29.06.2016Fachbeitrag

Update Immobilien & Bau 3/2016

§ 13 Abs. 5 VOB/B: Mängelrüge

Gemäß § 13 Abs. 5 Nr. 1 Satz 1 VOB/B ist ein Auftragnehmer verpflichtet, alle während der Verjährungsfrist hervortretenden Mängel, die auf seine vertragswidrige Leistung zurückzuführen sind, auf seine Kosten zu beseitigen, wenn dies der Auftraggeber vor Ablauf der Gewährleistungsfrist schriftlich von ihm verlangt. Der entsprechende Zugang einer schriftlichen Aufforderung des Auftraggebers führt dazu, dass der Anspruch auf Mängelbeseitigung grundsätzlich frühestens zwei Jahre ab Zugang des schriftlichen Verlangens verjähren kann. Ob eine E-Mail an den Auftragnehmer als schriftliche Mängelrüge im Sinne dieser Vorschrift ausreicht, hatte das Oberlandesgericht Jena zu entscheiden (Urteil vom 26.11.2015, Az.: 1 U 209/15).

Gegenstand der OLG-Entscheidung

In dem vom OLG Jena entschiedenen Fall hatte sich der Auftragnehmer gegenüber einer Grundstücksgesellschaft zur schlüsselfertigen Erstellung eines Shopping-Centers verpflichtet. Es wurde die Anwendung der VOB/B vereinbart, die Gewährleistungsfrist wurde auf 5 Jahre festgelegt. Die Abnahme erfolgte am 10. März 2008. Mit einfacher E-Mail (ohne qualifizierte Signatur) vom 20. August 2012 rügte der Erwerber gegenüber dem Auftragnehmer diverse Mängel, die nur teilweise vom Auftragnehmer beseitigt wurden, so dass der Erwerber des Shopping-Centers mit Klage vom 28. Oktober 2013 vom Auftragnehmer einen Kostenvorschuss in Höhe von ca. 100.000 Euro für die Beseitigung der (Rest-)Mängel verlangte.

Bisheriger Meinungsstand

Inwieweit sich das gesetzliche Schriftformerfordernis gemäß § 13 Abs. 5 Nr. 1 Satz 2 VOB/B an den gesetzlichen Vorschriften zur Schriftform (§§ 126 ff. BGB) orientiert, ist zwischen Rechtsprechung und Literatur strittig. Einigkeit besteht jedoch insoweit, als gemäß § 126 a BGB i.V.m. § 126 Abs. 3 BGB die gesetzliche Schriftform auch durch elektronische Form ersetzt werden kann, mithin eine Mängelrüge samt qualifizierter elektronischer Signatur (gem. den Vorschriften des Signaturgesetzes) grundsätzlich möglich ist.

In der Literatur wird insbesondere die Meinung vertreten, dass bei VOB/B-Verträgen eine Mängelrüge per „einfacher“ E-Mail, d.h. ohne qualifizierte elektronische Signatur, so wie in der Baupraxis auch bei sonstiger Korrespondenz üblich, ausreichend sein kann.

E-Mails erfüllen grundsätzlich nicht das gesetzliche Schriftformerfordernis

Das OLG Jena hat entschieden, dass eine Mängelrüge per einfacher E-Mail, d.h. ohne qualifizierte elektronische Signatur (gem. den Regelungen des Signaturgesetzes), nicht das Schriftformerfordernis des § 13 Abs. 5 Nr. 1 Satz 2 VOB/B erfüllt und daher keine Verlängerung der gesetzlichen Verjährungsfrist für weitere 2 Jahre zur Folge hat. Das Gericht wies in der Konsequenz daher die Klage auf Zahlung des Kostenvorschusses ab, da die Gewährleistungsrechte – mangels rechtzeitiger (form)-wirksamer Mängelrüge des Auftraggebers – verjährt waren.

Das Gericht stützt seine Entscheidung insbesondere darauf, dass der Kläger nicht beweisen konnte, dass dem Auftragnehmer entweder eine persönlich unterschriebene Mängelrüge im Sinne von § 126 BGB (d.h. mit eigenhändiger Namensunterschrift bzw. notariell beglaubigtem Handzeichen) oder eine E-Mail mit qualifizierter elektronischer Signatur im Sinne des § 126 a BGB zugegangen sei.

Das Urteil des OLG Jena bestätigt daher die bisherige Rechtsprechung, wonach „einfache“ E-Mails, d.h. ohne qualifizierte elektronische Signatur gemäß den Vorschriften des Signaturgesetzes, nicht das Schriftformerfordernis gemäß § 126 BGB wahren.

Fazit

Für die Praxis bedeutet dies:

Im Rahmen von VOB/B-Vertragsverhältnissen hat der Auftraggeber darauf zu achten, dass Mängelrügen im Sinne des § 13 Abs. 5 Nr. 1 Satz 2 VOB/B nicht per „einfacher“ E-Mail gegenüber dem Auftragnehmer erfolgen, sondern weiterhin zwingend durch eigenhändig unterschriebenes Mängelschreiben, das dem Auftragnehmer nachweislich zugeht. Wird dieser Grundsatz nicht eingehalten, so muss der Auftraggeber damit rechnen, dass im Falle eines Gerichtsstreits das Gericht eine Verlängerung der Verjährungsfrist verneint.

Sollte der Auftraggeber jedoch Mängelrügen elektronisch versenden wollen, so steht ihm die Möglichkeit zu, dies per EMail mit qualifizierter elektronischer Signatur gemäß den Vorschriften des Signaturgesetzes vorzunehmen. Dies wird jedoch in der Praxis eher der Ausnahmefall sein.

Es kann daher dem Auftraggeber nur empfohlen werden, Mängelrügen gem. § 13 Abs. 5 Nr. 1 Satz 2 VOB/B eigenhändig unterschrieben zu versenden.

Umgekehrt hat diese Entscheidung des OLG Jena selbstverständlich auch Bedeutung für den Auftragnehmer: Dieser hat bei VOB/B-Vertragsverhältnissen zwingend zu prüfen, ob etwaige Mängelrügen eines Auftraggebers tatsächlich formwirksam vorgenommen wurden. Sollte dies nicht der Fall sein, bestehen im Falle eines Rechtsstreits nach den oben mitgeteilten Grundsätzen der aktuellen Rechtsprechung gute Chancen, dass ein Gericht eine Verlängerung der Verjährungsfristen verneint.

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