Schon vergeben?

Der Vergaberecht-Podcast von Heuking Kühn Lüer Wojtek

Unter dem Titel „Schon vergeben – Der Vergaberecht-Podcast von Heuking Kühn Lüer Wojtek“ erklärt der Podcast alle zwei Wochen praxisnah und auch für Einsteiger verständlich die Grundzüge des Vergaberechts.

22.02.2022

Folge 18: Die Unterschwellenvergabeverordnung

In der achtzehnten Folge unseres Vergaberechts-Podcasts sprechen Rebecca Dreps und Daniela Kreuels über Vergaben unterhalb der EU-Schwellenwerte nach der Unterschwellenvergabeordnung (UVgO).

In dieser Folge beschäftigen wir uns mit Vergaben unterhalb der sogenannten EU-Schwellenwerte. Also Vergaben, die sich nach nationalem Vergaberecht richten und nicht europaweit auszuschreiben sind.  Wir legen den Fokus dabei auf Vergabeverfahren für Liefer- und Dienstleistungen nach der sogenannten Unterschwellenvergabeordnung (UVgO). Die Unterschiede zu nationalen Vergaben für Bauleistungen sollen einer gesonderten Folge vorbehalten sein.

Im Liefer- und Dienstleistungsbereich sind grundsätzlich alle Aufträge, die unterhalb von 215.000,00 EUR liegen nach der UVgO auszuschreiben. Für die Vergaben von Bundesbehörden gilt ein Schwellenwert von 140.000,00 EUR. Für Liefer- und Dienstleistungsaufträge im Sektorenbereich bzw. im Bereich Verteidigung und Sicherheit, gilt ein EU-Schwellenwert von 431.000,00 EUR. Die EU-Schwellenwerte werden alle zwei Jahre angepasst.

  1. Geschichte der UVgO
    Die UVgO ersetzt auf Bundesebene bereits seit 2017 die alte VOL/A, 1. Abschnitt. Für die Anwendung in den Bundesländern war eine separate Umsetzung durch Landesrecht erforderlich. Zuletzt hat das Hessen 2021 die UVgO in geltendes Recht umgesetzt. 

    Die UVgO gleicht das nationale Vergaberecht weiter an das EU-Vergaberecht an. Dies erleichtert die Arbeit öffentlicher Auftraggeber, da sie jedenfalls im Liefer- und Dienstleistungsbereich im Wesentlichen dieselben Regelungen anwenden müssen wie bei europaweiten Ausschreibungen. 
  2. Persönlicher Anwendungsbereich
    Da das Unterschwellenvergaberecht auf Bundesebene und auf Länderebene separat umgesetzt wird, ergeben sich Unterschiede im Anwendungsbereich. 

    Grundsätzlich sind alle öffentlichen Einrichtungen an die UVgO gebunden, die auch an das Haushaltsrecht gebunden sind. Die Bundesländer sehen allerdings zum Teil Ausnahmen vor. So sind z.B. in NRW nach den „Kommunalen Vergabegrundsätzen“ Eigenbetriebe und kommunal beherrschte Unternehmen von den Vorgaben der UVgO ausgenommen. 

    Auch Zuwendungsempfänger sind an die UVgO gebunden, wenn – was regelmäßig der fall ist -  die Nebenbestimmungen zum Förderbescheid sie verpflichten, ihre mit öffentlichen Mitteln beschafften Leistungen öffentlich auszuschreiben und dabei die UVgO anzuwenden.
  3. Sachlicher Anwendungsbereich
    Die UVgO bezieht sich neben klassischen Liefer- und Dienstleistungen auch auf freiberufliche Leistungen und sog. „soziale und andere besondere Dienstleistungen“. Für freiberufliche Leistungen und „soziale und andere besondere Dienstleistungen“ sieht die UVgO vereinfachte Regelungen vor. 

    Was sind soziale und andere besondere Dienstleistungen? Der Begriff bezeichnet im Vergaberecht insbesondere Dienstleistungen des Gesundheits- und Sozialwesens, aber auch von religiösen Vereinigungen und Sicherheitsdiensten. Dazu gehören unter anderem, Rettungsdienste, Wiedereingliederungsdienstleistungen der Arbeitsagenturen oder auch Postdienstleistungen. Eine komplette Auflistung dieser Dienstleistungen finden Sie im Anhang XIV der Richtlinie 2014/24/EU über die öffentliche Auftragsvergabe.
  4. Verfahrensarten
    In unserer Podcast-Folge stellen wir Ihnen die fünf Verfahrensarten vor, die die UVgO vorsieht:

    - Öffentliche Ausschreibung: Die öffentliche Ausschreibung entspricht im Wesentlichen dem offenen Verfahren nach dem EU-Vergaberecht der VgV.
    - Beschränkte Ausschreibung mit/ohne Teilnahmewettbewerb: Die Beschränkte Ausschreibung entspricht im Wesentlichen dem nicht-offenen Verfahren im EU-Vergaberecht der VgV. Die VgV kennt allerdings nicht die Variante ohne Teilnahmewettbewerb.
    - Verhandlungsvergabe: Die Verhandlungsvergabe entspricht im Wesentlichen dem Verhandlungsverfahren nach dem EU-Vergaberecht der VgV. 

