28.10.2016Fachbeitrag

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Erbschaftsteuerreform

Der Bundesrat hat am 14. Oktober 2016 das ´Gesetz zur Anpassung des Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetzes an die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts´ verabschiedet. Bereits am 29. September 2016 hatte der Bundestag der Beschlussempfehlung des Vermittlungsausschusses vom 22. September 2016 zugestimmt. Damit kommt der Gesetzgeber gerade noch rechtzeitig dem BVerfG zuvor, das bereits angekündigt hatte, tätig zu werden (etwa durch Anordnung der Aussetzung der Erbschaftsteuer), wenn der Gesetzgeber kein neues Erbschaftsteuergesetz vorlegt. Das Gesetz tritt nach Abschluss des Gesetzgebungsverfahrens rückwirkend zum 1. Juni 2016 in Kraft.

Nachfolgend finden Sie einige Eckpunkte der Erbschaftsteuerreform im Überblick:

Verschonungsmodelle

Bei der Übertragung von Betriebsvermögen kann der Steuerpflichtige frei zwischen der Regelverschonung von 85% und der Vollverschonung von 100% des Betriebsvermögens wählen, die jeweils an bestimmte Behaltensfristen und Lohnsummenregelungen geknüpft sind.

Abschmelzungs-/ Erlassmodell

Beim Erwerb von Großvermögen, d.h. über EUR 26 Mio., hat der Erwerber nunmehr die Wahl zwischen dem Abschmelzungs- und dem Erlassmodell. Im Rahmen des Abschmelzungsmodells ermäßigt sich der Umfang der Verschonung um jeweils 1% je EUR 750.000 Unternehmenswert. Das Erlassmodell, d.h. Erlass der Steuer im Umfang der Bedürftigkeit, ist an eine entsprechende Bedürftigkeitsprüfung geknüpft. Danach kommt ein Erlass nur in Betracht, wenn der Steuerpflichtige die Steuerschuld nicht aus 50% des verfügbaren Vermögens (einschließlich Privatvermögen) begleichen kann.

Familienunternehmen

Familienunternehmen wird unter bestimmten Voraussetzungen ein Vorabschlag auf das begünstige Vermögen gewährt. Enthält der Gesellschaftsvertrag bestimmte Entnahme-, Verfügungs- und Abfindungsbeschränkungen wird ein Abschlag von max. 30% gewährt. Dieser Vorabschlag ist an weitere Fristen geknüpft: Erstens muss zwischen der Aufnahme der Klausel und dem steuerpflichtigen Ereignis mindestens ein Zeitraum von zwei Jahren liegen und zweitens müssen die oben genannten Voraussetzungen über einen Zeitraum von 20 Jahren nach Entstehung der Steuer eingehalten werden. Verschärft wurde die Bindung bei einer Gewinnentnahme, die nun auf höchstens 37,5% des Nachsteuer-Gewinns beschränkt sein muss.

Verwaltungsvermögensquote

Entnahmen für Zwecke der Zahlung der Einkommensteuer werden nicht angerechnet.

Schulden aus Altersversorgungsverpflichtungen

Vollverschonung von 100% des Betriebsvermögens wird nur noch dann gewährt, wenn das begünstigungsfähige Vermögen maximal aus 20% Verwaltungsvermögen besteht. Bei einem Anteil des Verwaltungsvermögens am Gesamtwert des Betriebsvermögens von 20 bis 90%, bleibt die Möglichkeit der Regelverschonung von 85% erhalten.

Luxusgegenstände

Die Teile des begünstigungsfähigen Vermögens, die ausschließlich und dauerhaft aus der Erfüllung von Schulden aus Altersversorgungsverpflichtungen bestehen, gehören bis zu der neu eingeführten Grenze in Höhe des gemeinen Werts der entsprechenden Verbindlichkeit nicht zum Verwaltungsvermögen.

