21.06.2016Fachbeitrag

Update Compliance 11/2016

Ermittlungen wegen Marktmanipulation gegen Verantwortliche bei VW

Die Staatsanwaltschaft Braunschweig hat die Ermittlungen gegen Verantwortliche der Volkswagen AG erweitert: Es wird nun auch dem Tatverdacht der Marktmanipulation nachgegangen.

Marktmanipulation begeht u.a., wer den Kapitalmarkt über Umstände täuscht, die für die Bewertung des Aktienkurses erheblich sind. Eine solche Täuschung kann auch darin liegen, dass ein börsennotiertes Unternehmen Negativumstände verschweigt, obwohl es diese hätte veröffentlichen müssen. Gewinnwarnungen, Rücktritte des Vorstandsvorsitzenden, falsche Bilanzen sind Szenarien, die börsennotierte Unternehmen "ad hoc", also unverzüglich veröffentlichen muss (§ 15 WpHG). Einen nicht abschließenden Katalog für veröffentlichungspflichtige Umstände enthält der Emittentenleitfaden der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin).

Es kommt also darauf an, ob die Staatsanwaltschaft Braunschweig einzelnen Verantwortlichen der Volkswagen AG vorwerfen kann, eine solche Meldung mit Kursbeeinflussungseignung pflichtwidrig verschwiegen zu haben.

Dass der Vorwurf erhoben werden könnte, war schon früh absehbar. Insofern ist die Pressemitteilung aus Wolfsburg, das Verfahren wegen Marktmanipulation betreffe keine neuen Sachverhalte, durchaus richtig. Die entscheidende Frage ist, ob und wann eine ad hoc-mitteilungspflichtige Information vorlag. Ob schon der Umstand des Einbaus der mutmaßlich manipulativen Software publizitätspflichtig war oder erst ein konkretisierter Schadensbetrag aus Bußgeldern, Verteidigungskosten, Schadenersatz- und Rückabwicklungskosten, wird nun in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht geprüft. Darüber hinaus muss ein etwaiges Veröffentlichungsversäumnis von einer oder mehreren Einzelpersonen verschuldet worden sein: Strafbarkeit wegen Marktmanipulation setzt Vorsatz voraus.

Die Ermittlungen wegen Marktmanipulation richten sich - wie auch sonst im Strafrecht - gegen Einzelpersonen. Aber auch das Unternehmen muss Sanktionen befürchten: § 30 des Ordnungswidrigkeitengesetzes ermöglicht die Verhängung empfindlicher Unternehmensgeldbußen, die nach derzeitigem Recht bis zu 10 Mio. EUR für betriebsbezogene Straftaten von Führungspersonen betragen kann.

Praxishinweis: Ab dem 3. Juli 2016 tritt in den europäischen Mitgliedstaaten und damit auch in Deutschland ein neues Marktmissbrauchsrecht in Kraft. Das erfordert kapitalmarktorientierten Unternehmen eine Anpassung ihrer Kapitalmarkt-Compliance ab - insbesondere im Bereich der ad hoc-Mitteilungspflichten, der Mitteilungspflichten über director's dealings und sonstige Transparenzpflichten. Darüber hinaus drohen Unternehmen im Vergleich zu bisher erheblich empflindlichere Sanktionen: Bis zu 15 Mio. oder 15% des Vorjahresumsatzes können im Falle betriebsbezogenen Marktmissbrauchs durch Führungspersonen fällig werden - zzgl. Abschöpfung des Dreifachen des durch die Tat erlangten Gewinns.

Das neue Marktmissbrauchsrecht erfordert teilweise grundlegende Überarbeitung der Compliance in kapitalmarktorientierten Unternehmen. Heuking Kühn Lüer Wojtek verfügt über ausgewiesene Expertise im Kapitalmarktrecht und Kapitalmarktstrafrecht. Wir beraten und verteidigen Unternehmen wie Führungskräfte in allen kapitalmarkt- und strafrechtlichen Fragestellungen und Situationen. Zudem unterstützen wir bei der Einrichtung und Optimierung von Compliance Management-Systemen.

Als PDF herunterladen

Ansprechpartner

Sie benutzen aktuell einen veralteten und nicht mehr unterstützten Browser (Internet-Explorer). Um Ihnen die beste Benutzererfahrung zu gewährleisten und mögliche Probleme zu ersparen, empfehlen wir Ihnen einen moderneren Browser zu benutzen.