    Ein öffentlicher Auftraggeber hat immer die Wahl zwischen der öffentlichen Ausschreibung und der beschränkten Ausschreibung mit Teilnahmewettbewerb. Die weiteren Verfahrensarten – beschränkte Ausschreibung ohne Teilnahmewettbewerb, Verhandlungsvergabe mit und ohne Teilnahmewettbewerb – sind nur in gesetzlich geregelten Ausnahmefällen zulässig.
  5. Eignungsprüfung
    In allen Vergabeverfahren muss der Auftraggeber die Eignung der Bieter prüfen. In der öffentlichen Ausschreibung erfolgt dies im Rahmen der Angebotsprüfung. In der Beschränkten Ausschreibung mit Teilnahmewettbewerb und der Verhandlungsvergabe mit Teilnahmewettbewerb erfolgt die Eignungsprüfung im Rahmen des Teilnahmewettbewerbs.

    Bei der Eignungsprüfung prüft der Auftraggeber, ob die Unternehmen, die sich auf den Auftrag bewerben bzw. eine Angebot abgeben, wirtschaftlich und fachlich in der Lage sind den Auftrag zu erbringen. Dazu kann er Eignungsnachweise anfordern, wie z.B.  Umsatzangaben und Referenzen von früheren Aufträgen.

    Zudem prüft der Auftraggeber im Rahmen der Eignungsprüfung, ob zwingende Ausschlussgründen oder fakultative Ausschlussgründen beim Bieter vorliegen. Die UVgO verweist diesbezüglich auf die Regelungen der §§ 123 ff. GWB. Wir verweisen hier daher gern auf unsere frühere Podcast-Folge zu den Eignungskriterien im Oberschwellenbereich. 
  6. Zuschlagskriterien
    Die Angebote wertet der öffentliche Auftraggeber – ebenso wie bei EU-Vergaben – anhand der im Rahmen der Bekanntmachung genannten Zuschlagskriterien. Er kann entweder ausschließlich nach dem Preis werten, oder er wertet die Wirtschaftlichkeit der Angebote, also das beste Preis-Leistungs-Verhältnis. 

    Die UVgO lässt – ebenso wie die VgV im Oberschwellenbereich – nunmehr auch die Anwendung von „vergabefremden“ Kriterien für die Angebotswertung zu. Hierzu gehören z.B. Nachhaltigkeitsaspekte.
  7. Kein Rechtsschutz
    Im Vergaberecht unterhalb der EU-Schwellenwerte gibt es keinen „Primärrechtsschutz“ der Bieter. Anders als das EU-Vergaberecht, ist das nationale Vergaberecht haushaltsrechtlich getrieben. Das bedeutet, Ziel des nationalen Vergaberechts ist nicht in erster Linie Wettbewerb zu schaffen, sondern die wirtschaftliche und sparsame Verausgabung öffentlicher Mittel. 

    Entsprechend dieser Zielrichtung wirkt das nationale Vergaberecht nicht zu Gunsten der Bieter drittschützend. Das heißt, Bieter können sich nicht vor den Gerichten gegen Fehler der öffentlichen Auftraggeber im Vergabeverfahren wenden. Jedenfalls nicht unmittelbar. Denn es ist durchaus möglich, sog. Sekundärrechtsschutz zu suchen. Das bedeutet ein Bieter, der im Vergabeverfahren nicht zum Zuge gekommen ist, kann ggf. auf Schadensersatz klagen. Er hat die Möglichkeit entweder Vertrauensschaden oder entgangenen Gewinn geltend zu machen. Die Beweishürden für beides sind jedochj relativ hoch.

    Während des laufenden Verfahrens hat der Bieter lediglich die Möglichkeit einstweiligen Rechtsschutz zu erlangen. Damit kann er die Zuschlagserteilung und den Vertragsschluss zeitweilig aufhalten und den Auftraggeber so zu einer erneuten Prüfung seines Vorgehens bewegen. Da die Bieter aber – anders als im EU-Vergaberecht – nicht vorab über den Zuschlag informiert werden, ist der Vertrag oft schon geschlossen, bevor der Bieter die Möglichkeit hat einstweiligen Rechtsschutz zu suchen. 
  8. Aufhebung
    Auch im nationalen Vergaberecht besteht für öffentliche Auftraggeber jederzeit die Möglichkeit, das Vergabeverfahren aufzuheben. Eine Aufhebung ist immer wirksam, die Frage ist aber ob sie rechtmäßig ist. Verstößt sie gegen das Vergaberecht, hat ein Bieter, der nicht zum Zuge gekommen ist ggf. auch hier die Möglichkeit, Schadensersatz zu verlangen.
  9. Vertragsänderungen nach Zuschlag
    Hierzu verweisen wir auf unsere Folge zum Thema Auftragsänderungen nach Zuschlag im Oberschwellenbereich. Denn die UVgO verweist für Auftragsänderungen auf § 132 GWB. Die Regelungen die für EU-Vergaben gelten, gelten also grundsätzlich auch für Vergabe unterhalb der EU-Schwellenwerte.

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