Stundungsregelung

Die Aufzählung der zum schädlichen Verwaltungsvermögen gehörenden Gegenstände ist nicht mehr abschließend geregelt und überdies erweitert worden. Neben den sich derzeit bereits in der Auflistung befindlichen Gegenständen wie z.B. Kunstgegenstände, Münzen, Edelmetalle und Edelsteine, gehören nunmehr auch Briefmarkensammlungen, Oldtimer, Yachten, Segelflugzeuge sowie sonstige, typischerweise der privaten Lebensführung dienende Gegenstände zum Verwaltungsvermögen.

Unternehmenswert

Auf Antrag ist eine Steuerstundung nur noch bis zu sieben Jahre möglich. Zu beachten ist, dass die Stundung nur im ersten Jahr zinslos ist und ab dem zweiten Jahr Zinsen in Höhe von derzeit 6% anfallen.

Historie

Der für das vereinfachte Ertragswertverfahren maßgebliche Kapitalisierungsfaktor wird nunmehr auf 13,75 festgelegt. Dieser Faktor soll bereits für Bewertungen ab dem 1. Januar 2016 gelten.
Erforderlich wurde die Neufassung, da das BVerfG mit Urteil vom 17. Dezember 2014 die §§ 13a, 13b i.V.m. § 19 Abs. 1 ErbStG für verfassungswidrig erklärte. Die Verschonung von Erbschaftsteuer beim Übergang betrieblichen Vermögens sei angesichts ihres Ausmaßes und der eröffneten Gestaltungsmöglichkeiten mit dem Gleichheitsgrundsatz des Art. 3 Abs. 1 GG unvereinbar. Das BVerfG forderte den Gesetzgeber auf, bis zum 30. Juni 2016 ein verfassungskonformes Erbschaftsteuergesetz vorzulegen. « Minimalinvasiv und zügig », war die Vorgabe des Bundesfinanzministers Wolfgang Schäuble zur Durchführung der Reform. Obwohl bereits am 2. Juni 2015 ein Referentenentwurf des BMF vorlag, vollzog sich das anschließende Gesetzgebungsverfahren alles andere als « zügig ». Nach langem Ringen einigte sich die Große Koalition am 20. Juni 2016 auf einen Kompromiss, den der Bundestag am 24. Juni 2016 umsetzte. Der Bundesrat rief jedoch den Vermittlungsausschuss an, dessen Beschlussempfehlung dem jetzt verabschiedeten Gesetz zugrunde liegt.

Ob das ErbStG nun verfassungsgemäß ausgestaltet ist, oder ob das BVerfG nunmehr ein viertes Mal nach 1995, 2006, 2014 darüber zu befinden hat, bleibt abzuwarten; erste Zweifel werden bereits angemeldet.

Praxishinweis

Familienunternehmen ist zu empfehlen, ihre Gesellschaftsverträge dahingehend zu prüfen, ob sie die Voraussetzungen für die Inanspruchnahme des „Vorabschlags“ erfüllen und sofern nicht vorhanden, entsprechende Klauseln zu ergänzen. Grundsätzlich sollte der Steuerpflichtige nicht versäumen, einen Antrag auf Steuerstundung zu stellen, denn damit sichert er sich eine einjährige zinslose Stundung und kann dann im zweiten Jahr den gesamten gestundeten Betrag zahlen. Schließlich ist die Festlegung des Kapitalisierungsfaktors auf 13,75 ein zweischneidiges Schwert: Einerseits ist es begrüßenswert, dass gegenüber der bisherigen Überbewertung nunmehr eine Annäherung an eine realistischere Unternehmensbewertung erfolgt. Andererseits führt ein sinkender Unternehmenswert auch zu einem höheren Anteil des schädlichen Verwaltungsvermögens. Es ist daher im Einzelfall zu beachten, dass es zu einem gänzlichen Wegfall der Verschonung kommen kann. Letztlich ist auch zu prüfen, wie sich die rückwirkende Geltung des Kapitalisierungsfaktors von 13,75 auf den 1. Januar 2016 auf Übertragungen in der ersten Jahreshälfte 2016 auswirkt.

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