28.03.2022Fachbeitrag

Update Arbeitsrecht März 2022

Kündigung wegen fehlender Corona-Schutzimpfung

ArbG Berlin, Urteil vom 3. Februar 2022 – 17 Ca 11178/21

Der Impfstatus stellt viele Arbeitgeber vor Herausforderungen. Zwar gilt die bundesweite 3G-Regel am Arbeitsplatz aktuell nicht mehr, ein (regionales) „Comeback“ kann angesichts der hohen Infektionszahlen jedoch nicht ausgeschlossen werden. Die Einführung eines 2G-Modells im Betrieb könnte daher unter Umständen zu Entlastungen führen. Das Arbeitsgericht Berlin hat nun entschieden, dass die Kündigung einer nicht geimpften Arbeitnehmerin zur Durchsetzung des 2G-Modells in einem Musicalaufführungsbetrieb außerhalb der Anwendbarkeit des Kündigungsschutzgesetzes wirksam ist. 

Sachverhalt

Die Klägerin hatte mit den beiden beklagten Veranstaltungsgesellschaften jeweils einen befristeten Arbeitsvertrag zum Zwecke von Proben für das Musical „Ku’damm 56“ sowie der anschließenden Beschäftigung als Darstellerin in dem besagten Musical geschlossen. Beide Arbeitsverträge sahen eine Probezeit vor. 

Als die Beklagten erfuhren, dass die Klägerin über keine Corona-Schutzimpfung verfügt, kündigten sie die Arbeitsverhältnisse jeweils ordentlich fristgerecht innerhalb der Probezeit bzw. vor dem vereinbarten Vertragsbeginn. Die Klägerin hatte unter anderem angeboten, mit Blick auf die unterbliebene Impfung täglich Testnachweise vorzulegen. 

Entscheidung

Das Arbeitsgericht Berlin wies die Kündigungsschutzklage als unbegründet ab. Zur Begründung führt es aus, dass die Kündigungen insbesondere nicht wegen eines Verstoßes gegen das Maßregelungsverbot gemäß § 612a BGB unwirksam seien. Denn die persönliche Haltung der Klägerin zur Corona-Schutzimpfung sei nicht tragendes Motiv für den Kündigungsentschluss gewesen, sondern habe lediglich den Anlass zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses gegeben. 

Die Beklagten hatten insoweit vorgebracht, mit Blick auf den Infektionsschutz für die Gesamtbelegschaft das Anforderungsprofil aller Beschäftigten dahingehend ausgestaltet zu haben, dass diese die 2G-Voraussetzungen zu erfüllen hätten. Dieses gewählte unternehmerische Konzept begegnet nach Ansicht des Arbeitsgerichts Berlin keinen rechtlichen Bedenken.

Da die Klägerin ihre Entscheidung gegen die Inanspruchnahme der Schutzimpfung allein auf medizinische Bedenken stützte – und nicht etwa als Ausdruck ihrer Weltanschauung erklärte –, gehe mit dem Ausschluss auch kein Verstoß gegen das Benachteiligungsverbot des § 1 Abs. 1 AGG einher. 

Es stehe dem Arbeitgeber im Rahmen seiner unternehmerischen Entscheidungsfreiheit frei, das 2G-Modell für alle Arbeitsplätze im Betrieb umzusetzen. Das vorgeschriebene Anforderungsprofil sei zudem nicht willkürlich gewählt, da insbesondere das tägliche Vorlegen eines negativen Corona-Testergebnisses die Betriebsabläufe stärker beeinträchtigen und die Beschäftigung nicht geimpfter Personen aufgrund der strengeren Quarantäneregelungen ein höheres Risiko für etwaige Personalausfälle für den Musicalbetrieb darstellen würden. 

Der Arbeitgeber sei, so das Arbeitsgericht Berlin weiter, nicht verpflichtet, ein Arbeitsschutzkonzept umzusetzen, welches mit Blick auf die von der Klägerin vorzulegenden Testnachweise einen höheren Kosten- und Personalaufwand verursacht. Die höchstpersönliche Entscheidung der Klägerin gegen die Inanspruchnahme der Corona-Schutzimpfung gebiete dies ebenfalls nicht. Dagegen spreche sowohl die unternehmerische Handlungsfreiheit des Arbeitgebers als auch die Gesundheit der übrigen Belegschaft. 

Praxishinweis

Die Entscheidung ist zu begrüßen, stellt jedoch keinen Freibrief für Kündigungen wegen fehlender Corona-Schutzimpfung dar. Denn die streitgegenständlichen Kündigungen erfolgten innerhalb der Probezeit und damit außerhalb der Anwendbarkeit des Kündigungsschutzgesetzes. Ob die Einführung eines 2G-Modells auch die Kündigung nicht geimpfter Arbeitnehmer rechtfertigt, die den allgemeinen Kündigungsschutz nach § 1 KSchG genießen, ist weiterhin offen. Insoweit bestehen –  insbesondere außerhalb der einrichtungsbezogenen Impfpflicht im Gesundheitsbereich nach § 20a IfSG – erhebliche Hürden. Dies gilt umso mehr, nachdem nun auch die bundesweite 3G-Regel am Arbeitsplatz aufgehoben wurde. Schließlich ist zu beachten, dass es sich lediglich um ein erstinstanzliches Urteil handelt. Es bleibt abzuwarten, ob und wie das Verfahren fortgeführt und durch höhere Instanzen bestätigt wird. 

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