13.05.2020FachbeitragCorona

Sondernewsletter Corona-Virus

Kommunale Entscheidungen in Corona-Zeiten

Aktueller Stand: 13. Mai 2020

Städte, Gemeinden und Kommunalverbände müssen auch vor dem Hintergrund der derzeitigen COVID-19-Pandemie („Corona“) weiterhin leistungs- und vor allem entscheidungsfähig bleiben. Dieser Beitrag gibt einen Überblick über die damit verbundenen Probleme sowie einige Lösungsansätze.

I. Problematik

Anberaumte Sitzungen sind derzeit vielfach aufgehoben und bis auf Weiteres ausgesetzt worden. Für die Gemeinderäte und andere öffentliche Gremien stellt sich das Problem, dass sie dennoch rechtlich weiterhin handlungsfähig bleiben müssen. Es existieren dringende oder fristgebundene Angelegenheiten, die keinen Aufschub dulden, teilweise müssen die Haushalte noch beschlossen werden. Finden dennoch Sitzungen statt, so werden die Tagesordnungspunkte auf dringende Angelegenheiten reduziert, Sitzungen in größere Räume verlegt und zum Teil wird versucht, mit möglichst wenig anwesenden Mitgliedern zu beschließen. Dabei stellt die Durchführung der Sitzungen eine potentielle Gefährdung der Sitzungsteilnehmer sowie der interessierten Öffentlichkeit dar. Teils führt die Terminierung entsprechender Sitzungen zu Gegenwehr seitens der betroffenen Gremienmitglieder.

Es kann grundsätzlich in Frage gestellt werden, ob den Grundsätzen der kommunalen Demokratie genüge getan ist, wenn Sitzungsteilnehmer aufgrund der möglichen Ansteckungsgefahren von einer Teilnahme absehen und so Stimmverteilungen verschoben werden, Entscheidungen bewusst mit einer (zu) geringen Zahl von Mitgliedern getroffen werden oder sich die Öffentlichkeit aufgrund von Ausgangsbeschränkungen an der Teilnahme gehindert sieht. Damit stellt sich schließlich auch die Frage, ob so getroffene Beschlüsse Bestand haben können.

II. Antworten aus den Bundesländern

Nordrhein-Westfalen hat die Situation erkannt und am 14. April 2020 das „Gesetz zur konsequenten Bewältigung der COVID-19-Pandemie in Nordrhein-Westfalen und zur Anpassung des Landesrechts im Hinblick auf die Auswirkungen einer Pandemie“ beschlossen. Dieses sieht umfassende, teils kontrovers diskutierte Neuregelungen vor. Vorliegend relevant sind die Bestimmungen, die verschiedenen kommunalen Gremien (Gemeinderat, Kreistag, Landschaftsverbandsversammlung u.a.) vor allem die Beschlussfassung vereinfachen sollen. Der Grundsatz der Öffentlichkeit soll durch Bestätigung im Rahmen der nächsten Sitzung des jeweiligen Gremiums sichergestellt werden. So ist die Dringlichkeitsentscheidung durch den Hauptausschuss nach § 60 Abs. 1 GO NRW nunmehr auch bei einer epidemischen Lage von landesweiter Tragweite möglich, wenn zwei Drittel der Mitglieder des Rates der dort vorgesehenen Delegierung an den Hauptausschuss zugestimmt haben. Die Stimmabgabe darf sodann in Textform erfolgen. Die für diese Erleichterungen erforderliche Feststellung der epidemischen Lage hat der Landtag ebenfalls am 14. April 2020 beschlossen.

Hessen hat bereits am 24. März 2020 seinerseits Neuerungen beschlossen. So wurde ein neuer § 51a in die Gemeindeordnung aufgenommen, wonach in dringenden Fällen der Finanzausschuss in nicht öffentlicher Sitzung tagen kann und Entscheidungen im Umlaufverfahren getroffen werden können. Auch hier sollen die so beschlossenen Angelegenheiten in der nächsten Sitzung der Gemeindevertretung aufgenommen werden.

In Bayern liegen zunächst nur die Hinweise des Innen- und Kommunalministers vom 10. April 2020 vor. Dort ist festgehalten, dass auch vor dem Hintergrund der andauernden Corona-Pandemie weiterhin Sitzungen, insbesondere die anstehenden konstituierenden Sitzungen der neuen Kreistage und Gemeinderäte, stattzufinden haben. Gleichzeitig müsse aber der Infektionsschutz effektiv gewährleistet werden sowie der Grundsatz der Öffentlichkeit gewahrt bleiben. Außerdem wird darauf hingewiesen, dass die Teilnahme an den Sitzungen ein triftiger Grund sei, das Haus zu verlassen, im Sinne der Bayerischen Infektionsschutzmaßnahmenverordnung.

Vor dem Hintergrund der andauernden Pandemie, aber auch zur Bewältigung zukünftiger Krisenlagen liegt in Bayern daneben seit dem 14. April 2020 ein Gesetzesentwurf u.a. zur Änderung von Gemeinde- und Landkreisordnung vor (LT-Drs. 18/7251). Der Entwurf sieht insbesondere vor,

  • dass bei einem Katastrophenfall bzw. im Falle des Gesundheitsnotstands unter bestimmten Umständen eine Beschlussfassung auf schriftlichem oder elektronischem Weg (Umlaufverfahren) herbeigeführt werden kann,
  • die geforderte Anwesenheit auch durch telekommunikative Zuschaltung aller oder einzelner Gemeinderatsmitglieder erreicht werden kann, wobei die Öffentlichkeit durch Bereitstellung einer frei zugänglichen Übertragung oder später abrufbarer Aufzeichnung sicherzustellen ist, wenn alle Gemeinderatsmitglieder zugeschaltet werden, und
  • ein Krisenausschuss gebildet werden kann.

Wie in diesen Beispielen ersichtlich, haben mehrere Länder ihre gesetzlichen Vorgaben angepasst bzw. streben derzeit Anpassungen an. In anderen Ländern erfolgen lediglich Hinweise zum Umgang mit der Pandemie bei der Durchführung von Sitzungen.

Eine Übersicht über die in den Ländern geltenden Grundlagen finden Sie hier.

 

In den Ländern, in denen noch keine gesetzlichen Alternativen vorgesehen sind, sollte zumindest die Möglichkeit zur ergänzenden Beteiligung der Öffentlichkeit durch Live-Streaming im Internet geprüft werden. Ein Ausschluss der Öffentlichkeit oder die Durchführung von Telefonkonferenzen ohne gesetzliche Grundlage kommen aufgrund der hohen Bedeutung des Öffentlichkeitsgrundsatzes grundsätzlich nicht in Betracht. Ob daneben beispielsweise von der Möglichkeit einer Eilentscheidung durch den Bürgermeister nebst Ratsmitglied Gebrauch gemacht werden kann, bedarf der Prüfung im jeweiligen Einzelfall und sollte mit der gebotenen Vorsicht gehandhabt werden, um getroffene Entscheidungen nicht angreifbar zu machen.

Auf unserer Themenseite finden Sie weitere, täglich aktualisierte Hinweise zur Corona-Krise.

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