03.08.2021FachbeitragHochwasserkatastrophe

Information zur Hochwasserkatastrophe

Die Hochwasserkatastrophe und ihre möglichen Auswirkungen auf Mietverhältnisse

Die schweren Unwetter und das dadurch ausgelöste Hochwasser in einigen Gebieten von Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz und Bayern können in ganz unterschiedlicher Weise Auswirkungen auf Mietobjekte und deren Nutzbarkeit haben.

Durch die Flut kann es zu unterschiedlichen Auswirkungen auf Mietverhältnisse bzw. die Nutzung des angemieteten Objekts kommen. Gemietete Objekte und Räume können ganz oder teilweise zerstört sein. Eine für den Mieter erhebliche und die Nutzung jedenfalls temporär ausschließende Beeinträchtigung kann auch daraus folgen, dass das gemietete Objekt aufgrund der Zerstörung der Zugangswege und allgemein der Verkehrsinfrastruktur nicht oder nicht mehr im erforderlichen Umfang zu erreichen und damit nicht mehr oder nur eingeschränkt nutzbar ist. Ebenso kann die Nutzung des Mietobjekts aufgrund einer Zerstörung technischer Infrastruktur beeinträchtigt oder vollständig ausgeschlossen sein.

Teilweise oder vollständige Zerstörung des Mietobjektes

Für den Fall der teilweisen oder vollständigen Zerstörung des Mietobjektes aufgrund der Hochwasserkatastrophe wird die Nutzung des Mietobjekts für den vereinbarten Mietzweck teilweise oder vollständig unmöglich gemacht. Spiegelbildlich wird es dem Vermieter teilweise oder vollständig unmöglich gemacht, das Mietobjekt für die vereinbarte Nutzung zur Verfügung zu stellen. Es handelt sich in der Regel um ein nicht vorhersehbares und weder für den Vermieter noch den Mieter beherrschbares Ereignis. Solche Fälle sind rechtlich als „höhere Gewalt“ oder „Force Majeure“ einzuordnen. Insoweit gelten die in unserem Beitrag zur Force Majeure genannten Implikationen auch im Bereich von Mietverträgen.

Wird das Mietobjekt vollständig zerstört, ist regelmäßig die Mietzahlungspflicht ab Eintritt der Zerstörung ausgeschlossen. Bei einer teilweisen Zerstörung des Mietobjekts, die dessen vertraglich vereinbarte Nutzung nicht vollständig ausschließt, kann die Miete gemindert werden. Bei der Minderung gilt, dass nicht nur die Nettokaltmiete, sondern Nettokaltmiete zuzüglich der Betriebs- und Nebenkostenvorauszahlungen gemindert ist. Zudem kommt auch eine außerordentliche Kündigung in Betracht, wenn die teilweise Zerstörung über einen längeren Zeitraum anhält. Bei einer vollständigen und von keiner Vertragspartei zu vertretenden Zerstörung wird regelmäßig von einer automatischen Beendigung des Mietverhältnisses ausgegangen.

Gerade Mietverträge enthalten jedoch nicht selten besondere Regelungen zur Risikoverteilung in Fällen höherer Gewalt zwischen Vermieter und Mieter oder konkrete Regelungen, wie bei einer teilweisen oder vollständigen Zerstörung des Mietobjektes verfahren werden soll. Häufig wird vereinbart, unter welchen Voraussetzungen der Vermieter zu einem Wiederaufbau berechtigt oder auch verpflichtet ist. Ist dies der Fall, wird regelmäßig auch eine Regelung zum Ruhen der Verpflichtung zur Zahlung der Miete getroffen. Ebenso wird dann oftmals geregelt, ob und wenn ja, unter welchen Voraussetzungen der Mieter, wenn das Mietobjekt binnen bestimmter Fristen vom Vermieter wiederaufgebaut wird, verpflichtet ist, nach dem Wiederaufbau das Mietverhältnis fortzusetzen. Auch weitere Vereinbarungen zur Risikovermeidung in Fällen höher Gewalt finden sich teilweise in Mietverträgen. Der Mietvertrag sollte daher genau geprüft werden.

