücksverkäufe mit Bauverpflichtungen als vergabepflichtige öffentliche Bauaufträge eingestuft werden, die „für“ den Auftraggeber erbracht werden und diesem wirtschaftlich „unmittelbar“ zugute kommen. Das OLG Karlsruhe bestätigte jetzt die vielerorts geäußerten Zweifel, ob der Reformentwurf mit dem Europarecht in Einklang steht. Entscheidend sind nach Auffassung der Richter die europäischen Vorgaben der Vergaberichtlinie. Diese lasse keine Notwendigkeit eines unmittelbaren Beschaffungsbedarfs erkennen.

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