12.03.2020FachbeitragCorona

Sondernewsletter Corona-Virus

Vergabesperre durch Corona?

Vom Toilettenpapier für öffentliche Einrichtungen über medizinisches Verbrauchsmaterial für (öffentliche) Kliniken bis hin zu Ausfällen von Personal im ÖPNV. Corona hat schon jetzt massive Auswirkungen auf die Geschäftstätigkeit von Unternehmen. Lieferketten sind unterbrochen, Mitarbeiter in Quarantäne. Auch öffentliche Aufträge können nicht, nicht pünktlich oder nicht vollständig erfüllt werden.

Was sind die rechtlichen Folgen? Dürfen öffentliche Auftraggeber Schadenersatz geltend machen oder Vertragsstrafen ziehen, wenn ihr Auftragnehmer nicht (ordnungsgemäß) leistet? Sind die Auftragnehmer dann künftig ungeeignet oder müssen sogar für öffentliche Aufträge wegen mangelhafter Erfüllung eines früheren öffentlichen Auftrags gesperrt werden?

Nach § 124 Abs. 1 Nr. 7 GWB können öffentliche Auftraggeber ein Unternehmen von der Teilnahme an einem Vergabeverfahren ausschließen, wenn das Unternehmen einen (früheren) öffentlichen Auftrag erheblich oder fortdauernd mangelhaft erfüllt hat und dies zu einer vorzeitigen Beendigung oder zu Schadensersatz geführt hat. Je nach Dauer bzw. Schwere der Schlechtleistung kann ein Unternehmen zudem bis zu drei Jahre von der Teilnahme an öffentlichen Ausschreibungen gesperrt sein.

Soweit vertraglich nichts anderes vereinbart wurde, gilt nach den regelmäßig im Rahmen öffentlicher Aufträge verwendeten Allgemeinen Vertragsbedingungen für die Ausführung von Leistungen (VOL/B bzw. den Allgemeinen Vertragsbedingungen für die Ausführung von Bauleistungen (VOB/B):

Nach § 5 Nr. 2 Abs. 1 S. 2 VOL/B sowie § 6 Abs. 2 Nr. 1 c) VOB/B sind in Fällen höherer Gewalt die Ausführungsfristen für Bau-, Liefer- oder Dienstleistungen angemessen zu verlängern, wenn der Auftragnehmer an der Ausführung gehindert ist.

Eine Verlängerung von Ausführungsfristen kommt also in Betracht, wenn der Auftragnehmer von einer behördlichen Schließung direkt betroffen oder sich ein Großteil der Belegschaft in Quarantäne befindet.  

Sobald das Leistungshindernis wegfällt, muss der Auftragnehmer dies anzeigen und die Leistung unverzüglich wieder aufnehmen (§ 5 Nr. 3 VOL/B, § 6 Abs. 3 S. 2 VOB/B,).

Kann der Auftragnehmer dauerhaft nicht leisten oder ist ihm die Leistung nicht zumutbar, wird er nach § 275 Abs. 1 BGB von seiner Leistungspflicht frei. Für den öffentlichen Auftraggeber entfällt dann die Pflicht zur Gegenleistung (§ 326 Abs. 1 S. 1 BGB) Vgl. dazu Rechtliche Auswirkungen des Corona-Virus im Überblick.

Schadenersatz oder Vertragsstrafen kann die öffentliche Hand aber nur dann geltend machen, wenn den Auftragnehmer ein Verschulden trifft. Dies ist regelmäßig nicht der Fall, wenn die fehlende Ausstattung auf höherer Gewalt beruht oder der Betrieb behördlich geschlossen wird. Dem öffentlichen Auftraggeber bleibt nur – soweit ihm das in der Situation überhaupt hilft – das Recht zur Kündigung, wenn eine Verzögerung länger als drei Monate dauert § 5 Nr. 2 Abs. 2 S. 1 VOL/B, § 6 Abs. 7 S. 1 VOB/B.

Für Auftragnehmer bedeutet das: Im Ergebnis können die (unverschuldeten) Schlechtleistungen damit auch nicht zu einer Vergabesperre oder einem Ausschluss nach § 124 Abs. 1 Nr. 7 GWB führen.

Auf unserer Themenseite finden Sie weitere, täglich aktualisierte Hinweise zur Corona-Krise.

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