Kein Zugang zum Mietobjekt aufgrund von Umweltmängeln

Der ungehinderte Zugang zum Mietobjekt ist Voraussetzung für die vertraglich vereinbarte Nutzung. Ist der Zugang zum Mietobjekt eingeschränkt bzw. ausgeschlossen stellt dies daher grundsätzlich einen Mangel dar. Dies gilt grundsätzlich auch dann, wenn die Vereitelung des Zugangs durch nicht vom Vermieter beeinflussbare Umstände hervorgerufen wird. Ein Beispiel hierfür sind etwa Straßenbauarbeiten oder auch Folgen von Hochwasserschäden, wie die Zerstörung von Straßen und Brücken, durch die der Zugang zum Mietobjekt eingeschränkt oder ausgeschlossen wird. Rechtlich spricht man von einem Umfeld- (Straßenbauarbeiten) oder einem Umweltmangel (Hochwasser). Liegt ein Umweltmangel vor, der die Nutzung des Mietobjekts für den vertraglich vereinbarten Mietzweck ganz oder teilweise ausschließt, wird dies als Mangel bewertet. Die Miete kann gemindert werden und auch die außerordentliche Kündigung des Mietvertrages durch Mieter kann zulässig sein.

Aber auch insoweit werden in Mietverträgen teilweise spezielle Regelungen zum Umgang mit solchen für beide Parteien nicht vorhersehbaren und nicht beherrschbaren Umweltmängeln vereinbart. Daher sollte zunächst der Mietvertrag geprüft werden, bevor die Miete unter Hinweis auf den Mangel einbehalten oder gar eine außerordentliche Kündigung ausgesprochen wird.

Einschränkung der Nutzung wegen Zerstörung technischer Infrastruktur bzw. Störung der Energieversorgung

Denkbar ist auch, dass das Mietobjekt und auch die Zufahrt zu diesem von der Flutkatastrophe ganz oder weitgehend verschont geblieben sind, aber etwa die Stromversorgung ausgefallen ist. Im Hinblick auf die Energieversorgung des Mietobjekts finden sich in sehr vielen Mietverträgen Regelungen, wonach dieses Risiko dem Mieter zugeordnet wird, weil ein Ausfall der Energieversorgung -soweit kein Zusammenhang mit der technischen Infrastruktur des Mietobjekts oder des Grundstücks an sich besteht - für den Vermieter unbeherrschbar ist. Allerdings ist ein Ausfall der Energieversorgung gerade in Fällen höherer Gewalt auch für den Mieter ein nicht beherrschbares Risiko. Daher führt auch die grundsätzliche Zuordnung des Risikos eines Ausfalls der Energieversorgung zum Mieter nicht automatisch dazu, dass dadurch eine Minderung der Miete ausscheidet. Zu berücksichtigen ist auch, ob Strom vom Vermieter bezogen und die dafür aufgewendeten Kosten über die Betriebs- und Nebenkosten auf den Mieter umgelegt werden oder der Mieter einen eigenen Versorgungsvertrag abgeschlossen hat. Ebenso können Vereinbarungen zur Abtretung von Ansprüchen gegen das Versorgungsunternehmen vorgesehen sein, wobei diese dem Mieter kaum helfen werden, da im Hinblick auf das Versorgungsunternehmen ein Fall höherer Gewalt vorliegt.

Gerade im Hinblick auf Beeinträchtigungen im Zusammenhang mit der Störung der Energieversorgung muss der Mietvertrag auf etwaige Regelungen geprüft werden.

Gesetzliches Recht zur Anpassung eines Vertrages bei Störung der Geschäftsgrundlage

In Betracht kommen auch im Zusammenhang mit der Flutkatastrophe und deren Auswirkungen auf Mietverhältnisse Ansprüche wegen Störung der Geschäftsgrundlage. Sehen hierzu bereits unseren Beitrag zur Force Majeure.

Versicherungsrechtliche Fragen

Neben den vorstehenden Aspekten spielen natürlich auch versicherungsrechtliche Fragestellungen im Bereich von Mietverträgen eine erhebliche Rolle. Sehen Sie hierzu bereits unseren Beitrag "Hochwasser und Versicherungsschutz – Erste Schritte".

Suchen Sie das Gespräch

Wie auch schon die Auswirkungen der COVID-19-Pandemie gezeigt haben, sollten betroffene Unternehmen das Gespräch suchen, um eine angemessene Lösung in dieser besonderen Situation und den Umgang mit solchen außergewöhnlichen Situationen in Zukunft zu finden.

Heuking Kühn Lüer Wojtek berät Sie gerne:

  • bei Fragen im Zusammenhang mit Ihrem Mietvertrag;
  • bei der Prüfung Ihrer rechtlichen Möglichkeit bei teilweiser oder vollständiger Zerstörung des Mietobjekts, beim vollständigen oder teilweisen Ausschluss der Zugangsmöglichkeiten zum Mietobjekt oder Unterbrechung der Energieversorgung;
  • mit konkreten Vorschlägen für die Formulierung für Ihre zukünftigen Mietverträge und auch für Nachträge zu bestehenden Mietverträgen, die zur Bewältigung der Folgen der Flutkatastrophe abgeschlossen werden sollen.
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