15.09.2023Fachbeitrag

Update Immobilien & Bau 1/2023

Nachtrag zur Heilung von Schriftformmängeln entfaltet Wirkung nur ex nunc

Genügt ein Mietvertrag nicht dem Schriftformerfordernis des § 550 BGB, kann jede Partei das Mietverhältnis ungeachtet einer vertraglich vereinbarten Festlaufzeit ordentlich kündigen. Ein Schriftformverstoß kann durch einen späteren formgerechten Nachtrag geheilt werden. Das OLG Celle (OLG Celle, Hinweisbeschluss vom 30.06.2023 – 2 U 27/23) wies nun darauf hin, dass diese heilende Wirkung erst mit Wirksamwerden des Nachtrags eintritt. Auf eine ordentliche Kündigung, die auf dem Schriftformverstoß beruht und der anderen Partei vor Abschluss des Nachtrags zugegangen ist, habe der spätere Nachtrag keine Auswirkung.

Sachverhalt

Vermieter und Mieter waren durch einen langfristigen Gewerberaummietvertrag zum Betrieb einer Arztpraxis verbunden. Nach Abschluss des Mietvertrages vereinbarten die Parteien mündlich Änderungen wesentlicher Regelungen des Mietvertrages. Die Änderungen wurden später auch im Rahmen eines schriftformkonformen Nachtrags fixiert. Der Vermieter kündigte das Mietverhältnis ordentlich wegen einer Verletzung der Schriftform gemäß § 550 BGB und nahm den Mieter auf Räumung und Herausgabe der Flächen in Anspruch. Der Mieter wandte hiergegen ein, dass ein schriftformkonformer Nachtrag über die Änderungen zustande gekommen sei, konnte im Prozess jedoch nicht beweisen, dass der Nachtrag vor Zugang der ordentlichen Kündigung des Vermieters unterzeichnet geworden war.

Entscheidung

Sowohl das Gericht erster Instanz (LG Hannover, Urteil vom 10.02.2023 – 5 O 193/21) als auch das OLG Celle sprachen dem Vermieter den Räumungs- und Herausgabeanspruch zu. Der Vermieter sei wegen Nichteinhaltung der Schriftform zur ordentlichen Kündigung berechtigt gewesen. Zwar könne ein ursprünglich schriftformwidriges Mietverhältnis durch einen Nachtrag, der dem Schriftformerfordernis des § 550 BGB  genüge, später geheilt werden. Bis ein solcher Nachtrag wirksam geschlossen ist, sei das Mietverhältnis jedoch wegen eines Schriftformverstoßes ordentlich kündbar. Dies ergebe sich als Erst-recht-Schluss zu § 311 Abs. 1 Satz 2 BGB, wonach ein ohne Beachtung der Form geschlossener Vertrag seinem ganzen Inhalt nach gültig wird, wenn die Auflassung und die Eintragung in das Grundbuch erfolge. Wenn Formverstöße, die grundsätzlich zu einer Nichtigkeit des Vertrages führen, nur ex nunc heilbar sind, dann könne bei Formverstößen, zu denen § 550 BGB eine mildere Rechtsfolge regelt, nichts anderes gelten.

Im weiteren Verlauf setzte sich das OLG Celle mit Erwägungen zur Treuwidrigkeit der Kündigung auseinander, die nach Auffassung des Gerichts im streitgegenständlichen Fall jedoch nicht vorlagen.

Fazit

Der Auffassung des OLG Celle, wonach ein schriftformkonformer Nachtrag erst ab dem Zeitpunkt der Errichtung der Nachtragsurkunde Wirkung entfaltet, mag man skeptisch gegenüberstehen. Für die Praxis folgt hieraus schon aus Gründen der Vorsorge, dass sich die Parteien im Rahmen eines solchen Nachtrags auch zu einer vorher ausgesprochenen ordentlichen Kündigung verhalten müssen, möchten sie nicht riskieren, dass eine vor Abschluss des Nachtrags zugegangene ordentliche Kündigung weiterhin Wirkung entfaltet. Vorsorglich sollte das bis dahin bestehende Mietverhältnis im Rahmen eines solchen Nachtrags neu abgeschlossen werden.

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