Schon vergeben?

Der Vergaberecht-Podcast von Heuking Kühn Lüer Wojtek

Unter dem Titel „Schon vergeben – Der Vergaberecht-Podcast von Heuking Kühn Lüer Wojtek“ erklärt der Podcast alle zwei Wochen praxisnah und auch für Einsteiger verständlich die Grundzüge des Vergaberechts.

08.03.2022

Folge 19: Vertiefung Verhandlungsverfahren

In der neunzehnten Folge unseres Vergaberechts-Podcasts sprechen Sarah Rose und Mike Steffen über das Verhandlungsverfahren.

  1. Überblick über die Vor- und Nachteile
    Das Verhandlungsverfahren ist für Auftraggeber ein beliebtes Mittel der Verfahrensgestaltung, da der Auftraggeber zum einen in den Verhandlungen „auf den Markt reagieren“ kann und ihm das Verfahren zum anderen ein hohes Maß an Flexibilität bietet.

    Im Gegensatz zum offenen und nicht offenen Verfahren ist im Verhandlungsverfahren die Verhandlung der Leistungsinhalte erlaubt. Das Verhandlungsverfahren eignet sich dadurch insbesondere für komplexe und innovative Beschaffungen, bei denen sich die Leistung nicht von Beginn an eindeutig und erschöpfend beschreiben lässt. So kann der Auftraggeber im Verhandlungsverfahren die Anforderungen an die Leistung mit den Bietern fortentwickeln und an seinen Bedarf anpassen. 

    Auftraggeber sollten beachten, dass ein Verhandlungsverfahren einen relativ hohen Aufwand erzeugt und mehr Personal bindet. Da die Verhandlungen mit den Bietern einzeln geführt werden, sind die Vergabeentscheidungen und Verhandlungen umfassend zu dokumentieren. 
     
  2. Teilnahmewettbewerb
    Dem Verhandlungsverfahren geht grundsätzlich ein Teilnahmewettbewerb voraus. Der Auftraggeber veröffentlicht in diesem Fall eine Auftragsbekanntmachung und fordert die interessierten Unternehmen zur Abgabe eines Teilnahmeantrages auf (zu den Voraussetzungen vgl. § 14 Abs. 3 VgV). Mit diesem Teilnahmeantrag sollen die Bewerber ihre Eignung nachweisen.

    Nur ausnahmsweise ist das Verhandlungsverfahren ohne Teilnahmewettbewerb möglich. Das ist etwa bei einer Monopolstellung oder gewerblicher Schutzrechte nur eines Bieters, oder bei Dringlichkeitsvergaben der Fall (zu den Voraussetzungen vgl. § 14 Abs. 4 VgV). 
     
  3. Ablauf
    Das Verhandlungsverfahren mit Teilnahmewettbewerb beginnt mit der Veröffentlichung der Bekanntmachung. In der Bekanntmachung wird interessierten Unternehmen eine Frist zur Einreichung ihrer Teilnahmeanträge von mindestens 30 Tagen gesetzt (bei elektronischen Vergaben 25 Tage).

    Nach Eingang der Teilnahmeanträge prüft der Auftraggeber die Eignung der Bewerber und wählt diejenigen Unternehmen aus, die am besten für den Auftrag geeignet sind. Den übrigen Bewerbern sendet er ein Absageschreiben.

    Anschließend fordert der Auftraggeber die geeigneten Bewerber zur Abgabe eines indikativen Angebots auf. Mit der Aufforderung zur Angebotsabgabe werden den Bietern die vollständigen Vergabeunterlagen zur Verfügung gestellt. Auf indikative Angebote erfolgt grundsätzlich noch kein Zuschlag. Die Möglichkeit, den Zuschlag auf indikative Angebote zu erteilen, muss der Auftraggeber sich in der Bekanntmachung ausdrücklich vorbehalten. 

    Neben den indikativen Angeboten kann der Auftraggeber auch Optimierungsvorschläge fordern. Diese Optimierungsvorschläge können insbesondere Verbesserung- und Einsparpotenziale aufzeigen. Der Auftraggeber kann dadurch von dem Know-how der Bieter profitieren und die Qualität der einzureichenden Angebote erhöhen. Wenn der Auftraggeber die Optimierungsvorschläge für sinnvoll erachtet, kann er die Vergabeunterlagen anpassen.

    Nach Eingang der indikativen Angebote führt der Auftraggeber Bietergespräche und Verhandlungen.

    Nach den Bietergesprächen und Verhandlungen fordert der Auftraggeber zur Abgabe letztverbindlicher Angebote auf. Diese dürfen keine Optimierungsvorschläge oder Vorbehalte mehr enthalten. Das Angebot muss alle Mindestanforderungen der Vergabeunterlagen einhalten.

    Die letztverbindlichen Angebote prüft der Auftraggeber anhand der zuvor festgelegten Wertungskriterien. Nachdem der Auftraggeber das wirtschaftlichste Angebot identifiziert hat, versendet er eine Vorabinformation an die unterlegenen Bieter (§ 134 GWB). Nach Ablauf einer Stillhaltefrist von 15 Kalendertagen (10 Kalendertage bei elektronischen Versand) erteilt der Auftraggeber den Zuschlag.
     
  4. Praxisbeispiele
    In unserem Podcast besprechen wir zwei Beispiele aus der Praxis, bei denen Auftraggeber häufig das Verhandlungsverfahren wählen: Zugbeschaffung und Schulbau.

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